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Bürgerkrieg in SyrienIsis soll Massaker begangen haben

Laut Menschenrechtsaktivisten töteten Kämpfer der Isis 270 Menschen, nachdem sie ein Gasfeld erobert hatten. Offenbar waren auch deutsche Islamisten daran beteiligt.

Dieses undatierte Bild von einer Webseite militanter Islamisten zeigt laut der Agentur ap Isis-Kämpfer beim Marsch durch die Stadt Raqqa in Syrien Bild: ap

BEIRUT afp | Bei der Eroberung eines Gasfelds in der westsyrischen Provinz Homs haben Kämpfer der Dschihadistengruppe Islamischer Staat (Isis) nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten etwa 270 Menschen getötet. Die Opfer seien „im Gefecht getötet oder hingerichtet“ worden, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Die syrische Armee startete demnach einen Gegenangriff.

„Die große Mehrheit der Menschen wurde erschossen, nachdem sie bei der Einnahme des Felds gefangen genommen worden waren“, erklärte de Beobachtungsstelle. Sie hatte die Zahl der Toten nach dem am Donnerstag erfolgten Angriff auf das Schaar-Gasfeld zuvor mit 115 angegeben. Demnach handelte es sich bei den Opfern überwiegend um regierungstreue Milizionäre und zivile Sicherheitskräfte, aber auch um Mitarbeiter der Gasförderanlagen.

Nach Einschätzung der Aktivisten handelt es sich bei der Eroberung des Gasfelds um den „größten Anti-Regime-Einsatz“ der Isis-Extremisten, seit diese im vergangenen Jahr in den syrischen Bürgerkrieg eingriffen. Die in Großbritannien ansässige Beobachtungsstelle stützt sich auf ein dichtes Netzwerk an Ärzten und Aktivisten in Syrien. Ihre Angaben können jedoch kaum unabhängig überprüft werden.

In Videos, die offenbar von den Extremisten aufgenommen und im Onlineportal YouTube eingestellt wurden, waren dutzende Leichen zu sehen. Viele von ihnen waren verstümmelt. Ein Video zeigte einen Islamisten, der vor Leichen posierte und überwiegend auf Deutsch durchmischt mit arabischen Ausdrücken redete. Syrische Regierungsanhänger veröffentlichten Fotos von Opfern und sprachen von einem „Massaker“.

Die Tageszeitung Die Welt berichtete am Samstag, deutsche Sicherheitsbehörden gingen davon aus, dass an den Kämpfen mindestens zwei deutsche Islamisten beteiligt gewesen seien. Der Verfassungsschutz, das Bundeskriminalamt und der Bundesnachrichtendienst werteten demnach mehrere Videos aus, die am Freitag im Internet auftauchten. Bei den beiden Islamisten soll es sich um Männer aus Berlin und Bonn handeln.

Der Leiter der Beobachtungsstelle, Rami Abdel Rahman, warf den Isis-Extremisten Kriegsverbrechen vor. „Die Beobachtungsstelle verurteilt Massenexekutionen als Kriegsverbrechen“, teilte Rahman mit. Dabei spiele es keine Rolle, welche Seite sie verübe und ob die Opfer Zivilisten oder Kämpfer seien: „Es sind Kriegsgefangene, sie dürfen nicht hingerichtet werden.“

Am Donnerstag hatte der Gouverneur der Provinz Homs den Angriff auf das Gasfeld bestätigt. Die Isis-Extremisten hatten zuvor bereits die ölreiche Provinz Deir Essor zwischen Homs und der Grenze zum Irak unter ihre Kontrolle gebracht.

Die Beobachtungsstelle gab am Samstag an, die syrische Armee habe einen Gegenangriff gestartet, an dem auch Kampfflugzeuge beteiligt gewesen seien. Demnach wurden Teile des Gasfelds zurückerobert. Bei der Offensive seien 40 IS-Kämpfer und elf Soldaten getötet worden.

Die Isis-Bewegung hatte nach der Eroberung großer Gebiete im Irak und in Syrien im vergangenen Monat ein „Kalifat“ ausgerufen. Zeugen und Aktivisten berichteten seither von grausamen Verbrechen bis hin zu Kreuzigungen, mit denen die Islamisten Angst und Schrecken verbreiten.

In Nordsyrien steinigten Isis-Kämpfer nach Angaben der Beobachtungsstelle vom Samstag das zweite Mal binnen 24 Stunden eine Frau zu Tode. Sie wurde demnach am Freitagabend wegen Ehebruchs in der Stadt Rakka getötet. Schon am Vortag sei in der Gegend eine andere Frau zu Tode gesteinigt worden.

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5 Kommentare

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  • Sehr interessant, wie stark die Taz-Artikel- und Kommentarzahlen voneinander abweichen, wenn es um Israel/Palästina oder um "normale" Gräuel wie diesem geht. Sicher nur Zufall.

    • @Handschweiß:

      Was meinen Sie denn?

       

      Nachdem man ISIS aufgerüstet hat, soll man jetzt öffentlich zugeben, dass man auf dem Weg "Assad muss weg" kläglich gescheitert hat und nun eine Terrororganisation als "Rebellen" verkauft hat?

  • Merkel+Westerwelle haben nie bekannt gegeben welche Rebellengruppen mit deutschem Steuergeld unterstuetzt wurden und wahrscheinlich aus gutem Grund. Weil jetzt koennen die deutschen Waehler nicht feststellen welche Blutrunstigkeiten mit ihrem Steuergeld passieren.Aber egal welche Rebellengruppen man unterstuetzt hat,und in welcher Weise, es ist eine Verletzung von internationalem Recht,naemlich gegen das Gewaltverbot der UN Charta Art. 2 Ziffer 4. Siehe internet “Deutsche Unterstuetzung fuer Aufstaendische in Syrien – Abloesung internationaler Normen durch die Macht des Staerkeren“

  • "Isis soll Massaker begangen haben"

    hier ist die die Überschrift ist schon falsch. ISIS hat und begeht Massaker! Das wissen wir Leser mitlerweile aus anderen verläßlichen Quellen! Da ist das Internet aber schnell und verläßlich. Und jederzeit nachprüfbar.

  • D
    D.J.

    „Es sind Kriegsgefangene, sie dürfen nicht hingerichtet werden.“

     

    Ja. Sicher. Nach allen Regeln des modernen Völkerrechts. Aber darauf hinzuweisen, ist ungefähr ebenso wie einen Nazi darauf hinzuweisen, dass Rassimus menschenverachend ist. Einzige Rechtsgrundlage - banal zu sagen - ist für die Leute nun mal die trad.sunnitische Scharia. Und da war seit dem späten 8. Jahrundert Konsens:

    Über das Schicksal im Dschihad gefangener Männer, die sich nicht von vornherein ergenen haben, entscheidet der Imam (hier: Anführer). Es liegt in seinem Ermessen, sie zu töten, sie zu versklaven oder auszutauschen (nichtkämpfende Frauen und Kinder dürfen nur versklavt werden). Kein Konsens besteht innerhalb der trad. Rechtsschulen lediglich bei männlichen Nichtkämpfern (Greise, Behinderte). Manche rechtfertigten die Tötung, da sie eine Strafe für den Unglauben sei, manche nicht, da sie nur eine Strafe für Widerstand gegen das islamische Heer sein könne.

     

    Das sind die Rechsgrundlagen für ISIS. Wer sich darüber wundert, versteht nichts von trad. sunnitischem Kriegsrecht.

    Quelle: Jedes seriöse Handbuch zum Thema; einleitend z.B. der Artikel "Djihad" in der "Encyclopaedia of Islam". (v.a. für die Neunmalklugen, die das Paraphrasieren islamischer Rechtstexte für Islamophobie halten). Übrigens sind die entsprechenden Texte auch ins Engische übersetzt, so dass sich jede/r auch ohne Arabisch-Kennnisse ein eigenes Bild machen kann.