piwik no script img

Bosnische RegierungSchlammschlacht in Sarajevo

Der Präsident des bosniakisch-kroatischen Teilstaats, Zivko Budimir, der am Freitag verhaftet wurde, bleibt in Haft. Seine politischen Freunde glazben an eine Intrige.

Genießt bei vielen Bosniern Sympathien: Zivko Budimir. Bild: Reuters

SARAJEVO taz | Dass der Präsident des bosniakisch-kroatischen Teilstaats von Bosnien und Herzegowina, Zivko Budimir, am vergangenen Freitag mit weiteren 18 Personen wegen des Verdachts der Korruption verhaftet worden ist, wollen viele Bosnier nicht wahrhaben. Denn der bosnische Kroate genießt viele Sympathien in der Bevölkerung. Er sei einer Intrige seiner politischen Gegner zum Opfer gefallen, erklärten am Montag politische Freunde und seine Verteidiger.

Ungewöhnlich ist, dass Zivko Budimir mit Politikern, hohen Beamten und mutmaßlichen Drogenhändlern verhaftet worden ist. Die Beamten und Politiker werden verdächtigt, Amtsmissbrauch begangen zu haben. Am Sonntag verfügte ein Gericht, dass Budimir und vier weitere Angeklagte wegen „Verdunkelungsgefahr“ für vier Wochen im Gefängnis bleiben müssen.

Budimir und sein Stellvertreter Petar Barisic besitzen neben bosnischen auch kroatische Pässe. Die Staatsanwaltschaft erklärte, Budimir und vier weitere Politiker und Beamte hätten Gelder angenommen, um die Verfolgung von bestimmten Drogenhändlern und Kriminellen zu unterbinden. Die Polizei hatte vor der Festnahme das Büro Budimirs sowie mehrere Dienststellen durchsucht.

Doch das wollen seine Freunde nicht hinnehmen. Sogar diplomatische Kreise sind besorgt. Man könne nicht ausschließen, dass politische Auseinandersetzungen bei der Verhaftung Budimirs eine Rolle gespielt hätten, hieß es in Sarajevo.

Zerreißprobe in der eigenen Partei

Budimir gehörte zunächst der kroatischen „Partei des Rechts“ an. Diese ging 2011 eine Koalition mit den Sozialdemokraten (SDP), der muslimischen „Partei der demokratischen Aktion“ und der „Partei für eine bessere Zukunft“ ein. Die neue Regierung wählte Budimir zum Präsidenten. Doch 2012 veränderten sich die politischen Konstellationen. Der Chef der Sozialdemokraten, Zlatko Lagumdzija, wollte die Koalition sprengen und mit den kroatischen Nationalisten (HDZ-BiH) paktieren. Das führte nicht nur zu öffentlichen Debatten, sondern wurde auch zu einer Zerreißprobe in seiner eigenen Partei. Denn die Sozialdemokraten waren bisher entschiedene Gegner der Nationalisten gewesen.

Zivko Budimir weigerte sich daraufhin, zurückzutreten, um den Weg für eine solche Lösung freizugeben. Als Lagumdzija auch noch die Kontrolle über die Staatsbetriebe übernehmen wollte, um seine Leute dort zu platzieren, wurde er wiederum durch Budimir blockiert.

Ende 2012 sah sich Budimir einer Kampagne durch die kroatischen Nationalisten, Veteranenverbände und die Führung der Sozialdemokraten ausgesetzt. Anfang des Jahres verlor er die Unterstützung seiner „Partei des Rechts“ und gründete die „Partei der Gerechtigkeit und des Vertrauens“. „Unlängst sagte Budimir mir, dass er über das Ausmaß der Korruption in der Föderation erschrocken sei“, erklärte ein ausländischer Diplomat in Sarajevo. Er sei sicher, dass Budimir in der Lage sei, zu seiner Entlastung einige Korruptionsfälle der anderen Seite aufzudecken.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • D
    Dzoan

    Die "Föderation" verfüge über eigene Regierung mit klarer Titel "Premierminister", über ihre eigene Verfassung, über eigenes Verfassungsgericht, über ihre separate Gesetzgebung, die in vielen Punkten und Sparten, wie z.B. das Familienrecht, mit vielen anderen Gesetzen und Regeln, weil die "Föderation" ganz anders strukturiert ist als die RS, z.B. 10 Kantone mit wiederum eigenen Regeln und Gesetzen, Regierungen und Ministerien, insgesamt etwa 160 (einhundert-sechzig) Ministerien bei knapp 2 oder 2,5 Millionen Einwohner. So laut der Klarheit, wie soll man es anders beschreiben als ein Teilstaat?!

  • L
    Leser

    Ob Herr Rathfelder überhaupt weiß, was für eine Partei diese HSP ("Partei des Rechts")ist? Der Artikel ist schlecht recherchiert, andernfalls würde der HSP-Mann nicht als ein lupenreiner Demokrat im Kmapf gegen Korruption und Nationalisten erscheinen...

  • AA
    Antwort auf Miroxa

    Einfach mal informieren:

     

    "Die Föderation Bosnien und Herzegowina (Federacija Bosne i Hercegovine), früher auch bekannt als Bosniakisch-Kroatische Föderation, ist neben der Republika Srpska eine der beiden Entitäten des Staates Bosnien und Herzegowina."

     

    Quelle: Wikipedia

  • M
    Miroxa

    Hallo Erich, es gibt keinen bosnisch-kroatischen Teilstaat. Oweia!