Blockaden gegen den Castortransport: Das Comeback der Atomkraftbewegung

Dutzende Blockaden, hunderte Demonstrationen – nach fünf Tagen Protest zeigt die Anti-Atom-Bewegung, dass der Widerstand gegen ein Endlager in Gorleben ungebrochen ist.

Von der Politik nicht überzeugt: Im Wendland leisten Atomkraftgegner weiter Widerstand. Bild: Mark Mühlhaus/attenzione

DANNENBERG taz | Nach fünf Tagen voller Protest und Blockaden feiert die Anti-Atom-Bewegung in Gorleben ihren Erfolg: "Die Beteiligung an den Protestaktionen gegen den Castor-Transport ist so groß wie im Rekordjahr 2010, weil sich in Gorleben seither real nichts geändert hat", sagte Jochen Stay, Sprecher der atomkraftkritischen Initiative "ausgestrahlt" am Montag.

"Die Proteste zeigen, dass die Bevölkerung Norbert Röttgen die Tricksereien um eine 'weiße Landkarte' nicht abnimmt", ergänzte der Stay. Damit bezieht er sich auf die Ankündigung des Umweltministers, ohne Vorfestlegung, eben mit einer "weißen Landkarte" neu nach einem Endlagerstandort in Deutschland suchen zu wollen.

Auch das Bündnis x-tausendmal quer, das in Gorleben zu Massenblockaden aufgerufen hatte, wertete die zahlreichen Aktionen zivilen Ungehorsams am Montag als Erfolg: "Die Unkenrufe, dass die Anti-Atom-Bewegung mit dem sogenannten Atomausstieg tot sei, haben sich als großer Irrtum erwiesen", sagte die Sprecherin der Initiative, Luise Neumann-Cosel. "Die Konsequenz daraus ist, dass die Bundesregierung in Bezug auf den Endlagerstandort Gorleben endlich eine Kehrtwende vollziehen muss."

Tausende AtomkraftgegnerInnen hatten in den vergangenen Tagen die Weiterfahrt des Atommülltransportes aus der französischen Wiederaufbereitungsanlage in La Hague immer wieder verzögert. Insgesamt knapp 126 Stunden war der Transport am Ende unterwegs – und damit noch einmal 34 Stunden länger, als der vom vergangenen Jahr.

Polizei scheitert an Betonpyramide

Lüneburgs Polizeipräsident Friedrich Niehörster sagte ebenfalls am Montag, die Polizei sei bei der Bewältigung der zahlreichen Straßen- und Schienenblockaden am Wochenende teilweise an ihre Grenzen gestoßen. "Gerade die mit hoher Ingenieursleistung angefertigten Blockaden der Bauern und Greenpeace-Aktivisten machen auch den technischen Einheiten der Polizei sehr zu schaffen".

In der Nacht zum Montag hatte es die Polizei aufgegeben, eine aufwendig konstruierte Betonpyramide zu entfernen, in der sich Bauern verkeilt und aneinander gekettet hatten. Mit einem präparierten Lieferwagen blockierten am Montag dann vier Greenpeace-AktivistInnen über einige Stunden ein weiteres Stück der Transportstrecke.

Nicht ohne meine Gitarre: Ein Sitzblockierer wird vor Gorleben von der Straße getragen. Bild: dpa

Aus dem Inneren des Fahrzeugs heraus ließen sich die AtomkraftgegnerInnen in einem Stahlkasten auf die Straße senken und verdübelten den gesamten Lieferwagen im Straßenbett. Bis zu 1.600 AktivistInnen blockierten derweil ein weiteres Stück der Transportroute mit einer friedlichen Sitzblockade.

In der Nähe zum Zwischenlager in Gorleben richteten sie ein improvisiertes Widerstandscamp mit mobilen Küchen und einer Tanzfläche ein und übernachteten zu hunderten bei winterlichen Temperaturen auf der Straße, die durch ein abgelegenes Waldstück führt. Nach über 26-stündiger Blockade räumte die Polizei am Montagabend innerhalb kürzester Zeit die Menschen von der Straße.

"Gewalt gegen Menschen ist nicht akzeptabel"

Damit war der Weg für die Castor-Behälter zur Einfahrt ins Zwischenlager in Gorleben frei: Um 18.38 Uhr rollte der Castortransport vom Umladebahnhof los - um umgehend wieder gestoppt zu werden. Vier Robin-Wood-Aktivisten seilten sich kurz vor Gorleben über der Strecke von Bäumen ab, dann sprangen zwei Aktivisten noch auf den fahrenden Transport auf.

Um Punkt 22 Uhr kam der 13. Castortransport dann schließlich nach 126 Stunden Fahrtzeit im Zwischenlager Gorleben an. Er ist damit der langsamste Castortransport der Geschichte.

Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) sagte am Montag, er habe Respekt vor den Demonstranten, die besonnen und friedlich gewesen seien. "Umso mehr kritisiere ich diejenigen, die Gewalt gegen Sachen und Menschen ausgeübt haben. Das ist nicht akzeptabel."

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) wies am Montag auf gewalttätige Angriffe gegenüber Polizeibeamten hin. Anders als im Vorjahr, als sich im Rahmen der Kampagne "Castor? Schottern!" auch militante Kleingruppen weitestgehend an die in der wendländischen Protestbevölkerung gültige Absprache hielten, keine Menschen anzugreifen, war es bei den diesjährigen Protesten aus dem autonomen Spektrum wiederholt auch zu Angriffen auf Polizisten gekommen.

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