Keine Billig-Bahncard mehr für Journalisten: Schluss mit dem Rabatt
Bei der Bahn darf niemand mehr „wulffen“. Zum 15. April streicht sie Preisnachlässe für Journalisten. Woanders gibt es weiterhin Rabatte. Aber warum?
Wie schön: Von Christian Wulff wird also doch noch mehr übrig bleiben als dieser eine Satz, dass der Islam zu Deutschland gehört. Weil sie nicht unter den Verdacht geraten möchte, dem mittlerweile dudentauglich gewordenen „wulffen“ im übertragenden Sinne weiter Vorschub zu leisten, schafft die Deutsche Bahn ihre Billig-Bahncard 50 für JournalistInnen ab.
Seit 2004 gab es das Plastikteil für Presseausweis-BesitzerInnen für die Hälfte von dem, was Ottilie NormalbahnfahrerIn zu zahlen hatte. Einschlägige Websites der Medienbranche wie presserabatte.com oder pressekonditionen.de preisen sie zwar nach wie vor an, doch zum 15.April ist Schluss damit.
„Das neue Jahr 2012 hat die Deutsche Bahn zum Anlass genommen, diese Regelung intern auf den Prüfstand zu stellen“, schreibt der Bahncard-Service an bisherige Presserabatt-NutznießerInnen, um dann loszuschwafeln, „nicht nur die Medienwelt“ habe sich „grundlegend verändert, auch die gesellschaftliche Sicht der Dinge wandelt sich, ebenso die Diskussionen innerhalb des journalistischen Berufsstandes“.
Wobei der Bahn kein Vorwurf zu machen ist: Dass sie wegen ihrer Großzügigkeit der Journaille gegenüber von kritischer Berichterstattung verschont geblieben sei, wird wohl niemand behaupten. Die entscheidende Frage lautet vielmehr: Wieso gibt es überhaupt Presserabatte, von AirBerlin bis zur Yachtcharter-Connection Michaela Kube?
Die Kontrolleure von Politik, Bundespräsident und Gesellschaft, die vierte Gewalt, die Medien, wir – fordern derzeit beständig mehr Sauberkeit, Anstand, Transparenz und ziehen schon gegen den berühmten Anschein hartnäckig zu Felde. Richtig so. Nur: Für uns gilt das genauso. Übrigens schon immer, denn sonst ist auch unsere Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit hin. Hatten viele nur vorübergehend „vergessen“. Waren ja rein formal vielleicht auch im Recht. Wie Christian Wulff.
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