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Bilder des Islamischen StaatesSchadet die Verteufelung des IS?

Wenn über den IS geschrieben wird, ist von Monstern und Barbaren die Rede. Hilft uns das die Erfolge der Dschihadisten zu verstehen?

Der Henker Jihadi John, prominenter Kopf des IS. Bild: dpa

Am Freitag erst tauchte wieder eines dieser Enthauptungsvideos auf, für die die Dschihadisten des Islamischen Staates mittlerweile bekannt sind. Es ist sechs Minuten lang. Angeblich werden darin drei kurdischen Peschmerga-Kämpfer im Nordirak getötet. Wie immer berichteten Agenturen: „Die Echtheit des Videos ließ sich zunächst nicht verifizieren.“

Die Fakten sind oft eher vage und unklar, wenn über den Islamischen Staat geschrieben wird. Der Zugang zu den vom IS beherrschten Gebieten ist schwierig, Journalisten begeben sich schnell in Lebensgefahr, auch sie sind zu Zielen geworden. Es gibt allerdings recht klare Bilder der Kämpfer des IS, besonders im Westen. Sie erscheinen beispielsweise als Henker wie der Brite Jihadi John, der als schwarze Gestalt auftauchte und die Gefangenen des IS enthauptete. Oft ist von den //:IS-Barbaren die Rede, von Gewaltakten jenseits der Regeln der Zivilisation. Nicht nur Boulevardzeitungen sprechen von IS-Monstern oder //:Isis-Bestien.

In der taz.am wochenende vom 21./22. März 2015 plädiert die Kriegsreporterin Francesca Borri dafür, die IS-Kämpfer trotzdem weiterhin als Menschen zu betrachten, nicht in erster Linie als Monster. Borri hat sich mehrere Jahre in Syrien mit dem Islamischen Staat beschäftigt, sie hat einige der Kämpfer getroffen. Am Ende hat sie diese nur noch von der türkischen Grenze aus betrachtet – als Silhouetten am Horizont. Es ist ein ähnliches Bild, wie es wohl viele gerade westliche Betrachter haben, geprägt von Distanz und Unschärfe. „Aber wer verbirgt sich hinter dieser schwarzen Silhouette?“, fragt Borri.

Sie erkennt verschiedene Typen von Extremisten: Zivilisten und Kämpfer, Einheimische und Ausländer. Aus ganz persönlicher Sicht schildert sie, wie sie darum ringt, die IS-Kämpfer zu begreifen.

Krieg gegen den Terror

Gerade in dieser Woche sind einige andere Plädoyers erschienen, den Islamischen Staat nicht ausschließlich zu verteufeln – vor allem, weil es der Analyse wenige hilft. In seinem Essay im Spiegel schreibt etwa Georg Diez, der IS seien gerade keine Monster aus dem Mittelalter. Er zitiert den britischen Philosophen John Gray, der den Islamischen Staat eine „durch und durch moderne Bewegung“ nenne, ein Start-up des Terrors mit klarem Business-Modell. Diez verweist außerdem auf folgenden Zusammenhang: „Der Krieg gegen den Terror schuf den heutigen Terror des IS.“ Er meint damit vor allem die Verwüstung, die US-Truppen im Irak anrichteten.

In ihrer Titelgeschichte schildert Francesca Borri, wie sie den IS in Aleppo anfangs als eine der wechselnden islamistischen Milizen erlebte. Während die Stadt von Assads Militär bombardiert wurde, richteten die Leute vom Islamischen Staat Hilfsbusse ein und brachten die Menschen in Richtung türkischer Grenze. „Für viele Syrer ist der IS nicht der britische Typ, der dir den Kopf abschneidet“, schreibt Borri. „Es ist ein Fahrer dieser Busse.“

Auch der Historiker Pierre-Jean Luizard liefert ähnliche Deutungsansätze für die Sympathie mit dem IS in manchen Regionen. Die Völker des Nahen Ostens wollten sich der postkolonialen Ordnung nicht länger beugen, zitiert der Perlentaucher aus Luizards //:Gespräch mit télérama.fr. Die irakische Armee habe sich im eigenen Land wie Besatzungstruppen verhalten. Bevor sie etwa in Mossul verschwand, habe sie die Korruption dort ins Unermessliche getrieben. „Als der IS einige dieser Korrupten enthauptet und gekreuzigt hatte, konnte die Bevölkerung feststellen, dass die Lebensmittelknappheit verschwunden war. Die Märkte wurden wieder beliefert, die Preise halbierten sich.“

taz.am wochenende

Die Männer vom Islamischen Staat sind Bestien, oder? Unsere Autorin berichtet seit vier Jahren aus Syrien und sieht das anders. Warum, lesen Sie in der taz.am wochenende vom 21./22. März 2015. Außerdem: Manche Impfgegner bezweifeln, dass es Masern überhaupt gibt. Wir haben einige der schärfsten Kritiker besucht. Und: Martin Walser wird 88 Jahre alt. Ein großer Romancier, bei uns mal ganz knapp und präzise im Gespräch. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.

Die Passivität der Bevölkerung Mossuls habe sich schnell in einen Beitritt zu einem Staat islamischen Rechts verwandelt, der einen Unrechtsstaat ersetzte. „Ich rechtfertige die Islamisten nicht,“ stellt der Historiker Luizard klar, „aber wenn man einen Gegner zu verteufelt, bringt man sich darum, seinen Erfolg zu verstehen." Es ist ein Vorwurf, dem sich fast jeder ausgesetzt sieht, der Erklärungsansätze für die Akzeptanz des IS sucht – nicht nur in Mossul. Bedeutet das nicht, dass man verharmlost, bagatellisiert – und eben: rechtfertigt?

Selbstmordanschläge in Tunesien und im Jemen

In Tunis hat der IS sich in dieser Woche zu einem Anschlag bekannt, bei dem etliche Menschen starben. Auch für Selbstmordanschläge im Jemen will ein Ableger des Islamischen Staats verantwortlich sein. Die Anschläge richteten sich gegen zwei Moscheen, die vor allem von schiitischen Muslimen besucht wurden. Auch dort starben Dutzende Menschen.

Der Reporter Wolfgang Bauer erklärt die Rolle der beiden islamischen Strömungen in dem Konflikt und hinterfragt in einer Reportage in der Zeit, für die er aus dem Irak berichtet, die gängigen Bilder der Journalisten. „Die Extremisten aus dem Ausland, die in der Weltpresse stehen und die berüchtigten Videos drehen, machen nur einen kleinen Teil der IS-Kämpfer aus“, stellt er fest. „Die meisten Männer führen ihnen die großen Stämme der Sunniten zu.“ Vier sunnitische Widerstandsgruppen etwa habe es in einem Vorort von Bagdad seit der US-Invasion gegeben. Sie alle seien jetzt mit dem IS verschmolzen. „Wessen Herrschaft ist schlimmer“, würden sich nun immer mehr Sunniten fragen. „Die sunnitischen IS oder die die schiitischen Milizen?“

Was meinen Sie: Müssen wir stärker die Menschen in den IS-Kämpfern sehen? Oder ist das schon ein erster Schritt in Richtung Rechtfertigung?

Diskutieren sie mit!

Die Titelgeschichten „Wer sind die Kämpfer des IS“ lesen sie in der taz.am wochenende vom 21./22. März 2015.

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25 Kommentare

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  • Bedingungsloses Grundeinkommen für alle und damit zusammen eine gerechtere Arbeitsverteilung (kürzere Arbeisttsundenzahl), für individuelle Lebenspläne, denn das bedingungslose Grundeinkommen reicht fürs Nötigste. Das dann gekoppelt mit Mindestlohn und Maximallohn. So könnte ich mir das auch vorstellen.

  • "Wenn über den IS geschrieben wird, ist von Monstern und Barbaren die Rede. Hilft uns das die Erfolge der Dschihadisten zu verstehen?"

     

    Ganz sicher nicht. Notwendig sind

    Analysen der Gesamtverhältnisse.

     

    http://www.deutschlandfunk.de/naher-osten-wir-machen-uns-unsere-feinde-selbst.1310.de.html?dram:article_id=314398

  • Die IS-Kämpfer sind so viel oder wenig "Monster" wie die Nazis es waren.

     

    Natürlich sind es keine "Außerirdischen" oder "Zombies aus der Hölle", die zu solchen Gräueltaten fähig sind, sondern ganz normale Menschen - leider.

     

    So las man im "Spiegel" 11/2008 u.a. über die Judenmörder im Dritten Reich:

     

    "(...) Die Täter ein Haufen von Sadisten? Experten schätzen den Anteil der pathologischen Fälle auf allenfalls zehn Prozent. Das ist nicht überdurchschnittlich viel. (...)"

     

    http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-56151515.html

     

    Das Gleiche ließe sich mit Sicherheit auch über die Roten Khmer oder eben über die IS-Kämpfer sagen.

  • Man merkt schon an den Leserkommentaren, wie ungewohnt der Gedanke ist, einfach mal rauszufinden, wie und warum IS funktioniert. Etwa die Hälfte der Kommentierenden will das gar nicht - will also gar nicht informiert werden oder über Ursachen nachdenken.

    Ganz ähnlich fand ich vor einem halben Jahr einen Artikel in der SZ (http://www.sueddeutsche.de/politik/islamischer-staat-mit-der-taktik-von-parasiten-1.2196403). Durchaus bis zu einem gewissen Grad informativ, andererseits ist der Tonfall insgesamt dazu angelegt, möglichst die massiven Defizite der westlichen Politik nicht zu klar herauszustellen.

     

    Als alter Hartz IV-Empfänger habe ich immer den Eindruck, dass sich hier die Angst vor und die Verachtung der durchgeknallten Gewalt mit der Verachtung der Armut und der Armen mischt.

    Sehr ungesund.

     

    Drei Tage nach den Blockupy-Protesten hier in Frankfurt kann ich nur wiederholen: Bedingungsloses Grundeinkommen für Alle - weltweit. Dazu direkte Demokratie und ein Geldsystem in Bürgerhand.

    Anders wird es nicht gehen: http://bgerheinmain.blogsport.de/

    • @Eric Manneschmidt:

      Zu dem bedingungslosen Grundeinkommen eben auch eine bessere Arbeitsverteilung, für die individuellen Lebensvorstellungen der Menschen, denn Grundeinkommen reicht fürs Nötigste. So erscheint es auch mir, gekoppelt mit einem Mindest- und Maximallohn dann noch, eine denkbare und gerechte Lösung zu sein sein.

    • @Eric Manneschmidt:

      Was hier von so einigen nicht gemerkt wird, ist etwas ganz anderes, nämlich wie dummdreist, gefühlskalt, selbstgerecht und anmaßend die in die oberlehrerhaft erhobenen Zeigefinger gepresste Aufklärerpose der Autoren und ihrer Fans daher kommt. Also ob hier das erste Mal über Hintergründe der IS Erfolge berichtet wurde. Nicht nur in der Taz, in sehr vielen Zeitungen und Magazinen hat es immer wieder umfangreiche und meist auch erhellende Analysen gegeben. Ja, die Unterdrückung durch die schiitischen, vom Iran unterstützten Herrscher hatte den Boden bereitet. Ist aber bekannt. (Glücklicherweise haben die USA Druck gemacht in Richtung eines nationalen Bündnis, als erste Voraussetzung die IS-Faschisten zurückdrängen zu können). Ja die IS-Monster fahren eine kluge Dopppelstrategie, Kampfkraft gegen Assad, Halsabscheiden gegen die korrupten Schiiten und Sozialarbeit auf der einen Seite, und auf der anderen Seite Demonstrationen ihrer restlosen Entmenschlichung zur Faszination orientierungsloser Kiddies in den kapitalistischen Wohlstandsregionen und zur Provokation militärischer Abenteuer, die die IS und die von ihnen Beherrschten dann richtig zusammenschweißt. Klappt aber wohl nicht mehr so recht. Euer Bestehen auf politisch korrekte Benamsung der IS-Bestien dient nicht der Aufklärung sondern der Verklärung. Man stelle sich junge Journalisten zu Beginn der 1940er Jahre in den USA vor, die vor einer Verteufelung Hitlers warnen, und sich damit brüsten, als Erste Einzige Analysen zu liefern, die verstehen helfen, warum die Nazis so beliebt waren. Zum Beispiel wegen den tollen Autobahnen.

  • Natürlich ist es wichtig zu verstehen, was die Unterstützer des IS antreibt und welche Ziele sie verfolgen. Was daraus aber nicht folgen darf, ist auch nur der Ansatz einer Rechtfertigung ihrer Taten.

     

    Ohne den Einmarsch der Amerikaner im Irak hätte es den IS möglicherweise nicht gegeben. Aber deswegen den Amerikanern die Schuld zu geben anstatt den Mördern und Henkern des IS wäre äquivalent damit, die Verbrechen der Nationalsozialisten nicht den Nazis sondern den Autoren des Versailler Friedensvertrages anzulasten.

     

    Nazi-Vergleiche sind ein Minenfeld, aber der IS ist einer der wenigen Fälle, wo man wirklich guten Gewissens sagen kann, dass die Ideologie und Menschenverachtung diese Gruppe der der Nazis tatsächlich ebenbürtig ist. Das Glück der heutigen Welt ist lediglich, dass dem IS im Gegensatz zu Hitler nicht dir wirtschaftlichen Ressourcen einer Weltmacht zur Verfügung stehen um seine Pläne zur Neuordnung der Welt zu versuchen durchzusetzen.

  • Der IS besteht also auch aus Menschen. Eine gute Nachricht. Und bisher wäre ich gar nicht auf den Gedanken gekommen.

     

    Was den Rest der Argumentationsketten angeht, so kann man sie genauso auf Neonazis anwenden: Die hauen auch nicht nur Ausländer in Fußgängerzonen platt, sondern helfen alten Mütterchen beim Einkaufen, sorgen für Fahrdienste, betreiben KiTas usw. Und die Menschen, denen diese Leute helfen, denken auch nicht zuerst an Baseballschläger sondern an den freundlichen jungen Mann mit dem adretten Haarschnitt, der immer so hilfsbereit ist. ... Sie bleiben aber Nazis. Können diese Gestalten in Zukunft auch mit Verständnis für ihre Gedanken/Taten durch die taz rechnen?

     

    ...

     

    Kaum kreuzigt man ein paar korrupte Säcke, wird die Welt wieder ein bißchen besser. Wird diese Haltung im Milieu gesellschaftfähig? Oder ist sie es schon? Wie lange schon? Aber gegen die Todestrafe ist man schon noch, oder?

  • 9G
    970 (Profil gelöscht)

    Hannah Arendt zu lesen könnte hier helfen, das System des IS besser zu verstehen und einordnen zu können; das würde ich jedenfalls den Journalisten empfehlen, die sich mit den vermeintlichen "Monstern" beschäftigen.

    • @970 (Profil gelöscht):

      Geht die Empfehlung des Herren Miezekatzenrevoluzzers doch bitteschön Hanna Arendt zu lesen an Holger Geisler oder an den von ihm interviewten Yesiden? Das von Geisler aufgezeichnete und bei n-tv wiedergegebene Interview wurde in dem Wochenend-Taz-Beitrag als Beleg dafür genommen, dass nicht nur Boulevardmedien von Monstern sprechen. Der Ausdruck ist allerdings ein Zitat des Interviewten. Der berichtete, dass diese, Ihrer Meinung nach lediglich "vermeintlichen" (böses Wort) den Tod seines Kindes auf das Gewissen haben und seine Frau und Tochter entführt haben. Ich empfehle, den Bericht zu lesen.

       

      http://www.n-tv.de/politik/Die-IS-Monster-haben-meine-Frau-entfuehrt-article13535146.html

      • 9G
        970 (Profil gelöscht)
        @Hirschelmann Hans-Hermann:

        Das ist eine Information, die so aus dem Artikel hier nicht zu bekommen war; insofern danke ich Ihnen für den Link.

         

        Ich bleibe aber bei den "vermeintlichen" Monstern, die eben nicht mehr und nicht weniger als Menschen bleiben - selbst, wenn sie grausamste Taten begehen.

  • Zu Verteufeln ist sicher schon mal die Tat. Beim Täter wird´s schwierig, denn der IS kann mangels Persönlichkeit kein Täter sein; Da liegt der Hase im Pfeffer.Der wahre Täter kann sich hinter der Organisation verbergen und wird sich bei späterer Verfolgung auf Befehlsnotstand berufen, wie es bspw. Nazi- Verbrecher versuchten.

    Ergo die Namen der sich gern vermummenden Henker, wenn bekannt, regelmäßig veröffentlichen.

    IS taugt hier zur Tarnung grausamen Sadismus und sollte in diesem Kontext differenzierter angeprangert werden.

     

    Jihadi John, deine Taten werden nicht vergessen !

  • Ich hoffe mit diesem Kommentar und dem ersten bewege mich innerhalb Ihrer Vorgaben. Wenn nicht, dann möchte ich es doch Ihnen zum Nachdenken mal geschickt haben. Denn das ist meine Sicht auf die Kriegszustände dort. Ich finde es wichtig, dass die Täter des IS auch als Opfer (vielleicht als Opfer des Systems dort) wahrgenommen werden und diese mit Gefühlsabspaltung zu tun haben werden. Diese Sichtweise lässt andere Lösungsoptionen zu und darum sollte es bei Analysen ja gehen.

  • Ich muss hieraus zwei Kommentare machen!

    Es muss tieferliegende Gründe geben für die große und nicht enden wollende Gewaltbereitschaft in den Kriegsgebieten. Wann und wo fing die Gewalt an? Wer warf den ersten Stein? Es fing vermutlich, aus Unwissenheit, mit der ersten Traumatisierung, an. Unverarbeitete Traumatisierungen und Ohnmachtserfahrungen können Gewalt auslösen und werden oftmals von einer auf die andere Generation übertragen. Immer wieder Vergeltung. Kriegsverhalten hat auch mit einem Suchtmuster zu tun, aufgrund von abgespaltenen Lebenserfahrungen, die ihren Ursprung oftmals schon in der Kindheit haben, wo diese Menschen dann möglicherweise reinrutschen. Diese Erinnerungen aus Kindertagen wirken massiv verstärkend auf das Bedrohungsempfinden, weshalb ich dort auch Kontrollverlust vermute. Das traumatische Gedächtnis kennt keine Zeit, was so viel heißt, dass es sich für den Traumatisierten so anfühlt, als ob es gerade jetzt passiert. Unterdrückung und eine zu starke Einmischung der Religion in das alltägliche Leben kann in meinen Augen gewaltauslösend sein. Aber auch frühkindliche Traumatisierungen wie die, in meinen Augen, beschämende Beschneidung (oftmals ohne Betäubung) vor den Augen der Gemeinschaft können zum Vertrauensverlust führen und das wirkt viel schlimmer noch als jede Kriegserfahrung, wegen des Verrats durch die Eltern an die Religion, zumindest sehe ich das so, als Elternteil zweier Söhne. Wenn dann noch totalitäre Familiensysteme wirken ist sicher die Gewaltbereitschaft vorprogrammiert. Wenn ein Mensch dann so viel Wut in sich fühlt, da braucht es dann nur noch irgendeines Anlasses und die Gewalt entlädt sich. Jeder Mensch hat seine ganz eigenen Gründe oftmals für seine Gewaltbereitschaft und sucht sich möglicherweise auch seine Rechtfertigungen für Gewalt, die er in Organisationen wie dem IS findet.

    • @welle:

      Ich möchte meine Ausführungen noch verfeinern. Denn es geht in meinen Augen in den Bereich der Persönlichkeitstörungen. Also ganz eindeutig pathologisch begründet, aufgrund von unermesslichen Schmerzerlebnissen, die zwangsläufig ein Abstumpfen zur Folge haben müssen, sonst könnte der Mensch das nicht überleben. Die Konsequenz kann nur heißen Traumabehandlungen und den Gewaltkreislauf durchbrechen. Das aber eben ist nicht einfach und wird nicht schnell gehen. Dennoch kann der Weg nur da langgehen. Zwangsläufig wird es dann um neue Definitionen der Manner- und der Frauenrolle gehen. Frauenunterdrückung dort hat ja auch mit einer Angst vor den Frauen zu tun (vllt auch durch die Beschneidung?), was wiederum wieder auch mit Kleinheits- und Ohnmachtserfahrungen zu tun haben kann. Worauf der Kreislauf der Kompenstion durch Gewalt und Macht aufs Neue einsetzt, was wieder die nächsten Opfer schafft usw.. Manche aber rutschen tendenziell eher in die Opferrolle. Diesen Kreislauf zu durchbrechen, darum geht es in meinen Augen. Denn meistens ist es den betroffenen Menschen nicht bewusst wie sehr sie auch durch frühkindliche Traumatisierungen geprägt wurden.

  • Wenn die taz mal wieder nicht weiß welche Sau durch's Dorf gejagt werden soll, dann gibt es ja immer noch diese Themen hier: a) Anti-Veganismus - b) irgendwas über Hitler schreiben - c) Israel oder - d) ..solche strunzdummen Artikel wie diesen hier. Es könnte also sein, dass wir einer extrem dummen, rückständigen, anti-zivilisatorischen und hasserfüllten Gruppe von Vergewaltigern, Mördern und Sklavenhändlern (die selbst vor dem Verkauf von Kindern nicht zurückschrecken) besser mal nicht mit solchen ach so harten Beurteilungen gegenübertreten. Arghhhh...was für eine intellektuelle Hyperscheiße und der beste Beweis, dass taz online nicht mal 0,05 Cent im Jahr wert ist.

  • Ein gefährliches Thema !

    Der IS ist ja, im Bereich der Geographie des historischen "heiligen Landes" von Bhagdad (oder Babylon) bis Jerusalem..

    im Verlauf der Wirren der einstigen Kreuzzüge und der darauffolgenden Kolonialisierungen (Bevormundungen) und deren Kriege der Neuzeit und dessen Konflikte, erklärbar.

    Es erscheint jedoch, das der IS, im Sinne eigener religiös/historischer StillstandsDogmatik, nur so etwas wie einen veränderten Status Quo erzeugt..

    Jegliche Idee moderner Bildung, Aufklärung/Wissenschaft/Lehre/Forschung/Technologien.. wird es im IS nicht geben!

    Trotzdem: Der IS muss gewertet werden als eine Art gewaltvoller Aufstand des Geistes des urwüchsigen Islam.. gegen die Unterdrückung durch die `westliche Aufklärung´des Kapitalismus, repräsentiert durch Israel/USA, etc..

    9.11 New York, kann interpretiert werden als vulgär/barbarische Kritik/Ablehnung des ´Ur Islams´ gegen USA kapitalist Imperialismus.. Der IS reiht sich barbarisch ein !

    Aber: Die Logik von Frau Bierbach und Herrn Gernert, zu versuchen, dem IS Respekt und Anerkenntnis zu geben, das schadet den Ideen der Aufklärung !

    • @vergessene Liebe:

      Es geht den Autoren aber nicht darum, dem IS Respekt und Anerkennung zu geben, sondern zu verstehen, warum IS-Kämpfer teilweise Respekt und Anerkennung bekamen/bekommen und daraus zu verstehen, was die Organisation stark gemacht hat. Das ist doch ein kleiner Unterschied, will mir scheinen. Den Ideen der Aufklärung schadet eher die blinde Verteufelung.

      • @Ute Krakowski:

        Analyse ist immer gut. "Verstehen" antizipiert aber bereits, dass es z.T. nachvollziehbare, rationale Gründe sind. Zum grösseren Teil sind es illegitime, pathologische Gründe.

    • @vergessene Liebe:

      Klar der vom internationalen Weltisraelismustum gesteuerte Westen ist einmal wieder Schuld an allem. Man sollte eine Legitimationsideologie nicht unbedingt für bare Münze nehmen. Sicher hat das Erlebnis der Kolonialisierung in Regionen, in denen sich die Menschen selbst oft als Herrenvölker fühlten, Spuren in der Psyche auch von heute dort Sozialisierten hinterlassen (die sprichwörtliche Dauergekränktheit der islamistischen Gockel mag daher rühren). Aber man sollte auch erkennen bzw. hervorheben, wie reaktionär und verlogen die "kriegerische" Kultivierung dieses Gefühls ist.

      • @Hirschelmann Hans-Hermann:

        anzumerken ist, dass die kolonialisierung des "orients" hauptsächlich eine osmanische kolonialisierung war. briten und franzosen haben maßgeblich dazu beigetragen, dass diese kolonialisierung endete.

        • @paulibahn:

          Ja, danke für den wertvollen Hinweis.

      • @Hirschelmann Hans-Hermann:

        JA! Ich teile ihre Meinung! Bitte verstehen sie meinen Text nicht als art Schuldzuweisung !

        "schuldig sind Wir alle Menschen" ..

        ..in der globalen Praxis des Hass, Macht, Habgier, Ausbeutung getriebenen Bellizismus !

        -----------

        Das Ziel ist eine `Allgemeine Weltbürgerlichkeit´ im Sinne von Frieden, Harmonie, freiheitlicher Toleranz, Aufklärung, Solidarität und Respekt der gebeutelten globalen Ökologie .. (meine ich) ! Siehe die U.N.O. !!!

        -----------

        Das "Dritte Reich" nährte (oder legitimierte) sich durch Schuldzuweisungen (Feindbilder)..

        (siehe dazu die Texte der `schwarzen Hefte´ von Martin Heidegger )

        ..wie auch andere imperiale Mächte der Gegenwart sich durch Schuldzuweisungen legitimieren !

        Das Resultat ist Krieg, Leiden, Terror..

        Auch die Logik des IS nährt sich aus Schuldzuweisungen ! .. und legitimiert sich im Sinne islamisch religiöser Rechtsauffassung !

        ----------------

        Die gegenwärtige Situation im einstigen "heiligen Land" , in Syrien, Iraq etc. ist grauenhaft !

        ---------------

        Es gilt m.E. einen gemeinsamen, friedlichen Nenner ziviler Hoffnung und Koexistenz zu finden..

        ..um die hässliche Kultur der Schuldzuweisungen zu überwinden !

        Das "Gesicht des Bösen" erlaubt viele Interpretationen und stimuliert die politische Esoterik..

        Die Hoffnung liegt m.E. darin, das der Geist der Aufklärung Erkenntnisse entwickelt damit eine Entwicklung zur Weltbürgerlichkeit nicht scheitert !

  • Das ist seit vielen Jahren das Ekelhafteste, das ich in der Taz habe lesen müssen. Die einzigen, die hier - in trauter Einigkeit mit den islamistischen Faschisten - als Monster verteufelt werden sind hier "der Westen" und die USA. Der Beleg für die angebliche Verteufelung des IS als Monster durch "UNS" (?) ist einem auf n-tv wiedergegebenen Zitat eines Yesiden entnommen, dessen Frau von den Mitmenschen der IS entführt wurde. Belehrungen der Gestalt, dass die IS politisch korrekt "unsere verirrten Mitmenschen" genannt werden sollten, sollten deshalb auf kurdisch übersetzt und an diesen Mann gerichtet werden.

  • Danke für den guten und reflektierten Artikel. Gerade die für die Lösung der Konflikte zwischen sunnitischen, schiitischen und anderen Gruppen gibt es in der Debatte keine Lösungsansätze. Wie sich Hindus und Moslems im postkolonialen Indien regional aufgeteilt haben, würde eine auf Frieden orientierte Lösung auch hier eine Aufteilung der Gebiete anstreben. Dann gäbe es gleich mehrere islamische Staaten, einen sunnitischen, einen schiitischen, einen alevitischen usw.

    Aber so einfach wird es nicht werden, das größte Problem liegt unter der Oberfläche. Das Öl, das die Region zum geostrategischen Spielball macht.