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Baggerbesetzung in der LausitzAktivisten vor Gericht

In Cottbus beginnt am Montag das Eilverfahren gegen drei „Ende Gelände“-Klimaschützer, die in der Lausitz Bagger besetzt hatten. Sie sind in U-Haft.

Protestierten gegen den Kompromiss der Kohlekommission: Besetzer*innen in der Niederlausitz Foto: dpa

Dresden taz | Vor dem Amtsgericht Cottbus beginnt am Montag die Hauptverhandlung gegen drei Besetzer eines Lausitzer Braunkohlebaggers. Ihnen wird Hausfriedensbruch vorgeworfen.

Am 4. Februar hatten KohlegegnerInnen von „Ende Gelände“ und „Robin Wood“ Fördereinrichtungen in den Tagebauen Schleenhain bei Leipzig, Welzow-Süd und Jänschwalde in der Niederlausitz besetzt. Sie protestierten damit gegen den ihrer Meinung nach unzureichenden Kompromiss der Kohlekommission. 23 von ihnen wurden nach der Räumung zunächst für zwölf Stunden inhaftiert. Gegen drei Aktivisten, die ihre Personalien nicht angaben, wurde ein Eilverfahren eröffnet. Sie sitzen bis heute in Untersuchungshaft.

Nach Angaben des Betreibers Lausitzer Energie Kraftwerke AG (Leag) war die Belieferung der Lausitzer Kohlekraftwerke Jänschwalde und Schwarze Pumpe damals nicht spürbar beeinträchtigt. Die Leag kündigte aber sofort strafrechtliche Schritte an.

Nach Einschätzung einer Sprecherin von „Ende Gelände“ war in diesem Jahr der Verfolgungsdruck im Vergleich zu einer Besetzung von 2016 besonders hoch. „Untersuchungshaft ist noch nie verwendet worden“, sagte sie. Der Vorwurf werde besonders laut erhoben, mit den Aktionen den teils auch von Umweltverbänden mitgetragenen Kohleausstiegskompromiss zu untergraben.

Haus oder nicht Haus?

Verteidiger Felix Isensee aus Berlin ließ erkennen, dass er auch die teils entwürdigende Behandlung der drei Inhaftierten thematisieren wolle. Bei der Festnahme soll es unangemessene Schmerzgriffe und Durchsuchungen des Intimbereichs gegeben haben, Toilettengänge wurden verweigert. Strittig ist im Kern die Frage, ob es sich angesichts fehlender Einzäunung des Tagebaus tatsächlich um Hausfriedensbruch handelt. Frühere Verfahren waren deshalb meist zugunsten der Beschuldigten ausgegangen.

Zum Verfahrensbeginn am Montagmorgen soll eine kleine Solidaritätskundgebung stattfinden. Am 28.Februar wird sich der Rechtsausschuss des Brandenburger Landtags mit dem Fall befassen. Die „Ende Gelände“-Sprecherin deutete auch an, dass intern über langfristige und nachhaltige Protestformen anstelle solcher Einzelaktionen debattiert werde.

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13 Kommentare

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  • „Strittig ist im Kern die Frage, ob es sich angesichts fehlender Einzäunung des Tagebaus tatsächlich um Hausfriedensbruch handelt.“

    Was soll das juristische Rumgeeiere. Wenns strittig war, dann hat man sich zuvor zumindesten einen Gedanken gemacht. Es war dann wohl schnell Wurst.

    Auch hört sich der Satz selten doof an. Könnte von einem Einbrecher (soll kein Vergleich sein) der einen Einbruch abstreitet, weil das Fenster offen stand.

  • Bundesverdienstkreuz für die Aktivisten.



    10 Jahre Haft für die Staatsanwaltschaft wegen Beihilfe zum Mord an unserem Planeten !



    Das ist meine Stimmungslage.

    • @Karo:

      meine auch, es ist frustrierend...

  • wird zeit dass die verantwortlichen die das klima durch co2 anheizen und damit die menschheit ausrotten werden verhaftet werden

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Finde ich ja alles ok, was die Aktivistinnen und Aktivisten da machen.

    Aber kann mir mal einer erklären, worin der Sinn liegt, seine Personalien nicht anzugeben, um dadurch Untersuchungshaft zu erzwingen?

    Das hat für mich etwas Reichbürgerhaftes.

    • @88181 (Profil gelöscht):

      Zum einen: Wenn in großer Zahl (was hier offenbar nicht der Fall ist) Aktivist*innen anonym bleiben, muss für die Personalienfeststellung ein sehr großer personeller und zeitlicher Aufwand betrieben werden. So wird es dem Staat massiv erschwert, von allen Aktivist*innen Personalien fristgerecht aufzunehmen.



      Zum zweiten: ist Nichtkooperation nur eine konsequente Fortsetzung an zivilem Ungehorsam gegenüber dem Kohlestaat. Sicherlich lehnen einige der Aktivist*innen den Staat ab. Dessen Existenz wird jedoch nicht geleugnet, wie es die Reichsbürger*innen tun. Ihren Vergleich finde ich deswegen nicht nur verunglimpfend sondern auch unpassend. BTW. wäre demnach die Freie Republik Wendland auch eine Reichsbürger*inneninitiative gewesen? ;)

      • @Uranus:

        Und wer muss am Ende wieder die Rechnung zahlen? Der Steuerzahler. Schonmal daran gedacht? Diesen Aktivisten würde ich alles pfänden, was geht.

        • @sigema:

          Welche Rechnung meinen Sie? Die Aufwendungen für landwirtschaftliche Betriebe aufgrund der letzte Dürre und die für kommende, massive Ernteausfälle? Oder die zig Milliarden, die in die Renaturierung der Kohleabbaugebiete investiert werden müssen? Das alles wäre allerdings RWE, LEAG & CO in Rechnung zu stellen. Da wäre ich dabei!

      • 8G
        88181 (Profil gelöscht)
        @Uranus:

        Ja der Kohlestaat. Früher hieß das:

        "BRD Bullenstaat, wir haben dich zum Kotzen satt." Ist aus der Mode gekommen. Allein "BRD"....

        In den 80ern wurde ich in Berlin bei einer Anti-IWF-Demo ("IWF Mördertreff") verhaftet. Man machte mir Handschellen dran und schubste mich in die Wanne. Mir schwante nichts Gutes, man kannte die Geschichten von Genossen, die nach der Verhaftung dort verprügelt wurden und die der Genossinnen, die gedemütigt wurden.

        Aber nichts von alledem geschah. So dass ich fragte, ob man mir die Fesseln abnehmen könnte. Man konnte.

        Dann fragte ich nach einer Zigarette. "Roochen willste och noch." Aber ich bekam die Kippe. Einer schlug mir dann mitfühlend auf die Schulter: "Scheisse jelofen, wa?".

        Aus Sicht der Nichtkooperation muss sich das wie eine reine Kollaboration lesen.

        Aber, auch wenn man Gegner, meinetwegen Feind ist, sind doch trotz allem auch Menschen.

        Und natürlich hätte ich das nicht geschrieben, wenn sie mich vermöbelt hätten.

        • @88181 (Profil gelöscht):

          Ich würde meinen, wie weit die Einzelnen gehen wollen, bestimmen diese alleine. Für die jweiligen Entscheidungen gibt es verschiedene Beweggründe. Eine Wertung von Kollaboration oder so würde ich da nicht vornehmen wollen. Wichtiger in Zusammenhang mit Widerstand und Protest ist doch die Solidarität unter den Aktivist*innen. Je mehr in verschiedenen Rollen aktiv werden, desto besser. Da sollte die Art der Aktion so gut wie keine Rolle spielen.



          Interessant wird das Verhalten auf der Gegenseite - inwieweit die Nichtkooperierenden noch würdevoll behandelt werden. In diesem Fall, wie so oft in der Vergangenheit, wurden sie von der Institution des vorgeblichen Rechtsstaates herabgewürdigt.

    • @88181 (Profil gelöscht):

      möglicherweise Protest gegen Polizeibrutalität, erhoffte Öffentlichkeitswirkung. Kann ich mir schon Beweggründe vorstellen.

  • Einfach nur widerlich dieser Staat! Wenn es um die Durchsetzung der Rechte für die Kapitalanhäufung geht, interessiert den Staat auch nicht mehr sein Gefasel um Bürger*innenrechte. Solidarität mit den Gefangenen!

  • 9G
    90118 (Profil gelöscht)

    alles wegbaggern! alles verkaufen! alles verheizen!



    gehört schliesslich jemandem, der nun damit machen kann, was er will.



    scheiß auf die landschaft, die region, die welt, scheiß aufs ergebnis! baggerseen finden doch am ende alle toll!



    bis dahin: krieg gegen andersdenkende! freiheitsentzug, materielle und physische vernichtung, haben sie verdient, ist ja nur recht, wegzubaggern, was einem gehört! traut sich noch jemand was zu sagen?