Autoren und Künstler zum Urheberrecht: „Wir sind die Urheber“
Charlotte Roche, Martin Walser, Sven Regener: 100 Autoren und Künstler haben sich in einer Erklärung „gegen den Diebstahl geistigen Eigentums“ im Netz ausgesprochen.
BERLIN dpa | Nächste Runde im Streit ums Urheberrecht: Mehr als 100 prominente Autoren und Künstler sind am Donnerstag mit einem Aufruf an die Öffentlichkeit gegangen, in dem sie eine Stärkung des Urheberrechts fordern. Die 100 Erstunterzeichner wenden sich indirekt gegen Initiativen aus mehreren Parteien, das Urheberrecht an die veränderten Bedingungen im Netz anzupassen. Insbesondere der Aufstieg der Piratenpartei hat das lange Zeit kaum beachtete Thema ins Zentrum öffentlicher Beachtung gerückt.
Die Erklärung bezeichnet das Urheberrecht als „historische Errungenschaft bürgerlicher Freiheit“ und als „materielle Basis für individuelles geistiges Schaffen“. Sie richtet sich gegen das Argument, dass es einen Interessengegensatz zwischen den eigentlichen Urhebern kreativer Werke und den sogenannten Verwertern gibt, also etwa Verlage, Plattenfirmen und Verwertungsgesellschaften wie die Gema. Einige Netzaktivisten haben erklärt, dass sich die Urheber im Internet direkt an ihr Publikum wenden und an den Verwertern vorbei Geld verdienen könnten.
Zu den Erstunterzeichnern gehören die Schriftsteller Daniel Kehlmann, Charlotte Roche, Julia Franck, Uwe Tellkamp, Martin Walser und Günter Wallraff sowie Künstler wie der Schauspieler Mario Adorf. Auch der Musiker und Schriftsteller Sven Regener unterschrieb – er hatte die Debatte im März mit einer heftigen Polemik in Fahrt gebracht. Danach wandten sich 51 Drehbuch-Autoren der Krimi-Reihe „Tatort“ an die „liebe Netzgemeinde“ und warfen dieser vor, eine „Umsonstkultur“ im Internet in den Rang eines Grundrechts erheben zu wollen. Die Kritik richtete sich insbesondere auch gegen die Piratenpartei, die bei den letzten Wahlen wiederholt erfolgreich war.
Der Urheberrechtsexperte bei den Berliner Piraten, Christopher Lauer, erklärte zu der neuen Künstler-Initiative auf Twitter: „Egal wie viel Unverständnis man für die Aktion in der Zeit hat: Wir müssen das ernst nehmen. Es bedarf einer Handreichung.“ Jan Engelmann vom Wikimedia-Verein schrieb ebenfalls auf Twitter: „Verwerter denken Urheberrecht als Verbotsrecht, wir suchen Anreize für kreatives Schaffen, rege Nutzung und Beteiligung.“
Frank Rieger vom Chaos Computer Club (CCC) twitterte: „Liebe Urheber, ist Euch schonmal aufgefallen, daß das Apple/Amazon/Google-Oligopol primär das Versagen eurer geliebten Verwerter ist?“ Im Blog netzpolitik.org schrieb Leonhard Dobusch, der Aufruf in der Zeit versuche, „eine Einheitsfront zwischen Urhebern und Verwertern zu suggerieren“, beweise aber nur, „dass ebendiese Front am Bröckeln ist“.
Ebenfalls am Donnerstag veröffentlichte die Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) ein Positionspapier, in dem verlangt wird, auch in der digitalen Welt an dem System von Urheber- und Verwertungsrechten festzuhalten. „Kaum ein Nutzer kann sich heute noch darüber beschweren, dass ihm Bücher, Musik oder Filme nicht in digitaler Form einfach und bezahlbar angeboten würden“, erklärte die Organisation, die im Interesse von Autoren, Journalisten und Verlagen Verwertungsrechte wahrnimmt.
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