Atomkraftwerke in Japan: Mit voller Kraft zurück
Der weltweit größte Atommeiler soll wieder hochgefahren werden. Der Betreiber des japanischen Unglücksreaktors Fukushima hat einen Antrag eingereicht.
TOKIO rtr | Der Betreiber des japanischen Unglücksreaktors in Fukushima will wieder Atomstrom produzieren und das weltgrößte Kernkraftwerk Kashiwazaki Kariwa hochfahren. Tokyo Electric Power (Tepco) reichte für zwei der sieben Reaktoren am Freitag einen entsprechenden Antrag bei der Atomaufsichtsbehörde NRA ein.
Eine Entscheidung dürfte Monate dauern. Denn der Gouverneur der Provinz Niigata, Hirohiko Izumida, ließ den Antrag zwar zu, hat aber ausdrücklich noch keine Genehmigung erteilt.
Auch die Regierung in Tokio macht Sicherheitsbedenken geltend: „Nichts ist wichtiger als die Sicherheit und das Vertrauen der Menschen vor Ort“, sagte Handelsminister Toshimitsu Motegi. Zugleich forderte er Tepco-Chef Naomi Hirose zu weiteren Anstrengungen auf, um die Sicherheit zu verbessern.
Das Unternehmen steht besonderes wegen der zahlreichen Pannen am Unglücksreaktor Fukushima in der Kritik. Nun wurde eine weitere Billion Yen (7,5 Milliarden Euro) bereitgestellt, um die Folgen der Kernschmelze zu beseitigen. Zuletzt lief an dem Reaktor radioaktiv verseuchtes Wasser aus. Dieses Problem sei inzwischen unter Kontrolle, sagte Hirose.
Vier weitere Anträge auf Reaktivierung von Atommeilern
Kashiwazaki Kariwa liegt 300 Kilometer nordwestlich von Tokio und ist mit sieben Reaktoren der größte Atommeiler der Welt. Nach dem Fukushima-Unglück 2011 wurden alle 50 japanischen Kernkraftwerke vom Netz genommen, in der Zwischenzeit produzierten lediglich zwei Meiler zeitweise Strom.
Neben Tepco haben vier weitere Energiekonzerne Anträge eingereicht, Kraftwerke wieder hochzufahren. Ministerpräsident Shinzo Abe will an der Kernkraft festhalten, während große Teile der Bevölkerung nach der Katastrophe skeptisch sind.
Tepco kommen die Folgen der Atomkatastrophe teuer zu stehen. Seit dem Unfall summieren sich die Netto-Verluste auf etwa 20 Milliarden Euro. Sollten nun zwei Reaktoren in Kashiwazaki wieder ans Netz gehen, könnte das dem Konzern nach eigenen Berechnungen monatlich 740 Millionen Euro sparen: So viel koste es, Strom auf andere Weise für die dicht bevölkerte Region zu erzeugen.
Japan muss derzeit teuren Brennstoff für seine konventionellen Kraftwerke importieren. Die Außenhandelsbilanz ist deswegen seit 14 Monaten negativ - so lange wie seit mehr als 30 Jahren nicht mehr.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Wahlprogramm der FDP
Alles lässt sich ändern – außer der Schuldenbremse
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Energiewende in Deutschland
Erneuerbare erreichen Rekord-Anteil
Migration auf dem Ärmelkanal
Effizienz mit Todesfolge