Anwalt gegen Polizeigewerkschaftler: Lügenvorwurf mit Folgen
Neues aus dem Gefahrengebiet: Anwalt Andreas Beuth hat Strafanzeige gegen den Landeschef der Polizeigewerkschaft Joachim Lenders gestellt.
HAMBURG taz | Der Rechtsanwalt Andreas Beuth schlägt nach den persönlichen Anfeindungen nun juristisch zurück: Seine Kanzlei-Kollegin Ingrid Witte-Rohde hat für ihn Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft gegen den Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Joachim Lenders, gestellt, „wegen aller in Betracht kommender Delikte“ im Bereich der Beleidigung. „Die Anzeige stützt sich vor allem auf die Tatbestände der Verleumdung und üblen Nachrede“, sagt Witte-Rohde der taz.
Lenders hatte Beuth auf einer Pressekonferenz der DPolG am 10. Januar offen als „Lügner“ bezeichnet, weil der Szene-Anwalt die Version der Polizei in Zweifel gezogen hatte, nach der am 28. Dezember eine Gruppe von 30 bis 40 schwarz gekleideten und mit St.-Pauli-Schals vermummten Personen die Davidwache angegriffen haben soll.
Die Gruppe soll herausstürmende Polizisten „unvermittelt und gezielt“ mit Flaschen und Steinen an der Ecke Davidstraße/Reeperbahn attackiert haben und dabei einem Beamten durch einen Schlag mit einem Stein den Kiefer gebrochen haben.
Es gibt verschiedene Formen, Menschen mit Worten in der Ehre zu verletzen, die strafbar sind:
Beleidigung ist eine Kundgabe von Missachtung einer anderen Person, auch ohne Fäkalbegriffe.
Verleumdung ist eine Äußerung wider besseren Wissens, um eine Person in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen.
Üble Nachrede ist eine ehrenrührige und herabwürdigende falsche Tatsachenbehauptung.
Lenders unterstrich die Richtigkeit der Polizeiversion und warf Beuth vor, den „hinterhältigen Angriff“ zu „negieren und faktisch als nicht existent darstellen“ zu wollen: „Ich bin fassungslos, dass sich ausgerechnet ein Rechtsanwalt mit unserer Auffassung nach falschen Tatsachenbehauptungen in die Öffentlichkeit begibt und versucht, auf manipulative Art und Weise Stimmung gegen die Polizei zu machen.“ Lenders hatte in dem medialen Diskurs über „Gewalt gegen Polizisten“ und „linksradikale Gewalttäter“ auch ins Gespräch gebracht, dass Polizisten der Gewalt künftig auch mit dem Einsatz von Schusswaffen begegnen könnten.
Beuth hatte Anfang Januar aufgrund von Mandanten-Angaben und Augenzeugenberichten dargelegt, dass die Personen vor der Wache „nie den Plan gehabt“ hätten, „die Wache oder die Beamten zu attackieren“, sagte der Anwalt. „Entsprechend hat es zu keinem Zeitpunkt Stein- und Flaschenwürfe auf das Reviergebäude gegeben, erst recht nicht auf aus der Wache kommende Polizeibeamte.“
Große Gelassenheit
Beuth warf der Polizeiführung und den Gewerkschaften eine „bewusst falsche Darstellung“ vor, um das „augenscheinliche politische Interesse“ zu verfolgen, das wegen des Vorfalls ausgerufene Gefahrengebiet zu rechtfertigen, um zusätzliche Stellen und eine höhere Bezahlung bei der Polizei durchzusetzen. Beuth geht es vor allem um die politische Dimension der Gewerkschaftskampagne. Er könne jedoch seine Mandanten wegen der anwaltlichen Schweigepflicht nicht nennen, weil gegen sie aufgrund der aufgeheizten Stimmung wegen Landfriedensbruchs und versuchten Totschlags ermittelt werde.
Inzwischen hat die Polizei ihre Version korrigiert. Seine schwere Verletzung habe der Streifenpolizist bei einem Einsatz in der 200 Meter entfernten Seilerstraße erlitten. Unklar ist selbst nach Polizeiaussagen, ob der Vorfall überhaupt mit den Geschehnissen vor der Davidwache in Verbindung steht. Zudem ist ein Bericht des Landeskriminalamtes bekannt geworden, wonach nur feiernde Fußballfans lautstark an der Wache vorbei gegangen seien, was sich auch mit Aussagen unbeteiligter Augenzeugen deckt, die einen Polizei-Übergriff auf einen Fan beschreiben.
Das politische Kalkül der Polizeigewerkschaften ist jedoch aufgegangen. Die Polizei hat zehn Millionen Euro zusätzliche Mittel für die Bezahlung von Überstunden, für bessere Beförderungsmöglichkeiten der Beamten und für die Zusage zur Besetzung weiterer Stellen bekommen. Lenders zeigte sich gegenüber der taz von Beuths Anzeige „überrascht“, sieht dem Verfahren aber, wie er sagt, „mit einer gewissen Gelassenheit entgegen“.
Für Lenders kann es jedoch noch dicker kommen. So erwägt Beuth durchaus auch zivilrechtliche Schritte gegen Lenders einzuleiten, etwa eine Unterlassungsklage oder Schadenersatzansprüche wegen Rufschädigung, wobei Beuth anmerkt: „Von Lenders beschimpft zu werden, schadet in gewissen Mandantenkreisen sicherlich nicht, im Allgemeinen sehe ich es aber als Rufschädigung an.“
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