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Antisemitismusvorwurf gegen „The Wall“Schwein des Anstoßes

Ein Keiler mit Davidstern: Roger Waters „The Wall“ im Berliner Olympiastadion sorgte für Protest. Der Senat sagte die Show dennoch nicht ab.

Huch! Schon wieder Kritik an „The Wall“. Der Vorwurf: Antisemitische Hetze. Bild: dpa

BERLIN taz | Das Schwein des Anstoßes schwebt im Nachthimmel über dem Olympiastadium. Es ist ein sehr großes, dunkles Schwein mit Hauern, es kann sich also nur um einen Keiler handeln. Während es im Wind schaukelt, werden die aufgemalten Symbole angestrahlt: Dollarzeichen, Halbmond, Kreuz, Hammer und Sichel – und der Davidstern.

Jenes Symbol des Judentums hat der Berliner Aufführung von Roger Waters‘ Show „The Wall“ am Mittwoch eine Menge Ärger bereitet. Zu einem erstaunlichen Zeitpunkt. Denn bereits seit 2010, als Waters seine Show 30 Jahre nach der Premiere wieder aufnahm, sind die Symbole auf dem Schwein.

Schon vorher in der Show, beim Song „Good bye blue sky“ brettert über die monströse Bühnen-“Wall“, die als Leinwand für die Projektionen der Filmsequenzen dient, ein Geschwader animierter Kampfflugzeuge und bombardiert ein Land mit christlichen Kreuzen, islamischen Monden, jüdischen Sternen und Großkonzernlogos. Die Botschaft ist klar: Mit Religion und Mammon führt man Kriege.

Doch als am 18. Juli ein junger Israeli die „The Wall“-Show in Brüssel anschaute, fiel ihm vor allem das Schwein auf, das so bemalt schon im Mittelalter für Hetzkampagnen gegen Juden herhalten musste. Er wandte sich an die israelische Tageszeitung Yedioth Ahronoth, die berichtete. Auf der Website der jüdischen Wochenzeitung The Algemeiner wurde auch Rabbi Abraham Cooper vom Simon-Wiesenthal-Center aktiv, und nannte Waters einen „Judenhasser“, Antisemiten und Nazisympathisanten.

Waters in Uniform im Nazistil

Das American Jewish Comittee (AJC) verlangte gar vor dem Konzert in Berlin, dass der Berliner Senat die Hausordnung des Olympiastadions einhalten solle – schließlich seien fremdenfeindliche Parolen verboten. Der Senat verwies auf die Olympiastadion Berlin GmbH, die jedoch keinen entsprechenden Verstoß erkennen wollte.

So fand die Show vor einem gut gefüllten, begeisterten Stadion statt – Pfiffe wären eh untergegangen: Am Ende steht Waters in einer Uniform im Nazistil vor fiktiven Diktatur-Symbolen und singt „Run like hell“: In „The Wall“ geht es um einen traumatisierten Rockstar, der seinen Vater im Krieg verlor, und in einen drogeninduzierten Wahn abdriftet.

Umstritten in den USA

In den USA schwelt der Streit um Waters schon länger, als es die aktuelle Aufregung vermuten lässt: Waters ist ein aktiver Kritiker der Siedlungspolitik Israels. Er ist etwa Mitglied im Russel Tribunal, einer Nichtregierungsorganisation, die sich für die Aufklärung mutmaßlicher Kriegsverbrechen Israels an Palästinensern einsetzt.

Außerdem unterstützt er die weltweite Kampagne Boykott, Desinvestition, Sanktionen (BDS), die unter anderem dazu aufruft, Produkte aus den israelischen Siedlungsgebieten zu boykottieren, bis Israel mit den universellen Prinzipien der Menschenrechte übereinstimme.

Bereits 2010 gab es in den USA Kritik an „The Wall“, worauf hin Rogers bat, friedlichen Protest gegen Israel nicht mit Antisemitismus zu verwechseln – und empört darauf hinwies, dass sein Vater im Krieg gegen die Nazis gefallen sei, und er seine jüdischen Enkelkinder „mehr als sein Leben“ liebe. In die Antwort auf Rabbi Cooper verlinkte Waters ein Statement der jüdischen Anti-Defamation League, die an dem Schwein wiederum nichts Verwerfliches finden konnte und befand, es handele sich eben um einen Fall von Kunstfreiheit.

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5 Kommentare

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  • MARC2013!

    - kennst Du vielleicht einen

    a n d e r e n effektiven Weg, Israels aggressive Gewalt- bzw. Apartheits-Politik bzw. DAUER-Verstöße gegen UN-Konventionen seit Jahrzehnten in ihre Schranken zu weisen - als den B O Y K O T T ? ?

     

    Mir (und vielen von UNS) wird a u c h schlecht angesichts dessen, was Tag für Tag gegen "die semitischen Brüder von nebenan" (Westjordanland - Tempelberg - Hebron - Bombardement auch mit weltweit geächtetem Phosphor (!!!) auf eingeschlossene Menschen in Gaza) an Furchtbarkeiten passiert.

    Aber Leute wie Du haben scheints auch dafür immer eine "Rechtfertigung" . TOLL!

    Doch die Zeit der "GEDULD" und des Wegsehens ist hoffentlich zu Ende.

  • K
    KarterKarlo

    Die Antisemitismus-Keule ist genauso wie die Hitler-Vergleiche sie nutzen sich ab und werden inflationär benutzt. Bei der Antisemitismus-Keule geschieht das vorallem durch Institutionen wie die SWC und gerade diese sollten es besser wissen. Wenn man die Politik Israels Kritisiert wird man gleich als Antisemit abgestempelt und gerade die Juden sollten aus ihrer Geschichte es besser wissen. Ein Boykott gegen Waren aus Israel kann sehr wohl ohne Antisemitismus gefordert werden denn es kommt auf die wahrhaftigkeit der Gründe für einen solchen Boykott an. So ist es eine Tatsache das Israel seit über 50 Jahren gegen UN-Konventionen und Verträge verstoßen wird und wenn man deswegen einen Boykott von Waren vordert ist das gleich zu setzen mit Wirtschaftlichenembargos gegen bestimmte Länder die einem politisch nicht passen.

  • SD
    Stimme der Demokratie

    Sicher sollte man noch darauf hinweisen, dass der friedliche Antisemitismus nichts mit dem faschistischen, eliminatorischen Antisemitismus zu tun hat. Genausowenig wie die Ball werfende Hand beim Tennis-Aufschlag. Die hand wirft ja nur den Ball, der Schläger schlägt ihn. Damit hat aber die Hand nichts zu tun.

  • Das ist ja schon nachgerade peinlich.

    Ein Schwein mit einem Davidstern darauf, das mag sicher eine fragwürdige Sache sein, da könnte man Proteste verstehen.

    Aber eines mit Kreuz, Halbmond und eben auch dem Davidstern?

    Derartig lächerliche Vorwürfe sind Wasser auf die Mühlen tatsächlicher Antisemiten.

     

    Aber offensichtlich ist es so, dass es nur ein paar Hassprediger sind, die da verbal Amok laufen, und die damit keineswegs "die Juden" vertreten.

     

    Schaut man sich den Artikel beim Algemeiner an, sieht man in den Kommentaren viele empörte Juden, die sich darüber ärgern, dass die anderen religiösen Symbole auf dem Schwein vorsätzlich ignoriert wurden - hin bis zu einem der ankündigt, seine jährlichen Hunderttausend-Dollar-Zuwendungen an jüdische Gesellschaften wegen dieser Aktion einzustellen.

  • M
    Marc2013

    "BDS ruft dazu auf Produkte aus den Siedlungsgebieten zu boykottieren". Ziemlich niedliche Beschreibung dessen was BDS tut: Westliche Künstler und Intellektuelle von Konzerten und Vorträgen in Israel abzubringen. BDS ist auch gegen jede Verhandlungen zwischen Palästina und Israel, auch gegen die Kooperation von palästinensischen Gewerkschaften mit solchen in Israel. BDS vernichtet (wenn sie kann) jede Kooperation als Grundlage einer möglichen Zukunft, BDS schafft auch fast überhaupt keine wirtschaftlichen Schäden (die jüdische Wirtschaftskraft im Westjordanland ist nicht groß), sehr erfolgreich vergiftet BDS aber die europäische Öffentlichkeit. Es ist wieder normal jüdische Geschäfte zu boykottieren? Diesmal aber aus "linken" Gründen? Mir wird schlecht.