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Debatte RusslanddeutscheDeutscher als die Deutschen?

Kommentar von Merle Hilbk

Die meisten Zuwanderer sind heute Russlanddeutsche, aber sie sind fast unsichtbar. Auch wenn eine neue Studie anderes sagt: Ihre Integration ist längst nicht gelungen.

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8 Kommentare

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  • VK
    Viktor K

    Sehr geehrter DanielD,

     

    Lieber Daniel,

     

    wieso lamentieren, ich muss sagen, diese ganze Geschichte mit "wie man sich selbst bezeichnet und wie die anderen mich sehen" ist mir schleierhaft. Betrachten Sie sich doch als "Bunddesbürger russlanddeutscher Herkunft" oder einfach als Russlanddeutscher, was Sie eben auch sind. Woran liegt dann das Problem?

     

    Und unsere Vergangenheit gibt uns viel, sehr viel Stoff zur Selbstachtung, zum Stolz auf Taten unserer Eltern und Großeltern, zur positiven Identität und zum Zukunftsoptimismus. Denken Sie nur an das, was unsere Vorfahren durch Enteignungen, Deportationen, Verfolgungen, Zwangsarbeitslager und Nachkriegsdiskriminierungen in der Sowjetunion durchmachen mussten, und trotzdem haben sie sich nicht unterkriegen lassen, haben ihre Kinder gerettet und im Alltagsleben weitergekämpft. Denken Sie nur an viele einfache Frauen und Männer, die dem kommunistischen System Widerstand geleistete haben - und dann werden Ihnen die heutigen Problemchen in ganz anderem Licht erscheinen.

     

    Im Verhalten Ihnen gegenüber spielt ein nicht immer reflektierter Neidfaktor eine gewisse Rolle, u.a. auch wegen der ganz anders gelagerten historischen – im scharfen Kontrast zu den meisten Bundesbürger – Erfahrungen der Russlanddeutschen als Opfer stalinistischer Gewaltherrschaft. Deshalb rate ich, auf diverse Anspielungen etc. mit Mitleid, Nachsicht und Verständnis zu reagieren. Im Härtefall eines „Russenfressers“ empfiehlt sich allerdings, dieser Sachverhalt mal energisch, aber korrekt zu thematisieren.

     

    Über den historischen Werdegang der russlanddeutschen Minderheit, über ihre Opfererfahrungen und über die Formen des Protest und des Widerstandes in dem sowjetischen Unrechtsstaat können Sie sich u.a. hier unterrichten:

     

    http://www.viktor-krieger.de/html/vita__publikationen.html

     

    http://www.viktor-krieger.de/html/publizistik_deutsch.html

     

    Wünsche Ihnen mehr Optimismus und Lebensfreude

  • D
    DanielD

    Ich habe aufgegeben mich zu integrieren. Ich habe hier die Schule beendet, habe eine Ausbildung gemacht, war 4 Jahre bei der Bundeswehr (Stabsunteroffizier)und habe an einem Auslandseinsatz teilgenommen. Nach der Bundeswehrzeit hab ich Fachabitur gemacht stehe kurz vor dem Abschluss in einem Ingenieurberuf. Zuerst hab ich wirklich versucht mich zu integrieren, nur ist das nicht einfach. Deutsche wissen nicht Genug von uns die sehen einen als Russen an. Da waren wir aber Deutsche. Mein Vater hat sich ständig wegen Beschimpfungen wie Faschist geschlagen. Sogar ich hab mir das noch anhören müssen aber selten. Was meine Großeltern erlebt haben will ich lieber gar nicht erwähnen. Sogar jetzt wird man ab und zu im Internet zum Faschisten gemacht, fals dem Opponenten die Argumente ausgehen. Hier bin ich aber ein Russe und kriege auch drauf. Ich bin sogar aufgestiegen, ich bin mittlerweile kein Russe mehr, Deutscher aber auch nicht.

    Nur wenn ich mit Russen aus Russland rede, behaupte ich Deutscher zu sein was für die normal ist. Das sogar mit Stolz! Mit den Deutschen versuch ich das lieber gar nicht, schon zu oft das Grinsen gesehen.

    Es ist einfacher zu behaupten man ist ein Russe, so ist sofort alles da wo es alle haben wollen.

    Habe sogar mal versucht einheimische Mädels zuerst den Russlanddeutschen vorzuziehen. Diese Vorsicht und der Abstand den man mir entgegengebracht hat, hat mich auf Russlanddeutsche umschalten lassen. Das ist natürlich auch die Frage der Charme wichtig, ich war sicher nicht charmant genug.:-)) So ist es einfacher unkomplizierter und man kocht in der selben Suppe, hat die selben Probleme und muss sich nie Abwertungen anhören.

    Ich kenne niemanden im meiner Verwandschaft oder Bekanntenkreis der hier auch nur im Ansatz etwas mit der Polizei zu tun hatte. Schlimmer viele Studieren oder haben Gesellenbriefe, manche sogar eigene Firmen.

    An den Fachhochschulen und Unis sind viele Russlanddeutsche, sogar viele wo man einfach nicht denkt es sind welche.

    Wenn ich über Russlanddeutsche etwas lese ist es immer negativ. Wie über Russland auch. Auch wenn man ja sagt man ist Russe, um der Umgebung das Grinsen zu erparen, hat man auch nicht gewonnen, denn die Medien in Deutschland sind Russland gegenüber auch sehr "objektiv" eingestellt. Manchmal kommt mir die Berichterstattung der Hetze gleich!

    In diesem Jahr sind zwei Russlanddeutsche in den Auslandseinsätzen gefallen, das weiß keiner, für Deutschland sterben ist in Ordnung. Wenn aber mal ein Strolch was verbockt hat, muss man unbedingt schreiben "Russlanddeutscher". Klar die Deutschen machen das nicht!

    Dann die Häuser die die "Russen" bauen, bedient euch geht zur Bank. Die "Russen" sind da meisten besser gestellt wegen den Kindern, die oft nicht wenige sind. Ist denn das deren Schuld? Oder eher Segen für Deutschland! Die helfen sich gegenseitig beim Bauen, das spart Geld.

    Wenn die Deutschen doch wüssten wer bei denen putzt. Nicht jeder hat gewonnen mit dem Umzug nach Deutschland, viele haben den Status verloren, nichts anerkannt bekommen.

    Mein Vater hat nach dem Umzug 12 Jahre auf dem Bau geackert weil man ihm seine Ausbildung nicht anerkannt hat er aber die Kinder durchfüttern musste. Ja das hat er dann nachgeholt mit 50 Jahren war er der Jahrgangsbester in ganz Niedersachsen. Das waren die Fähigkeit aus Kasachstan die er nur 3 Monate auffrischen musste, nach 12 Jahren Arbeit die gar nicht seinem Fach entsprach. Aber uns will man hier für blöd verkaufen. Er wusste er bekommt kein Job weil zu alt, für ihn war das Genugtum, weil er sehen konnte er kann es und viel besser als hier sogar verlangt.

    Russlanddeutsche saufen viel! Na ja die Hälfte meiner Verwandschaft sind Babtisten und egal was für eine Feier, die sind immer trocken.

    Ich bin kein Babtist eher einem Atheisten geleich zu stellen, obwohl auch ich weiß, da muss doch was geben. Ich habe nie Vodka getrunken! Warum? Weil ich gegen die Regel bin und gegen das Klischee? Aus Überzeugung!

    Wenn das mal einer erfährt dann ist der Bär los. Da wird debattiert was für ein schlechter Russe ich denn sei und das alles ist doch sehr abnormal.

    Übrigens die meisten Debatten dieser Art höre ich von nicht "Russen".

     

    Wenn ich über die Integrationsunwilligkeit der anderen Gruppen in Deutschland lese, sehe, stell ich mir vor wie schwer das für die sein soll. Für mich ist das schwer, obwohl ein deutscher Name, Vorname und hell und auch noch aus dem kulturell christlichen Raum. Wie soll sich hier ein Türke integrieren, der ja mit einem Deutschen noch weniger Gemeinsamkeit hat?

     

    Nicht nur die Deutschen müssen integration einfordern, sondern auch bereit sein jemanden auch wirklich integriert zu sehen, ohne dabei vollständige Assimilation zu fordern. Darauf würde nie einer eingehen auch ein Deutscher nicht.

     

    Wie soll man das in Deutschland begreifen, wenn sogar die Ost-West-Trennung immer noch in den Köpfen ist. Der Wessi hier, der Ossi da und am liebesten die Mauer hochmauern.

    Warum soll ein Russlanddeutscher der 200 Jahre Trennung erfahren musste es besser haben, als die Deutschen die grad mal 50 Jahre getrennt waren.

    Liegt wohl auch in der Mentalität der Masse und daran, dass man aus Russland kommt, nicht aus Amerika. Das würde man besser verkraften können.

     

    MfG Daniel!

  • R
    Russlanddeutscher

    Ich hoffe nicht falsch verstanden zu werden.

     

    Aber als ich im Alter von 13 Jahren nach Deutschland kam, dann hat die ganze Klasse gelacht als ich sagte, dass ich ein Deutscher bin.

     

    Die meisten wissen gar nicht, dass in der UdSSR zwischen Nationalität und Staatsangehörigkeit unterschieden wurde. Z.B. Nationalität: deutsch (es gab auch jüdisch) und Staatsangehörigkeit: sowjetisch. Dies wurde natürlich auch in allen behördlichen Dokumenten so geführt.

     

    Natürlich habe ich als Kind weniger von den Diskriminierungen in Russland erfahren, aber ich bin stolz auf meine Eltern und zwar stolz aus dem Grund, weil sie immer durch ihr VERHALTEN (Arbeit, sozialer Umfeld usw) bewiesen haben, dass sie Deutsche ABER keine Faschisten sind.

     

    Und das alles ohne zu verbittern oder in Selbstmitleid zu versinken.

     

    Wenn sie meinen, dass es leicht war, dann haben sie in Geschichte nicht aufgepasst. 20.000.000 Tote auf der Seite der UdSSR. D.h. deine Schulkameraden, Mitarbeiter, Mitstudierende - jeder hat Opfer in der eigenen Familie zu beklagen. (Danke an die Sowjetbürger, dass sie meine Großeltern nicht an dem nächsten Baum gehängt haben)

     

    und in Deutschland wird mir jetzt alles vorgehalten was man über Russland irgendwo gehört hat.

    Wenn ich erzähle, dass ich ein Deutscher bin,mich aber keineswegs für Russland schäme, dann werde ich ausgegrenzt und als Kanisterkopf oder Schäferhunddeutscher beschimpft.

     

    Das relativ positive Bild der Deutschen in Russland ist nicht zuletzt auf die Russlanddeutschen zurückzuführen.

     

    Stellen sie sich vor welche Nerven und Standhaftigkeit muss man haben um nach den ganzen Beleidigungen und Vorwürfen

     

    - ihr verkauft eure Frauen

    - wusste gar nicht, dass die Wehrmacht dort so viele geschwängert hat

    - ihr Russen ihr seit doch alle bei der Mafia

    - Wie hat es deiner Großmutter mit einem deutschen Schäferhund gefallen

     

    sich dann immer noch als Deutsch zu bezeichnen. Ich mache das. Manche geben auf.

     

    Jedoch wenn ich das mache, dann ziehe ich nach Russland und mache das was meine Großeltern nicht einmal nach dem Krieg gemacht haben - ich ziehe zurück nach Russland und ändere meinen Nachnamen und werde die deutsche Abstammung vor meinen Kindern geheim halten.

     

    Die sollen das nicht noch einmal erleben. Weder in Russland noch in Deutschland.

  • VK
    Viktor K.

    Liebe TAZ-Redaktion,

    wäre nicht längst an der Zeit, mal das Wort einem russlanddeutschen Bundesbürger zu geben, damit wir nicht immer über, sondern mit den Betroffenen diskutieren, und vor allem dass Russlanddeutsche selbst ihre Meinung äußern würden? Falls Sie Schwierigkeiten bei der Auswahl der betr. Personalien haben, kann ich bei Bedarf Dutzende Namen von studierten und sogar promovierten Fachleuten aus ihrer Mitte in Bereichen Politikwissenschaft, Geschichte, Medien, Soziologie etc. nennen. Das wäre m.E. ein längst überfällige Zeichen der so gepriesenen Offenheit und Toleranz.

     

    Die Autorin des Beitrags versucht neu Akzente zu setzen, aber die Argumentation verläuft noch in alten Bahnen, neuer Wein in alte Schläuche. Es fehlt die historische Dimension, und auf die wichtigste Frage -wieso sind sie überhaupt nach Deutschland gekommen und warum wurde ihnen sogleich die Staatsangehörigkeit verliehen - bekommen wir wieder alte Hüte. Eine Ursache-und-Wirkung Analyse findet nicht statt.

     

    Man soll doch ab und zu Gedanken machen, wieso gerade vor dem 1. Weltkrieg keine Migration der Russlanddeutschen ins Deutsche Reich gab und warum Zehntausende deutsche Kolonisten als russische Soldaten im Ersten Weltkrieg gegen Deutschland und seine Verbündete kämpften. In fast jedem Familienalbum wird man auf den uniformierten Großvater als russischer Soldat stoßen, oft mit militärischen Auszeichnungen. Vor 1917 käme niemand auf die Idee, aufgrund eigener deutscher Wurzeln in das Land der Vorfahren zu ziehen und auf dem "Deutschtum" zu pochen.

     

    Und wieso ist es nach dem 2. Weltkrieg soweit gekommen? Weil sie in der Sowjetunion während und und nach dem Krieg als Deutsche stigmatisiert, verfolgt und unterdrückt wurden. Egal, ob man schon jahrhundertelang in den Städten lebte, orthodox getauft war und kein einziges Wort Deutsch konnte - der Familienname hat sie verraten. Oder seit mehreren Generationen auf dem Lande als treue und pflichtbewusste Untertanen/Staatsbürger in der Landwirtschaft und im Handwerk tätig war.

     

    Die Betroffenen wollten endlich als "Gleiche unter den Gleichen" leben und eine erträgliche Lebensperspektive haben, und diese Gleichberechtigung wurde nämlich in der Sowjetunion ihren Bürgern deutscher Herkunft hartnäckig verweigert. Deshalb bekommen sie nun in Deutschland eine gewisse Wiedergutmachung, eine Art Lastenausgleich für die erlittenen Verluste, weil die Deportationen, Enteignungen, strafrechtliche Verurteilungen, Einsatz im Zwangsarbeitslager, Sondersiedlungen nach dem Kriegsende usw. erst durch den von dem NS-Deutschland entfesselten Weltkrieg in den osteuropäischen Staaten und in der UdSSR zum Anlass genommen wurde, ihre eigenen Bürger deutscher Herkunft zu verfolgen und bis in die 1980er Jahre massiv zu diskriminieren. Sie mussten für die tatsächlichen oder erfundenen Untaten des Hitlerregimes lange Zeit büßen und haften.

     

    Die ungesünten stalinistischen Verbrechen und jahrzehntelange Diskriminierung hat aus den heimat- und landverbundenen Wolgadeutschen (und anderen Gruppen der Russlanddeutschen) die potentiellen "Deutschlanddeutschen" gemacht. Die meisten Vertreter dieser leidgeprüften Minderheit waren schließlich nicht mehr bereit, ihren minderen Status widerspruchslos hinzunehmen und entschlossen sich, in Deutschland einen Neuanfang zu wagen. Das Gros dieser Neubürger ist inzwischen zu einem integralen Teil der deutschen Gesellschaft geworden. Dies lässt sich vor allem am Verhalten der zweiten und der folgenden Generationen der einstigen Rückwanderer beobachten: sie haben einerseits die rechtsstaatlichen Grundwerte der Aufnahmegesellschaft verinnerlicht und andererseits den Freiheitsdrang und die Selbstachtung ihrer Eltern und Großeltern bewahrt.

     

    Deshalb kann ich über die Feststellung der Verfasserin: "gut integriert, so trifft das ... und für ihre Kinder noch weniger" nur Kopf schüttteln - ich habe noch keinen einzigen hier in der russlanddeutschen Familie geborenen Menschen getroffen, der sich in auffälliger Weise von seinen Altersgenossen unterscheidet. Für diesbezügliche Hinweise wäre ich dankbar.

     

    Wenn schon über die Russencliquen die Rede ist, dann handelt es sich vornehmlich über die Halbwüchsige, die in der Pubertätszeit, meistens im Alter zwischen 11 und 19 nach Deutschland kamen und hier Anschlussprobleme an das jugendliche Milieu haben.

     

    Selbstverständlich darf auch der sorgenvolle Hinweis auf die "Deutschtümmelei" der "rechtslastigen" Landsmannschaft der Deutschen aus Russland nicht fehlen. Meine Kinder würden sagen: wie fies! Seit drei jahren lese ich regelmäßig die Verbandszeitung "Volk auf dem Weg", publiziere dort ab und zu neue Erkenntnisse aus den russischen Archiven zur geschichtlichen Vorgängen, bin in regulären Gesprächen mit den dortigen Entscheidungsträgern und habe bislang die Aussagen und Stellungnahmen zur "Wiedergutmachung für die Opfer des Holocaust, Scham und Depression" und dergleichen nicht vorgefunden. Für entspr. Hinweise wäre ich dankbar.

     

    Wir müssen uns langsam von der Betreuungsmentalität verabschieden, von der Sicht der Eingewanderten im allgemeinen und der Russlanddeutschen im besonderen als unmündige Wesen. Man soll in allen Menschen gleich welcher Herkunft in erster Linie sebstbeweusste, -ständige und selbstverantwortliche Menschen sehen. Und sie dazu ermuntern.

  • UP
    Ute Plass

    Freue mich, dass die Autorin dieses Artikels daran erinnert, dass sog. ZuwanderInnen in erster Linie Menschen sind und zwar Menschen mit einer jeweils individuellen Geschichte.

     

    Bedanke mich bei Merle Hilbk für ihre sehr differenzierte und sensible Sichtweise auf das, was hier landläufig und oberflächlich unter "Integration" diskutiert wird.

  • CR
    christine rölke-sommer

    Sehr erfreulich, dieser Kommentar!

    Vielleicht eröffnet er ja eine etwas andere Debatte über „Integration“, und das gleich in mehrfacher Hinsicht. Eine Hinsicht besteht in der Erkenntnis, dass die Hinzugekommenen – seien es die Deutschen, deren Vorfahren in ein Russland mit Zar ausgewandert waren, seien es die Bauern aus Anatolien, seien es noch ganz andere – immer eine eigene Geschichte mitbringen, in der auch, wenn auch nicht ausschließlich, die Motive für ihre Migration liegen. Die andere Hinsicht besteht darin, endlich die Fragestellung umzukehren, was bedeutet: nicht mehr so zu tun, als seien Migranten defizitäre Wesen, die auf einen hiesigen Stand gehoben werden müssen (und das auch noch Jahrzehnte nach ihrem Eintreffen bei uns), sondern zu fragen, was sie hier wollen und was sie dazu von dem, was es bei uns so gibt, brauchen können. Letzteres beinhaltet dann auch mal die Feststellung, dass wir nicht schon alles haben, was gebraucht wird und deshalb Mittel und Wege finden müssen, das Gebrauchte herzustellen. Dies kann bedeuten, Gesetze flexibler zu gestalten (beispielsweise bei der Anerkennung fremdländischer Schul- und Ausbildungszeugnisse), dies kann bedeuten, Sprachunterricht den wechselnden Erfordernissen anzupassen, dies kann bedeuten, unseren Bildungsbegriff unter die Lupe zu nehmen und unsere symbolische Ordnung auch.

    Und es bedeutet auf jeden Fall, dass mit dem exkludierenden Gerede über die „Parallelgesellschaften“ Schluss sein muss!

    Das, wenn es denn gelänge, wäre ein erfreuliches Resultat dieser jüngsten Studie, die ansonsten zumindest von der hohen Politik aus gutem Grund nicht weiter diskutiert wurde…

  • WS
    Walter Sohn

    Sehr guter Beitrag, sehr notwendiger Beitrag, weil die Rußlanddeutschen in der Integrationsdebatte viel, viel zu kurz kommen. Auch deshalb ein guter Beitrag, weil er nicht nur eine Bestandsaufnahme liefert, sondern auch Vorschläge unterbreitet, was zu tun ist, um die Situation dieser Zuwanderer-Gruppe zu verbessern. Kleiner sprachlicher Hinweis: Im vorletzten Absatz kommt das Wort „karikativ” vor, es mußaber heißen: „karitativ”.

    Vielen Dank und Gruß an Frau Merle Hilbk.

  • L
    Ludwig

    Guter Artikel,Frau Hilbk. Und mutig, dieser Studie die Realität entgegenzustellen: Parallelgesellschaften. Wen man so tut, als gäbe es dies alles alles nicht, ändert sich nichts.