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Aus für Harald-Schmidt-ShowKritikerliebling außer Dienst

Sommerpause ohne Wiederkehr: Die Harald-Schmidt-Show wird nach 17 Jahren eingestellt. Vermissen wird sie kaum jemand. Denn das Format blieb immer gleich.

Showmasters never die, they just fade away. Bild: dapd

Kurze Rückblende für jüngere Leser: „Das Ein-Mann-Leitmedium“ titelte die taz zum 50. Geburtstag des damaligen Kritikerlieblings Harald Schmidt im August 2007 und würdigte, wie viele andere Blätter zu diesem Anlass auch, seine Verdienste um die deutsche Fernsehunterhaltung, seinen anarchischen Witz, seine Vielseitigkeit. „Schmidt braucht das Fernsehen nicht mehr“, schrieb die taz, „aber das Fernsehen braucht ihn.“

Knapp fünf Jahre später stellt Sat.1 die „Harald Schmidt Show“ ein. Schmidts spontane Reaktion: „Schade.“ Die spontane Reaktion in den Redaktionen: Wird auch Zeit. Oder: Ach, die gibt‘s noch? Noch bis zum 3. Mai.

Danach verabschiedet sich die „Harald Schmidt Show“ nach insgesamt 17 Jahren bei Sat.1, im Ersten und seit September 2011 wieder bei Sat.1 in eine Sommerpause ohne Wiederkehr. Vermissen wird sie kaum jemand – wie sie ja auch schon jetzt, während sie noch läuft, kaum einer vermisst.

Zuletzt schalteten im Schnitt nur noch 680.000 Zuschauer pro Sendung ein (voriges Jahr waren es noch 100.000 mehr) – zu wenig für Sat.1, wo Harald Schmidt ab Mitte der Neunziger mit tabulosen Pointen seinen Ruf als „Dirty Harry“ begründete. Später begeisterte er sein Bildungsbürgerpublikum, indem er mit Playmobilmännchen Franz Beckenbauers Leben nachspielte oder auch mal 20 Minuten im Dunkeln sendete.

Das Show-Aus ist nicht der erste Misserfolg 2012: Erst im Januar musste der ausgebildete Schauspieler und Organist Schmidt, bald 55, den Auftakt seiner Tournee mit dem Mozart-Singspiel „Der Schauspieldirektor“ mangels Zuschauern absagen.

Wer in den letzten Wochen doch mal seine Show einschaltete, konnte sich davon überzeugen, dass Schmidt ganz der Alte ist, bissig und ausgestellt selbstherrlich wie immer. Eine Weiterentwicklung des Formats indes war nicht zu erkennen.

Anders als seine Show, die nun höchstens noch ins Erste zurückkehren könnte, um dort den Talkshowwahnsinn zu beenden, wird Harald Schmidt zweifellos bald wieder im Fernsehen auftauchen – sei es auch nur auf dem ZDF-„Traumschiff.“ Und vielleicht werden wir ihn bis dahin ja sogar vermisst haben, zumindest ein bisschen.

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16 Kommentare

 / 
  • AJ
    Andreas J

    Ich habe das Gefühl, dass sich viele Harald Schmitt-Fans als die intellektuelle Elite unter den Fernsehzuschauern sehen. Wie peinlich!

  • A
    anke

    Wer ist "wir", Herr Denk? Sind es die Jungs, denen angesichts beinahe jeder öffentlich ausgestellten Selbstherrlichkeit einer abgeht? Oder den Frauen, die diesen Typen gefallen wollen? Oder diejenigen beiderlei Geschlechts, die vorsichtshalber immer lachen, wenn einer lacht, der behauptet, er hätte was zu sagen? Ach die sind "wir"! Sagen Sie das doch gleich, Herr Denk! Na, dann ist es ja gut. Dann ist die Quote ja gesichert! Und Dirty Harry kann endlich strahlend zurückkehren in den Schoß derer, die er angeblich noch nie gebraucht hat, weil der Starke ja doch am mutigsten allein ist.

  • RW
    Richard Wolf

    680.000 Zuschauer, die letzte Bastion von Intelligenz in diesem Land! Aber so ist das ja überall. Am Ende kommen immer die Idioten, und sie bleiben und sie geben den Ton an!

  • A
    abby_thur

    Wie hiess es bei "Hurz" so schön: mir fehlt da wohl der intelektuelle Zugang dafür.

     

    Die meisten Zuschauer wollen halt nur noch Müll fressen, weil sie jahrelang Müllvorgesetzt bekommen haben. Die wissen mit kulinarischen Köstlichkeiten wie der Harald-schmidt-Show einfach nichts anzufangen.

  • I
    Ika

    Ein weiterer Schlag gegen das Bildungsbürgertum seitens der sog. Hartz IV-TV-Mafia.

  • B
    bluemilla

    Ich hab ihn immer noch ganz gern gesehen.

    Schade.

  • P
    Pit

    Eine Weiterentwicklung des Formats? Warum und vor allem wie? Auch möglichst hektische Kamerafahrten, Regisseure unter Drogen, die die Knöpfchen schneller drücken, als ihre Kameraleute scharfstellen? Permanente Schnitte ins dauerklatschende Publikum? Nein danke!

     

    Die Harald-Schmidt-Show hätte gute Chancen ein Klassiker zu werden, vor allem durch einen offenbar unverbrauchbaren Harald Schmidt. Ich hätte ihm die Kontinuität eines David Letterman gewünscht, nachdem er schon dessen Kulisse 'übernommen' hatte. Was hat sich eigentlich bei Letterman 'weiterentwickelt', sodass der schon 30 Jahre durchhält? Eben. Merke: Weiterentwicklung hat nicht zwangsläufig etwas mit Verbesserung zu tun. Eine Weißwurst ist auch umso besser, je älter ihr Rezept ist ... Hauptsache die Zutaten sind frisch und sie wird frisch serviert. Da muss auch nichts mehr entwickelt werden.

  • T
    themanwhostolehisownhorsetwice

    > Vermissen wird sie kaum jemand. Denn das Format blieb immer gleich. <

     

    Falsch! Gäbe es auf 50 Minuten Sendezeit keine 4 Werbeblöcke und würde die Sendung auf einem der "Öffentlich Rechtlichen" laufen - gerne jeden Abend! Aber Harald wusste bestimmt, was er tat?!

     

    $AT1

  • KJ
    Kaum Jemand

    schade :(

  • DA
    Danke, Anke

    Tja, die geniale Anke Engelke durfte die Late Night Show nur wenige Wochen machen, dabei war sie viel besser als der olle Harald Schmidt.

     

    Sie hätte das Format vielleicht retten können, aber während der schnarchige Schmidt sich noch jahrelang trotz schlechter Einschlatquote ausmähren durfte, hatten die Herren Programmverantwortlichen Frau Engelke sofort abgesetzt, - angeblich wegen der Quote.

     

    An der Qualität kann es nicht gelegen haben.

  • WN
    Was noch

    Herr Denk, bedenken Sie, das Niveau eines Herrn Schmnidt werden Sie nie erreichen. Nicht einmal in der Keirik - mit den beschmutzen Hosenbeinen, wie Sie wissen. Sonst les ich Sie bisweilen gerne.

  • D
    Doppelmoral

    Schon interessant, dass Kritiker die zynischen Witze von Harald Schmidt immer als "große Kunst" gefeiert haben und dieselben Witze, wenn sie z.B. vom Moderatoren-Team im RTL-Dschungelcamp abgefeuert weden, als "pfui", "nievaulos" und "Untergang des Abendlandes" bejammern.

     

    Das ist auch keineswegs übertrieben und wenn man weiß, dass die Gag-Schreiber von Harald Schmidt dieselben waren, welche die Texte fürs RTL-Dschungelcamp geschrieben haben, auch belegbar.

     

    Also liebe Kritiker: Warum sind exakt dieselben Witze auf SAT1 ganz große Kunst und auf RTL angeblich total niveaulos und pfui?

     

    Die Frage sollte sich insbesondere die Moralapostel von der taz mal stellen, die z.B. über Schmidt immer wieder gerne berichtet haben, aber das diesjährige Dschungelcamp in der taz im vorauseilenden Gehorsam mit Selbstzensur belegt haben und niemand darüber ein Wort in der taz berichten durfte. Mal abgesehen, dass diese Totalzensur völlig danben ist (zur Erinnerung: wen einem ein Thema nicht gefällt, ist man nicht gezwungen es zu lesen), ist das auch eine ganz scheinheilige Doppelmoral von euch.

  • B
    bubu

    Ich werde ihn vermissen. Ich habe die Sendung nie im TV gesehen, sondern immer als Stream im Netz, und fand sie gerade in den letzten Wochen außerordentlich gut. Es kommt auch nicht auf das Format an, sondern auf die Inhalte, und da sehe ich neben Harald Schmidt niemanden, der ihm das Wasser reichen kann. Die "Heute Show" wird nicht annähernd solch eine Laufzeit haben wie die "Harald Schmidt Show", auch wenn das Format innovativer, "besser" sein mag - aber hier wiederholen sich jetzt schon die Inhalte.

  • JS
    Jan Sobiesky

    Übrigens - ausser ein paar geistig minderbemittelte Kostgänger des Steuerzahlers (Schwulenreferenten, Lehrer, Gleichstellungsbeuaftragte), wird die TAZ auch niemand vermissen wenn Sie endlich den verdienten Weg alles irdischen geht.

    Ups - Nazialarm. Schnell die klopsige Bundesempörungsbeauftragte C. Ayshe Roth anschreiben.

  • U
    ullrik

    Seit er wieder bei sat1 ist, ist die Show wieder sehr viel besser geworden. In den letzen Wochen waren einige sehr sehr gute Sendungen dabei.

    Ich werde die tatsächlich vermissen.

  • R
    reblek

    "wo Harald Schmidt ab Mitte der Neunziger mit tabulosen Pointen seinen Ruf als 'Dirty Harry' begründete." - Haben wir gelacht: Ein "Witz" gegen Minderheiten nach dem anderen. Billig!