Flüchtlingspolitik in Europa: Stresstest für europäische Grenzen
Frontex will die EU-Außengrenzen nach dem Vorbild des Banken-Stresstests der EZB überprüfen. Immer weniger Flüchtlinge erreichen die EU und Deutschland.
Vorbild für die Überprüfung der Grenzen sind dem Bericht zufolge jene Banken-Stresstests, die die Europäische Zentralbank (EZB) seit der Finanzkrise vornimmt. Bei der Frontex-Schwachstellenanalyse könnten verschiedene Szenarien an den See-, Land- und Luftgrenzen durchgespielt werden. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums bestätigte der Zeitung die geplante Analyse.
Die Schwachstellenanalyse ist laut Welt am Sonntag Teil einer neuen Frontex-Verordnung, die in wenigen Wochen in Kraft treten soll. Sie sehe zudem vor, dass die EU-Staaten künftig 1500 Beamte bereitstellen müssen, die innerhalb weniger Tage durch Frontex eingesetzt werden können. Frontex-Chef Leggeri setzt sich neben einem besseren Grenzschutz dafür ein, mehr legale Wege nach Europa zu schaffen, um damit den Druck auf die Außengrenze zu reduzieren.
Aktuell kommen die meisten Migranten über den Seeweg nach Europa. Wie die Internationale Organisation für Migration (IOM) auf Anfrage der WamS mitteilte, wurden in diesem Jahr in Griechenland bislang rund 162.000 und in Italien 105.000 Migranten gezählt.
Die Zahl der Flüchtlinge in der Ägäis ist nach dem Schließen der Balkanroute und dem Start des EU-Türkei-Abkommens allerdings deutlich zurückgegangen. Der IOM beobachtet dabei verstärkt, dass Migranten aus Ägypten kommen. Die Zahl im ersten Halbjahr 2016 verdoppelte sich bereits im Vergleich zur Gesamtzahl 2015.
Flüchtlingszahlen in Deutschland
Auch in Deutschland sinken die Flüchtlingszahlen. Der Chef des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, Frank-Jürgen Weise, rechnet mit maximal 300.000 Flüchtlingen in diesem Jahr. „Wir stellen uns auf 250.000 bis 300.000 Flüchtlinge in diesem Jahr ein, darauf richten wir unsere Kapazitäten aus“, sagte Weise der Bild am Sonntag. Bis zu dieser Zahl könne seine Behörde einen optimalen Ablauf garantieren. „Wenn mehr Menschen kommen, kommen wir unter Druck.“ Davon sei aber nicht auszugehen: „Es werden dieses Jahr eher noch etwas weniger als 300.000 Menschen kommen.“
Im vergangenen Jahr habe Deutschland zudem weniger Flüchtlinge aufgenommen als gedacht, fügte Weise hinzu. Grund seien Doppelregistrierungen und Weiterreisen. Weise: „Die exakte Zahl werden wir demnächst vorstellen. Sicher ist aber, dass im letzten Jahr weniger als eine Million Menschen nach Deutschland gekommen sind.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Demokratieförderung nach Ende der Ampel
Die Lage ist dramatisch