Meinungsfreiheit in Vietnam: Fünf Jahre Haft für Blogger
Der Blogger Nguyen Huu Vinh wurde zu einer Haftstrafe verurteilt. Während des Prozesses, gab es vor dem Gerichtsgebäude in Hanoi Proteste.
Das Volksgericht der Stadt Hanoi befand die beiden des „Missbrauchs demokratischer Freiheiten“ nach Artikel 258 des vietnamesischen Strafgesetzbuches für schuldig. Dies kann mit bis zu sieben Jahren Haft geahndet werden und wird von den Behörden immer wieder benutzt, um regierungskritische Blogger mundtot zu machen.
„Das ist ein hartes Urteil,“ kommentierte Vu Quoc Dung, Geschäftsführer der Deutschen Sektion der Menschenrechtsorganisation Veto! Human Rights Defenders‘ Network. „Es zeigt, das Vietnam ein Feind der Presse-und Meinungsfreiheit bleibt.“
Vinh und seiner Mitarbeiterin wurden 24 Artikel in zwei „illegalen“ Blogs vorgeworfen. Sie erklärten sich für unschuldig, auch seien die Beiträge gar nicht von ihnen.
Entlastungszeugin nicht zugelassen
Doch das Gericht interessierte das nicht. Eine Entlastungszeugin, die erklärte, zwei der Artikel stammten von ihr, wurde nicht zugelassen. Vielmehr zog das Gericht das Verfahren innerhalb nur weniger Stunden durch. „Die Beweislage war sehr dünn und löchrig,“ sagt Dung.
Zur Unterstützung der Angeklagten hatten sich vor dem weiträumig abgesperrten Gerichtsgebäude in Hanoi rund einhundert Demonstranten versammelt. „Das ist sehr ungewöhnlich,“ meint Dung. Die Anwesenheit vieler Intellektueller und Bürgerrechtler zeige das Ansehen von Vinh und die Beliebtheit der von ihm betriebenen Blogs.
Die Polizei ließ den Protest zunächst gewähren. Doch später löste sie die Kundgebung auf und nahm zwei Personen vorübergehend fest.
Anträge auf Prozessbeobachtung der deutschen Botschaft wie des CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Patzelt waren nach dessen Aussage abgelehnt worden. Immerhin hatten je ein Beobachter der USA, Australiens, Kanadas und der EU Zugang zum Gerichtssaal.
Patzelt gehört dem Bundestagsausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe an und war früher Bürgermeister von Frankfurt/Oder. Er ist im Rahmen eines Bundestagsprogramms für Bürgerrechtler in aller Welt Vinhs Pate und reiste eigens für dessen Prozess nach Hanoi.
Der taz erklärte Patzelt telefonisch, dass er schon vor zwei Monaten die Prozessbeobachtung beantragt hatte und bis zum Vorabend des Prozesses trotz wiederholter Nachfragen immer wieder hingehalten worden sei: „Die Ablehnung wurde dann mit Platzmangel begründet, dabei waren im Gerichtssaal laut EU-Vertreter noch Plätze frei.“
Vietnam ist nicht die DDR
Patzelt blieb dann an der Polizeiabsperrung bei den Demonstranten. „Ich bewundere den Mut dieser Leute, sie scheuen kein Risiko,“ berichtete er. Doch wunderte er sich nicht nur über deren große Zivilcourage, sondern auch, dass die autoritär herrschende KP doch relativ viel zulasse. „Das hätte es in der DDR nicht gegeben,“ so Patzelt.
Das Verfahren nannte der Abgeordnete „manipuliert“ und „nicht rechtsstaatlich“: „Den Vorwurf des ‚Missbrauchs demokratischer Freiheiten‘ konnte mir kein offizieller Gesprächspartner definieren.“ Diese hätten vielmehr stets betont, es ginge um die Einhaltung der Gesetze. Doch niemand thematisiere, dass die Gesetze problematisch seien, so Patzelt.
Medien werden in Vietnam von der KP kontrolliert und zensiert. Immer wieder werden Blogger verhaftet, wenn sie Kritik üben. „Wir fordern die Freilassung der beiden, denn sie haben nur von ihrem Recht auf Presse- und Meinungsfreiheit Gebrauch gemacht,“ erklärt Dung von Veto!. Er verweist darauf, dass Vietnam Mitglied der UN-Menschenrechtskommission sei, aber mit solchen Prozessen gegen internationales Recht verstoße.
Der verurteilte Vinh ist Mitglied der vietnamesischen KP. Der Sohn eines früheren Ministers und Botschafters in der Sowjetunion war früher Offizier der Staatssicherheit, bevor er seine eigene Detektei gründete und zu bloggen begann.
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