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Inspektoren on tourVorsicht, vielleicht verboten

Beim Versuch, Waren zu markieren, die möglicherweise aus illegalen Siedlungen stammen, fliegen AktivistInnen aus einer Bremer Drogerie.

Protestposten in der Bremer Innenstadt. Foto: Jan-Paul Koopmann

BREMEN taz | Auf „Wareninspektionstour“ zog eine kleine Gruppe IsraelkritikerInnen in weißen Overalls am Samstag durch die Bremer Innenstadt. Dieser lokale Ableger des so genannten BDS-Movement (Boycott, Divestment and Sanctions) fordert die Kennzeichnungspflicht von Waren „aus den illegalen israelischen Siedlungen“. Ihr erklärtes Ziel: Israel durch wirtschaftlichen Druck zwingen, sich „dem Völkerrecht zu unterwerfen“.

Die EU-Kommission in Brüssel hat den Herkunftshinweis für Siedlerprodukte Anfang des Monats bereits beschlossen. Umgesetzt ist das noch nicht. Und weil es nicht drauf steht, mussten dann auch die AktivistInnen raten. „Wir gehen nach Verdacht vor“, sagte Gruppensprecher Claus Walischewski. So markierten sie in mehreren Innenstadtgeschäften gleich alle israelischen Produkte, die sie finden konnten. Bei Karstadt etwa, bei den Obstständen auf dem Markt und schließlich in einer Rossmann-Drogerie.

Dort allerdings wurden sie hochkant vor die Tür gesetzt. Weil sie Filmaufnahmen gemacht und Papierfähnchen in die Regale gesteckt haben. „Vorsicht!“, heißt es darauf rot umrandet: „Das Produkt könnte aus einer illegalen israelischen Siedlung stammen.“

„Ich habe eine private Meinung zur EU-Entscheidung“, sagte die Filialleiterin in der Diskussion an der Tür. Aber man dürfe eben nicht einfach in Geschäfte marschieren und den Einkauf stören. Die Gruppe zeigte sich wenig einsichtig und verlangte, die Aufnahmen der Überwachungskamera im Tausch gegen den eigenen Film zu löschen. Am Ende bekamen sie Hausverbot.

„Wir rufen nicht zum Boykott auf“, beteuerte eine Aktivistin. Nur informieren wolle man. Das helfe ja auch denen, die vielleicht gerade diese Produkte erwerben wollten, sagte sie grinsend. Die Hinweise auf völkerrechtliche Missetaten Israels auf der Rückseite klingen allerdings nicht so. Auch auf der Straße haben das manche anders gelesen: Was das schon wieder solle, wollte ein junger Mann wissen, als man ihm ein Flugblatt in die Hand drückte. „Scheiß Antisemiten“ rief er, ein paar Handzettel flogen durch die Luft. Die Verteilerin hat darüber nur gelacht.

Walischewski hört den Vorwurf nicht zum ersten Mal. Er kenne die Argumente, sagte er. Er wisse auch, dass in den Siedlungen viele palästinensische ArbeiterInnen Anstellung gefunden haben, von denen einige durch Boykott-Aktionen bereits wieder arbeitslos wurden. Doch das sei eben nur momentan so, sagte Walischewski. Wenn die Besatzung erst beendet sei, entstehe ja eine neue palästinensische Wirtschaft – und damit neue Jobs.

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6 Kommentare

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  • Am besten selber lesen was auf der Rückseite steht und nicht einfach was unterstellen:

     

    „Die israelischen Siedlungen im Westjordanland sind völkerrechtlich illegal. Wie der Internationale Gerichtshof in einem Gutachten vom 9.7.2004 feststellte, widersprechen sie der Vierten Genfer Konvention. 2010 entschied der Europäische Gerichtshof, dass Produkte aus den israelischen Siedlungen nicht unter das EU-Zollpräferenz-Abkommen fallen und nicht als Made in Israel (Strichcode 729) ausgezeichnet werden dürfen. Da Israel sich weigert, das zu tun, hat die EU am 11.Nov. 2015 Israel erneut aufgefordert, Siedlungsprodukte als solche zu kennzeichnen.“

     

    Hier dann noch der Link zum Nahostforum Bremen, der die Aktion durchgeführt hat! http://nahost-forum-bremen.de/?p=2626

  • Ein Alex Feuerherdt polemisiert gegen diese Aktion wie folgt: http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/die_antisemitische_vorhut_der_eu

     

    "Man muss es den Israelboykotteuren lassen: Sinn für Symbolik haben sie. In weißen Schutzmänteln, wie um eine gefährliche Kontamination abzuwehren."

     

    Wenn sich Boykotte gegen unmoralische Produkte und Menschenrechtsverletzungen richten sollen, dann könnte das eine ziemlich lange Liste werden.

     

    -Bitte kein Erdöl verbrauchen, v.a. keines aus dem Nigerdelta.

    -Keine Produkte aus dem türkisch besetzen Zypern;

    -keine Produkte der Selbstmorde erzeugenden Firma Foxconn.

    ...

    • @nzuli sana:

      Die EU hat gerade noch in diesem Sommer ein Fischereiabkommen mit Marokko verlängert, um sich auf dieser Grundlage fortgesetzt an den Fischbeständen vor der Küste der besetzten West-Sahara zu bedienen. Falls sie dieses Verfahren auch als "illegal" betrachtet, lässt sie sich jedenfalls kein schlechtes Gewissen anmerken. Auf eine entsprechende Kennzeichnung wird man ebenfalls lange warten können.

       

      Gekennzeichnet werden hier im weltweiten Maßstab ausschließlich Produkte jüdischer Unternehmen. Und wie heißt noch mal das Wort dafür, wenn Juden für etwas angegriffen und ins Unrecht gesetzt werden, das bei niemand anderem beanstandet wird? Na?

       

      Dass die EU sich für diese Form der Stigmatisierung nicht zu schade ist, WTO-Vereinbarungen wie auch ihre eigenen im Vertrag von Lissabon niedergelegten Kriterien zur einheitlichen Behandlung ihrer Handelspartner zu verletzen, spricht auch eine sehr beredte Sprache.

      • @Torsten Schulz:

        Ein Unrecht an einem anderen Ort macht ein andres an einem anderen Ort nicht besser.

         

        Es geht nicht darum jüdische Unternehmen zu kennzeichnen weil sie jüdische Unternehmen sind - es geht um Produktion aus völkerrechtlich illegalen Siedlungen.

        Das ist jetzt eigentlich bekannt, es hat keinen Wert immer weiter Antisemitismus zu unterstellen.

  • Die Argumentation, durch die Umsetzung anerkannten und unstrittigen Völkerrechts würden Palästinenser ihren Job verlieren, ist mehr als perfide und ähnelt: Co2-Ausstoß senken = Jobs vernichten.

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