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Porträt Sigmar GabrielBesser als sein Ruf

Das Image von Sigmar Gabriel ist mies. Die SPD leidet unter ihrem Chef, bei den Deutschen ist er nur mäßig beliebt. Warum eigentlich?

Ein alter Praktiker-Baumarkt als Unterkunft: Sigmar Gabriel spricht in Heidenau mit Flüchtlingen. Foto: Reuters

Heidenau/Jena taz | Angenommen, der Vizekanzler wäre endlich die Vorsilben los. Sigmar Gabriel wäre Bundeskanzler. Er wäre Regierungschef und nicht Angela Merkel, er wäre Kanzler in diesen Tagen, in denen die Republik über Flüchtlinge, brennende Heime und Neonazi-Gewalt diskutiert.

Das sähe dann so aus: Bundeskanzler Gabriel zögerte nicht, er schmiss spontan die Reiseroute seiner Sommerreise durch Ostdeutschland um. Er war schon am Montag in Heidenau, dem 16.000-Einwohner-Städtchen vor Dresden, das am Wochenende zum Synonym für rechtsextreme Hetze wurde. Kanzler Gabriel hat vor dem hundertjährigen Rathaus, ein Schlösschen mit Geranien-Kästen vor den Fenstern, dem tapferen CDU-Bürgermeister die Hand gegeben.

Er hat in dem alten Praktiker-Baumarkt, in dem jetzt Flüchtlingsfamilien auf Feldbetten schlafen, mit einem Mann aus dem Jemen geredet.

Er hat die Neonazis vor dutzenden Reportern als das bezeichnet, was sie sind: Pack. Auf solche Leute gebe es nur eine Antwort: Polizei, Staatsanwalt, wenn möglich Gefängnis.

Legendäre Sprunghaftigkeit

Der Bundeskanzler war übrigens nicht das erste Mal bei verzweifelten Menschen aus Syrien oder Eritrea, erst vergangene Woche besuchte er eine Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen. An diesem Donnerstag ist er in einem Heim in Ingelheim.

Klingt ganz okay, oder?

Gabriel und die Deutschen, das ist keine Liebesgeschichte. Die Sprunghaftigkeit des SPD-Vorsitzenden und Wirtschaftsministers ist legendär, seine Neigung zu Ungeduld und schlechter Laune auch. Die SPD leidet, oft still und immer öfter laut. Gabriels Ja zur Vorratsdatenspeicherung, sein Nein zu linker Steuerpolitik, der Populismus in der Griechenland-Krise, die verfluchten 25 Prozent in den Umfragen.

Bei alldem geht unter, dass Gabriel manchmal besser ist als sein Ruf.

Das alte Volksbad in Jena am Montagabend, eine hohe Halle mit Rundbögen und Kacheln an den Wänden. Die Bundesregierung hat zum Bürgerdialog geladen, 60 Jenaer sind gekommen, vom Politikstudenten bis zum ergrauten Gewerkschafter.

Der Student protestiert

Vorn steht Gabriel, ein Mikrofon in der Hand, und schaut provozierend in die Runde. „Ja, sicher“, sagt er. „Wir müssen auch über die Ängste und Sorgen reden.“ Dann legt er los. Menschen fürchteten, dass durch die Flüchtlinge die Kriminalität steige. Dass sie ihnen Jobs oder Wohnungen wegnähmen.

Eine Dame atmet hörbar ein, der Student protestiert halblaut. Hier sitzt das politisch korrekte Bürgertum, hier hat niemand etwas gegen Ausländer. Die Diskussionsgruppe Flüchtlingspolitik hat mit schwarzem Edding ein paar Stichworte auf eine Flipchart geschrieben: Einwanderungsgesetz, Toleranz, Integration, alles wahr, gut und richtig.

Gabriel könnte jetzt das SPD-Programm vorbeten. Stattdessen erklärt er, wie er das große Ganze sieht. Er wolle auch die abholen und ansprechen, „die glauben, die Politik und die Parteien sind völlig abgehoben“. Die frustrierten Leute, die noch nicht NPD wählen, aber auch nicht mehr SPD oder CDU. Zum Beispiel, sagt Gabriel, dürften Kommunen nicht nur für Flüchtlinge neue Wohnungen bauen, sondern für alle BürgerInnen, die eine bezahlbare Wohnung suchten. Es ist mucksmäuschenstill im Saal. Als er endet, klatschen die Leute zum ersten Mal lange.

Gabriel schwebt ständig in Populismusgefahr, einfach weil er Gabriel ist. Aber in der Flüchtlingsdebatte fällt etwas Erstaunliches auf: Der SPD-Chef sagt allen die Wahrheit, auch wenn das unangenehm ist.

Ansage an die politisch Korrekten

Dem aufgeklärten Bürgertum im Volksbad Jena erklärt er, dass es auch einfach denkende Menschen in Deutschland gibt. Den Neonazis zeigt er seine Verachtung, was dem Willy-Brandt-Haus diese Woche hunderte Hassmails und wütende Anrufe einbrachte. Und der ängstlichen Heidenauerin, die sich vor dem Baumarkt vor den hohen Flüchtlingszahlen fürchtet, rechnet er vor, dass der Libanon, ein Staat mit 5,9 Millionen Einwohnern, rund 1,2 Millionen Flüchtlinge aufgenommen hat.

Was für ein Vergleich. Stünde Deutschland vor einer solchen Aufgabe, müsste es 16,5 Millionen Menschen integrieren, fast die ganze Bevölkerung von Nordrhein-Westfalen.

„Machen Sie sich keine Sorgen“, sagt der SPD-Chef und streicht der Frau über den Arm. „Wir schaffen das. Deutschland ist stark.“

Gabriel agiert in der Flüchtlingsfrage wie ein echter Staatsmann. Er fuhr hin, Merkel zögerte. Er redete Tacheles, Merkel druckste herum. Die in Umfragen beliebte Kanzlerin, die scheinbar unbesiegbar scheint, wirkte plötzlich wie „die Getriebene“, schrieb die Nachrichtenagentur dpa. Ortstermine sind für das politische Spitzenpersonal immer heikel. Fahren sie hin, heißt es, dass sie sich inszenieren. Bleiben sie fern, kümmern sie sich nicht genug.

Merkels Grenzen

Aber in der Flüchtlingskrise zeigen sich die Grenzen von Merkels zögerlichem Naturell. Sie liebt es, die Dinge laufen zu lassen, sich, wenn überhaupt, ganz am Ende zu positionieren. Am Mittwoch fuhr sie nach Heidenau, zu spät auch deshalb, weil Gabriel schon da war. Er, der Bauchpolitiker, hat den Moment erkannt und genutzt.

Langsam wird es ja Zeit, ihn mit Merkel zu vergleichen. Er wird bei der Bundestagswahl 2017 die Kastanien für die SPD aus dem Feuer holen müssen. Das Lustige an der SPD-Sommerlochdebatte über eine Urwahl zur Kanzlerkandidatenfrage war, dass man für eine Wahl mindestens zwei Bewerber braucht. Weit und breit ist niemand in Sicht, außer Gabriel.

Er ist nach seinem Heidenau-Besuch weiter durch Ostdeutschland getourt, einen Reisebus mit mehr als 30 Journalisten aus Berlin im Schlepptau. Im Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik in Jena redet eine Professorin auf Gabriel ein. Der schaut aus kleinen Augen skeptisch auf den Roboter, der sich vor ihm auf dem Tisch aufrappelt. Der nicht mal kniehohe Kerl, Spitzname: Bender, blinkt den SPD-Chef mit grünen Augen an, dreht das Köpfchen hin und her und quäkt: „Ich erkenne Gabriel nicht.“ Als Gabriel den Roboter an die Hand nimmt, stolpert Bender und kippt beinahe um.

So ähnlich läuft das auch mit Gabriel und seiner SPD und, ganz groß gedacht, auch mit ihm und den Deutschen. Gabriel führt, keine Frage, aber die Partei stolpert hilflos hinterher. Und die meisten Deutschen können mit ihm nichts anfangen.

Gabriel fehlt das Mögt-mich-Gen

Merkels Pragmatismus kommt an, auch wenn oft keiner weiß, was die Kanzlerin will. Gabriels Ungeduld ist unbeliebt. Gabriel hat sich deshalb ebenfalls eine zutiefst pragmatische Haltung zugelegt. Er macht einfach weiter, Selbstzweifel helfen ja nicht. Fragen, warum die SPD nicht aus dem Umfragetief herausfindet, umkurvt er inzwischen routiniert.

Eines ist dabei nicht unwichtig: In Gabriels DNA fehlt offenbar ein Gen, das für Politiker lebenswichtig ist. Ihm ist völlig schnuppe, ob ihn Menschen mögen oder nicht. Er putzt gern Journalisten herunter, die aus seiner Sicht dumm fragen. Pressekonferenzen mit ihm arten oft in Machtspielchen aus. Es ist deshalb eine erwähnenswerte Nachricht, dass der SPD-Vorsitzende bei dieser Sommertour keinen Reporter zusammenstauchte.

Diese Unbeherrschtheit ist intellektuell nicht zu verstehen. Wer Kanzler werden will, muss gemocht werden – und gemocht werden wollen.

Dabei kann Gabriel ja durchaus zuhören. Er ist sogar ein interessierter Frager, einer, der wirklich etwas wissen will. Er lauscht ernsthaft dem Arbeiter, der vor Nervosität vergisst, wie die Maschine das Gewinde in die Auto-Lenkstange fräst, an der er steht. Er wartet geduldig, als ein Dutzend Mitarbeiter einer Finanzbuchhaltungsfirma Fotos mit ihm wollen, nacheinander natürlich. Als ihm ein Lockenkopf beim Bürgerdialog vorwirft, die Griechen erpresst zu haben, entgegnet er gutmütig: „Pass auf, ich war auch mal 20. Ich weiß, wie man solche Veranstaltungen aufmischt.“

Unterschwellige Ressentiments

Wenn Gabriel bei der Reise in einer ruhigen Minute mit Journalisten zusammensteht, kommt er schnell auf die Flüchtlinge zurück. Er zitiert gern aus der Sinus-Studie. Von Helmut Schmidt in Auftrag gegeben, sorgten die Ergebnisse 1980 für Furore: 13 Prozent der BürgerInnen der Bundesrepublik verfügten demnach über ein „geschlossenes rechtsextremes Weltbild“. Viele wünschten sich den Führer zurück.

Was käme wohl heute bei einer solchen Befragung heraus? Ausländerfeindliche Ressentiments, davon ist Gabriel überzeugt, gibt es heute noch, und zwar auch in der sogenannten Mitte der Gesellschaft.

Wenn er Nazis „Pack“ nennt, ist das kein spontaner Wutausbruch, sondern eine bewusste Setzung. Gabriel vermeidet akademische Sprache, er will auch von denen verstanden werden, die anfällig sind. Das ist klug, auch wenn die stockkonservative Welt hinterher lästerte, damit rutsche „die Exekutive den braunen Ängstlingen zivilisatorisch entgegen“.

Am Mittwoch schickt das Wirtschaftsministerium eine Eilmeldung, Gabriel will sich spontan zu den neuesten Übergriffen äußern. Als er vor den Kameras steht, sagt er: Das Bild, das Rechtsextreme von Deutschland verbreiten, sei ein Zerrbild. „Diesen Eindruck müssen wir schnellstens korrigieren.“

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40 Kommentare

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  • Die Politik ist nicht generell schlecht und als Behindertem wird mir auch geholfen, selbst wenn dies nur ein Altenheim ist, für das ich bislang keine Alternativen finden konnte. Vor allem sehe ich eine sehr schwerwiegende Finanzkrise, die Sigmar Gabriel ganz sicher nicht meistern kann. Dafür hat er schon zu gravierende Politikfehler gemacht. Außerdem ist die SPD zu wirtschaftsnah, weil sie gleichzeitig ein Medienkonzern ist.

  • G. hat keinerlei diplomatisches Gespür. Z.B. hat er in Heidenau h die Konterfähigkeit des "Packs" nicht berücksichtigt. (s. Besuch von Merkel vor Ort in HeidenAU).

     

    "Never wrestle with pigs. You both become dirty and the pig likes it." (Mark Twain)

    • @lichtgestalt:

      Der Mark Twain war ja auch ein echter Fuchs.

      • @Rainer B.:

        Schön zu wissen - daß ein anderer Fuchs

        Fritz Pearls - sauber abgekupfert hat -

        Mit dem Gestaltklassiker -

        "Was man bekämpft - wird man auch!"

         

        & es auch mal Politiker deutscher Zunge gab - die sich dessen nicht nur bewußt waren - ihre Frau - statt 'schland liebten - zu einer ruchlosen Tat Schwarzer September Olympia 1972 eben diese Worte fanden und sich dennoch bewußt waren -

        "Wer auf andere mit dem Finger zeigt - sollte bedenken - daß drei Finger auf ihn zurückweisen."

         

        Ja - Herr Schulte wie Herr Unfried -

        "Einen hatten wir.." neben Willy Brandt

        Gustav Heinemann.

        • @Lowandorder:

          Tut mir leid. Aufarbeitung wartet immer und überall. Heinemann war sogar Mitbegründer der Gesamtdt. Volkspartei. Und mit der Liebe zu seiner Ehefrau, dürfte er auch inzwischen dem heutigen Polyamorösen quer liegen.

        • @Lowandorder:

          Sollte man also tunlichst das bekämpfen, was man für gut befindet? Heinemann hat 'schland nicht bekämpft und seine Frau auch nicht. Vermutlich war er von beidem nicht sonderlich überzeugt.

  • Herr Gabriel war mir schon damals bei den JUSOS unsympathisch. Es wurde bereits schon von einigen anderen Kommentatoren gesagt. Das Problem bei Gabriel ist, dass er zwar meist die richtigen Positionen formuliert und auch gern einmal den Vorreiter spielt, dann aber bei Kritik viel zu schnell umfällt und das macht ihn für mich und scheinbar für viele andere auch einfach unwählbar. Es fehlt an Glaubwürdigkeit.

  • Gabriel ist weder sprunghaft noch ein Umfaller. Er zieht nur seine Agenda konsequent durch. Die Aufgabe: Mehrheiten für neoliberale Projekte im linken Spektrum organisieren und gleichzeitig Sympathien für die SPD im rechten Spektrum sammeln. Lügen & Tricksen gehört da einfach zur Strategie. Gabriel fällt nicht um, weil er so schwach ist, sondern weil es von vornherein nicht anders geplant ist.

     

    Ich wundere mich, daß sogar TAZ-Journalisten auf diese ultrabillige Masche reinfallen.

  • & nochens -

     

    & fein - daß für die Kommune a taz -

    In vergleichbarer Weise gilt -

    Besser - als ihr Ruf;)

     

    Ab 16:30 Uhr ->

    Täglich-örtlich betäubt!

    Echtes DDR-Niveau!

    • @Lowandorder:

      DDR - pascht scho!

       

      Hammer beiseite. -

      Zirkel eingeklappt!

      Feierabend!

  • Ein Loblied auf einen Vizekanzler, weil er eine ordentliche Performance hingelegt hat?

     

    Zwischen Symbolpolitik und Politik sollte man noch unterscheiden können.

     

    Ich frage mich langsam wirklich, was aus dem Journalismus in Deutschland geworden ist.

    • @Hunter:

      Und geht er nicht hin - oder zu spät (wie Merkel) - meckern auch wieder alle.

       

      Und natürlich liegt es ausschließlich am dahinsiechenden Journalismus wenn sie in der Zeitung nicht zu 100% ihre Meinung widergespiegelt bekommen.

      Aber Gott sei Dank gibt es ja die Erleuchteten wie sie die uns dann aufklären können wie es wirklich ist.

      Danke!

      • @Thomas_Ba_Wü:

        Als ob es Ihnen jemals um Aufklärung oder Erleuchtung gegangen wäre, gell.

  • Versucht - zu ätzen ->

    "Will da jemand den Seibert beerben etc

    (…bei dem - öh Haarschnitt;)

     

    Nö - mal ganz trocken -

    "… dass Gabriel manchmal besser ist als sein Ruf.…"

    Fein - wenn es solches zu entdecken gäbe.

     

    Nur - " Ach - Sie haben Unterschriften gesammelt und demonstrieren gegen etwas - was Sie noch gar nicht kennen!"

     

    Mit Verlaub - Herr Schulte - wieviele

    Lichtjahre ist das von einem

    "Mehr Demokratie wagen" eines

    Willy Brandt weg!

    Der Rest - ist betretenes Schweigen!

     

    kurz - nach Fischer for President -

    Siggi Plopp for Chancellor!¿

    Geht's noch!

     

    Im Ernst -> Quo vadis taz!

  • Herrn Gabriel fehlt vor allem das Ich-tu-was-dafür-dass-Ihr-mich-mögt-Gen.

     

    Frau Merkel hat immerhin das Ich-tu-nix-Gen. Um Wahlen zu gewinnen, reicht das aus.

  • "Angenommen...Sigmar Gabriel wäre Bundeskanzler. Er wäre Regierungschef ..., er wäre Kanzler in diesen Tagen, in denen die Republik über Flüchtlinge, brennende Heime und Neonazi-Gewalt diskutiert."

     

    Beim Gedanken daran läuft es mir schon eiskalt den Rücken runter!

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Eric Sanderson:

      Und bei Frau Merkel nicht?

  • Gabriel macht ne neue Bühne auf, um dass Publikum von den TTIP- Verhandlungen abzulenken. Den Weihnachtsmann nehme ich ihm nicht ab.

    Herr Schulte, nehmen Sie bitte die rosa Brille ab !

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @lions:

      Wie war das noch damit, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein?

       

      Da ist bei Gabriel etwas schief gelaufen. Vielleicht hätte ihm einer seiner Berater sagen sollen, dass Weihnachten erst in 17 Wochen ist.

      • @76530 (Profil gelöscht):

        ... vor allem, als er nach der vorläufigen atompolitischen Einigung zwischen USA und Iran nicht schnell genug in Teheran aufs Besuchersofa hüpfen konnte. Mann, wenn aus dem Deal nun doch nichts wird, was dann Mr. Wirtschaftsminister?

         

        Aber Ironie beiseite - Gabriel macht zwar nicht immer alles falsch. Aber ich traue ihm nicht, solange er auf der TTIP-Kiste sitzt und sie nur ablehnt, wenn es ihm opportun erscheint. Solange das Ding nicht vom Tisch ist - solange ihm nicht klar ist, dass er mit seiner ja-/nein-/ja-/doch nicht-Unterstützung nicht nur seine eigene Glaubwürdigkeit zerstört, sondern auch das vom Wähler seiner Partei (und ihm) übertragene Mandat als Vertreter des Volkes gegenüber dieser Art von Marktwirtschaft missbraucht, hat er von mir kein Vertrauen verdient. Die TTIP-Verhandlungen und Transparenz sind vor allen Dingen ausschlaggebend. Und er soll sich ja nicht hinter Cecilia Malmström verstecken. Inzwischen weiss der Wähler auch im hintersten Hintertupfing um den deutschen Einfluss in der EU. Aber er kennt auch seine eigenen Wahlmöglichkeiten.

  • "den Neonazis zeigt er seine Verachtung"

    "Wenn er Nazis „Pack“ nennt, ist das kein spontaner Wutausbruch, sondern eine bewusste Setzung. "

     

    Also, bitte, was sollen diese Phrasen? Gabriels Allgemeinplätze sind Selbstverständlichkeiten. Zu einem guten SPD-Politiker gehört es mehr als nur gegen Nazis zu sein und diese als Pack zu bezeichnen.

  • Die gute Nachricht: Man kann in Deutschland auch Kanzler werden, ohne allzu beliebt zu sein, man muss nur lange genug warten können. Die Beliebheit kommt dann mit dem Amt, man muss gar nicht viel dafür tun (am besten man tut so wenig wie möglich). Siehe Kohl, siehe Merkel, hat bei beiden wunderbar geklappt. Die schlechte Nachricht: Beide waren in der CDU.

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    "Und wegen den Öffentlichen Dienst (Privatkrankenkassen-Versorgung)..."

     

    Nicht die Angestellten, die Beamten .Über die wird aber von allen die schützende Hand gehalten.

    • @10236 (Profil gelöscht):

      Vielen Dank für das geraderücken des Sachverhaltes. Die "schützende Hand" ist tatsächlich mächtig - wenn auch noch nicht bei allen Lehrern in allen Bundesländern.

  • Gabriel ist genau so wie sein Ruf, und keinen Deut besser. Was soll dieser taz-Artikel? Dem Herrn von der SPD kommen stets wohlfeile Sätze über die Lippen, in der bekannt markigen Form die Charakter vortäuscht. Er unterscheidet sich in Nichts von anderen deutschen das politische und soziale System herunterwirtschaftenden Sprechmaschinen. Auch für Journalismus gilt übrigens: Selbstbetrug ist auch Betrug.

  • Die Botschaft von Gabriel hör ich wohl, der Glaube an seine SPD will aber nicht mehr so recht kommen; denn sie steckt doch im alt-linken westdeutschen Überbau und Interessen-Ghetto fest. Gabriel ist selbst Teil davon. Beispiel „Flüchtlingspolitik“: Angela Merkel fuhr erst nach Marxloh und dann nach Heidenau und punktete überall. Der große Rest an pro CDU-Wählerstimmen kommt dann – vermutlich – von de Maizière. Dass die CDU in Marxloh einen Teil der integrierten Türken nicht mehr erreicht, spielte in der Öffentlichen Wahrnehmung dabei keine Rolle. Die SPD wird in beiden „Ecken“ nach dem Nicht-Auftritt in Marxloh und der Suada von Gabriel in Heidenau weiter verlieren und de Maizere am Ende im Bundestag in Sachen Flüchtlingspolitik zustimmen müssen. 12,5% Brausewein (SPD-Thüringen) und die Vernünftigen in der SPD a la dem Journalisten Henrik Broder, die Herz und Verstand haben, werden die SPD dazu drängen. Meine Leserbrief-Träne und der Beifall der Medien wird der SPD nichts nützen, gegenderte sprachpolitische Kunststückchen und hunderte weitere Prof X auch nicht, dafür ist der Abstand zwischen dem öffentlichen Dienst und der Lohnarbeiterklasse zu groß. Und wegen den Öffentlichen Dienst (Privatkrankenkassen-Versorgung) wird die SPD nicht einmal die Krankenkasse für alle durchsetzen können bzw. wollen. Dagegen helfen auch keine neuen Images, denn die Lage ist ernster.

  • Das Erstaunliche an diesem Artikel ist, dass er mit einer rein emotionalen Bewertung von Gabriel auskommt. Mit keiner Silbe wird darüber nachgedacht, ob Gabriels politische Ideen "besser sind als sein Ruf". Es wird allein die Performance bewertet.

    Aber darum kann es nicht gehen. Gabriel grenzt sich inhaltlich kaum von der CDU ab, ja er versucht, die bessere CDU zu sein. Jeder eigentlich antisozialdemokratische Mist wird mitgetragen:

    Verzicht auf steuerliche Mehrbelastungen von Besserverdienern auf nationaler, Entsolidarisierung und Verabschiedung der okönomischen Vernunft auf europäischer Ebene. Unterordnung der Gemeinwohlinteressen und der Demokratie unter die Interessen der "Wirtschaft" bei TTIP, der Bürgerrechte unter die staatlichen Zugriffsbegehrlichkeiten bei der Vorratsdatenspeicherung und der Interessen der SPD unter die von Gabriel.

     

    Auf dem Feld der Performance wird er Merkel in den Augen der Deutschen aber nicht schlagen können. Bei den Inhalten versucht er es nicht einmal.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Max Mutzke:

      Im Zeitalter der Seifenverkäufer geht es doch genau darum, wie jemand "rüber kommt". Können Sie sich daran, wie lange es her ist, dass es mal um einen nachhaltigen Streit um Inhalte ging? Tut mir leid, mir fällt da nichts ein.

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @76530 (Profil gelöscht):

        ... Können Sie sich daran ERINNERN ...

         

        Ich sollte mich besser zu Bett begeben.

  • Gabriel sagt allen morgens "die Wahrheit" und mittags hat er dann immer schon wieder vergessen, was er gesagt hat.

    Gabriel mag ja durchaus besser als sein Ruf sein, aber von allem, was er anpackt, bleibt am Ende nichts als Scheiß übrig. Er ist zum Sinnbild der Sozialdemokraten geworden, die ihre Inkonsequenz gern noch als "Kompromiss" anpreisen - wohl wissend, das es sich selten dabei um vertretbare "Kompromisse", sondern meistens komplett um Verrat handelt.

    • @Rainer B.:

      Er kann nicht überzeugen.

    • @Rainer B.:

      !00% Zustimmung! Da der Herr G. schneller umfällt als der Schall.

  • 2G
    24636 (Profil gelöscht)

    Ich habe kürzlich sein Bürgergespräch gesehen. Gabriel hört genau so lange zu bis seine Politiken von links kritisiert werden. Von dort aus hört er weder zu noch gewinnt er eine reflexive Distanz zu den Standpunkten, sondern er holt sein Gegenüber rhetorisch zurück auf sein Programm und vermittelt dieses als alternativlose Politik des Sachzwangs.

     

    Die Frage wäre also, für wen Gabriel besser als sein Ruf ist? Und ja, wer Symbolpolitiken als staatsmännisch interpretiert, der kann den Staatsmann in Gabriel erkennen. In der Tat ist das seine Stärke, da hat er seinen Riecher und auch das rhetorische Gespür. Und für andere ist das dann eben auch seine Schwäche. Diskursiv und in den linken Sachthemen ist er ein Trampeltier, Brückensprenger und Politiksimulant. Und sein einziges Projekt ist die von Merkel besetzte Mitte und Fortsetzung der Großen Koalition. Und das in Zeiten in denen Europa auseinanderdriftet, Staaten zerbrechen, Sozialsysteme konsequent unterfinanziert werden, schlechte Arbeit für ein Drittel der in Deutschland lebenden Arbeitnehmer die Regel statt die Ausnahme ist, Flüchtlinge politisch als Bedrohung inszeniert und um ihr Leben fürchten müssen.

    • @24636 (Profil gelöscht):

      So recht habe ich die positiven Aspekte im Artikel auch nicht gefunden.

       

      Positiv nehme ich den Herrn nur für die GroKo und sich selbst wahr, aber die Außenwirkung ist doch übel!

      Totengräber der SPD fällt dazu noch ein.

      • @KarlM:

        Es ist wohl kein Zufall, daß die TAZ vor kurzem Schwesig zu hypen angefangen hat und nun im selben Stil (nichts als heiße Luft) bei Gabriel weitermacht.

  • Merkel sagt nichts, macht nichts und wenn es fast schon zu spät ist, dann entscheidet sie.

    Gabriel sagt viel, trägt sozialdemokratische Positionen erst einmal glaubhaft vor. Dann wird er zurechtgewiesen und setzt dann ganz und gar nicht sozialdemokratische Positionen in der SPD durch.

    Er ist also genauso doppelzüngig wie Schröder, entpuppt sich dazu aber noch als Papiertiger.

    • @Velofisch:

      Das würde ich so unterschreiben!

  • Der Siggi - besser als sein Ruf

     

    Das ist keine Leistung

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    "Er wolle auch die abholen und ansprechen, „die glauben, die Politik und die Parteien sind völlig abgehoben“. Die frustrierten Leute, die noch nicht NPD wählen, aber auch nicht mehr SPD oder CDU."

     

    Vielleicht sollte er erstmal die unter den 30% Nichtwähler abholen, die in den letzten Jahren frustriert wg. der Steuer- und Sozialpolitik der SPD den Rücken gekehrt haben. Stattdessen versucht er (vielleicht unterbewusst) die da "unten" gegeneinander auszuspielen. Natürlich mit Präferenz für diejenigen die wahlberechtigt sind.

     

    "Ihm ist völlig schnuppe, ob ihn Menschen mögen oder nicht. Er putzt gern Journalisten herunter, die aus seiner Sicht dumm fragen. Pressekonferenzen mit ihm arten oft in Machtspielchen aus."

     

    Er imitiert (schlecht) den Schröder. Auch wirtschaftspolitisch. Deswegen wird es der Partei der Mitte (neuen, arbeitenden und neuerdings "verunsicherten") so ergehen wie New Labour - nützliche Idioten, die, nachdem sie Ihren Zweck - politische Alternative abzuschaffen - erfüllt haben, nach mehr oder weniger einer Dekade gegen das Original ausgetauscht wurden.

  • Gabriel ist halt ein links-blinker-und-rechts-abbieger und auch ein Umfaller: Man sehe nur seine Wahlversprechen, die hätten in einem Linksbündnis umgesetzt werden können. Stattdessen Merkels Steigbügelhalter. Er wird eben zu Recht nicht als Alternative zur Merkelschen "Weiter so" Politik verstanden. Weder bei den Positionen zur EU (Griechenlandhilfe, Flüchtlingsfrage) noch zur deutschen Politik bietet die SPD, besonders in Form von Gabriel, irgendetwas an - im Zweifelsfall wird sogar aus der Opposition heraus mit der Union gestimmt.

     

    Charisma ist nichts, dass man von Haus aus mitbringt (Mögen-Gen???), sondern gilt heute erlernbar, denn: Charisma ist keine Persönlichkeitseigenschaft sondern eine Eigenschaft, die von den Bezugspersonen zugeschrieben wird. D.h. Gabriel hätte Charisma, wenn er als charismatisch empfunden würde. Gysi ist so ein Typ - der hat Format und ist ein rhetorischer Wadenbeisser...Selbst Steinbrück hatte mit seinem Stinkefinger mehr Kante gezeigt.

     

    Und dann ist da noch die unsägliche Umfallerei in Sachen Verträgen mit den USA: Erst nach viel Druck sagen, dass es keine Schiedsgerichte im TTIP geben soll, ein Gespräch mit der Malmström und siehe da: umgefallen. Solche rückgratlosen Politiker haben wir schon mit der Union genug im BT. Auch in Sachen NSA hätte er Möglichkeiten gehabt auf den Tisch zu hauen: Aussetzen sämtlicher Vertragsverhandlungen mit den USA und Überprüfung und ggf. Auflösung der bestehenden Verträge (Fluggastdaten, SWIFT usw.) - das hätte richtig Eindruck auf die USA und sicher auch auf große Teile der deutschen Bevölkerung gemacht.

    Stattdessen dieses ewige ranwanzen an die CDU und die Transatlantiker, es ist nicht zum Aushalten...

     

    Und noch etwas was mich ärgert: Gabriel kommt aus Goslar. Goslar hatte noch bis vor kurzem Hitler als Ehrenbürger geführt. Warum hat da Gabriel nicht EINMAL etwas früher unternommen?

     

    Und deshalb mag ich ihn nicht.