Klimaziele der Bundesregierung: 40 Prozent auf alles
Energieeffizienz und Klimaschutz: Die Bundesregierung will in Deutschland bis 2020 insgesamt 22 Millionen Tonnen Treibhausgas einsparen.
BERLIN taz | Nur kurz blitzte der Gegensatz auf, der in den letzten Wochen zwischen Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) geherrscht hatte. „Da muss ich die Kollegin halb korrigieren“, kommentierte Gabriel eine Aussage seiner Parteifreundin zu einem Detail der europäischen Klimapolitik.
Aber davon abgesehen waren sich die beiden einig in ihrem Lob für die eigene Politik, als sie am Mittwoch vor die Presse traten, um die klimapolitischen Beschlüsse des Bundeskabinetts vorzustellen. „Ein Meilenstein zur Umsetzung der Energiewende“ sind die Regierungspläne für Gabriel, „das umfangreichste Klimapaket, das jemals eine Regierung verabschiedet hat“, bescheinigte Hendricks der Großen Koalition.
Insgesamt soll Deutschland durch den von Gabriel verantworteten „Aktionsplan Energieeffizienz“ und das von Hendricks verantwortete „Aktionsprogramm Klimaschutz“ den Treibhausgasausstoß bis zum Jahre 2020 so weit reduzieren, dass er um 40 Prozent niedriger liegt als 1990. Dazu hatte sich Deutschland bereits im Jahr 2007 verpflichtet; im Koalitionsvertrag wurde das Ziel vor einem Jahr noch einmal bekräftigt.
Doch die Aufgabe ist nicht leicht. Bisher sind erst 25 Prozent erreicht, was einem Rückgang von etwa 1 Prozent im Jahr entspricht. Um in den verbleibenden sechs Jahren die fehlenden 15 Prozentpunkte zu schaffen, muss Deutschland im Schnitt zweieinhalb mal so viel schaffen wie in der Vergangenheit, betonten Hendricks.
Damit es gelingt, sollen alle Bereiche einen zusätzlichen Beitrag erbringen. Etwa 18 Millionen Tonnen CO2 soll die Industrie einsparen, vor allem durch mehr Effizienz. Klimafreundliches Bauen soll 6 bis 10 Millionen Tonnen beitragen, der Verkehrssektor 7 bis 10 Millionen, die Landwirtschaft 3,6 Millionen, Gewerbe und Abfallwirtschaft 3 bis 8 Millionen Tonnen. Alle diese Zahlen unterlegen die Papiere mit konkreten Vorhaben, die aber allesamt noch in Gesetzen oder Verordnungen umgesetzt werden müssen.
Streit über Kohlekraftwerke
Den größten Streit – auch zwischen Gabriel und Hendricks – hatte es im Vorfeld über die Frage gegeben, inwieweit auch die klimaschädlichen Kohlekraftwerke zu zusätzlichen Einsparungen verpflichtet werden sollen. Gabriel hatte entsprechende Forderungen lange zurückgewiesen, bis er dann in der vergangenen Woche einlenkte. Die Zahl von 22 Millionen Tonnen CO2-Reduzierung, die er dann für die Stromwirtschaft genannt hatte, findet sich jetzt auch im Klimaaktionsplan wieder.
Gegenüber der Presse und später auch im Bundestag stellte Gabriel zudem explizit klar, dass die Kraftwerksbetreiber nicht nur zu dieser zusätzlichen Reduktion verpflichtet werden sollen, sondern dass auch der bisher schon im Regierungsszenario vorgesehene Rückgang ihrer Emissionen, der bis 2020 bei etwa 70 Millionen Tonnen liegt, verbindlich wird. „Wir werden eine Obergrenze von Emissionen im Jahr 2020 festlegen und auf die einzelnen Kraftwerke verteilen“, sagte Gabriel – und zwar „in einem Gesetz“. Damit würde der Kraftwerkspark im Jahr 2020 etwa ein Viertel weniger Treibhausgase ausstoßen als derzeit.
Positives Echo der Umweltorganisationen
Bei Umweltorganisationen stieß die Ankündigung auf ein positives Echo. „Die Bundesregierung macht endlich Ernst beim Klimaschutz“, sagte Greenpeace-Energieexperte Tobias Münchmeyer. Auch Germanwatch-Sprecher Christoph Bals sprach von einem „wichtigen Signal, dass ungebremste Kohleverstromung und Klimaschutz nicht zusammenpassen“.
So viel Lob von Umwelt-Seite dürfte dem Minister nicht geheuer sein. Obwohl seine Pläne faktisch einen Einstieg in den Kohleausstieg bedeuten, wies er entsprechende Forderungen der Grünen am Mittwoch zurück. Und die Kraftwerksbetreiber, die umgehend gegen die Pläne protestierten, will er nicht allein lassen: Sie könnten damit rechnen, dass ein Teil der betroffenen Kraftwerke als Reserve bestehen bleiben – gegen Vergütung.
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