Meinungsfreiheit an Freiburger Uni: Man darf für Palästina sein
Die Universität Freiburg verweigerte einer pro-palästinensischen Veranstaltung den Raum. Dies ist rechtswidrig, urteilt das Verwaltungsgericht.
FREIBURG taz | An der Freiburger Universität dürfen auch pro-palästinensische Veranstaltungen stattfinden. Das entschied jetzt das Verwaltungsgericht Freiburg auf Klage des Vereins Café Palestine.
Café Palestine versteht sich als „politisch-kulturelles Forum“, das die kulturelle Vielfalt Palästinas zeigen will. Der Verein wurde 2011 von der Freiburger Ärztin Gabi Weber gegründet, die 20 Jahre mit einem Palästinenser verheiratet war.
Im Dezember 2012 wollte der Verein einen Hörsaal der Freiburger Universität mieten. Dort sollte der Pariser Chirurg Christophe Oberlin über „plastische Chirurgie in Gaza“ sprechen. Als Autor eines anklagenden Buches über die israelische Politik im Gaza-Streifen wäre es dabei nicht nur um medizinische Fragen gegangen.
Die Freiburger Universität verweigerte der Initiative den Hörsaal und verwies auf ihre Neutralität. Bei der geplanten Veranstaltung sei „ein politischer Hintergrund nicht auszuschließen“, hieß es. Dagegen klagte Café Palestine beim Freiburger Verwaltungsgericht. An der Universität dürften sonst durchaus auch politische Veranstaltungen stattfinden, etwa durch die Deutsch-Israelische Gesellschaft.
„Schwarz-Weiß“-Bild
Im Prozess machte die Uni geltend, Oberlin zeichne ein unausgewogenes „Schwarz-Weiß“-Bild von der Situation in Gaza. Vielleicht sei er sogar Hamas-Anhänger. Das Verwaltungsgericht gab Café Palestine nun auf ganzer Linie Recht. Die Raumverweigerung sei rechtswidrig gewesen. Zwar habe die Uni das Hausrecht über ihre Räume, müsse Interessenten dabei aber gleich behandeln und die Meinungsfreiheit beachten.
Schon nach den eigenen Vergaberichtlinien der Uni hätten die Räume nur verweigert werden dürfen, wenn es konkrete Hinweise auf rechts- oder verfassungwidrige Ziele der Veranstaltung gegeben hätte. Eine einseitig pro-palästinensische Haltung des Gastredners genüge nicht als Begründung für die Ablehnung.
Eine Universität sei nicht dazu verpflichtet, in ihren Räumen nur ausgewogene Veranstaltungen zuzulassen, so die Richter. Im Gegenteil: Eine Universität stelle „schon nach ihrem Selbstverständnis eine Stätte der geistigen Auseinandersetzung und somit auch ein Forum für kritische und parteiliche Stellungnahmen dar“. Die Universität prüft noch, ob sie gegen die Entscheidung Rechtsmittel einlegt. (Az.: 4 K 2291/12*a)
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung