piwik no script img

Kurz vor dem KonklaveEin Hauch von Demokratie

Die Auswahl des nächsten Papstes soll am Sonntag beginnen. Neu ist: Allianzen und Absprachen müssen schneller erfolgen als bei anderen Konklaven.

Lustiges Kardinalswandern in der Sixtinischen Kapelle. Bild: dpa

BERLIN taz | Das „Konklave“ zur Wahl eines neuen Papstes wird aller Voraussicht nach Anfang kommender Woche beginnen. Zwar ist noch keine offizielle Entscheidung gefallen, aber viele Beobachter erwarten, dass die Wahl in der Sixtinischen Kapelle des Vatikans am Sonntag oder Montag beginnt. Die Kapelle wurde am Dienstag wegen der Vorbereitungen für Besucher gesperrt.

Die Entscheidung ist schon deshalb nicht einfach, weil sie ungewohnt demokratisch erfolgt. Denn nach dem Rücktritt von Benedikt XVI. am 28. Februar führt die Versammlung der 207 Kardinäle die Amtsgeschäfte der Kirche. Anders als sonst bestimmt keine traditionelle Hierarchie. Dazu kommt, dass die Verwaltung des Kirchenstaats, die römische „Kurie“, derzeit ebenfalls kaum Entscheidungen fällt.

Denn mit dem Ende der Herrschaft des Papstes haben automatisch alle leitenden Beamten der Kurie ihren Job verloren. Bis Mittwoch waren noch nicht alle Kardinäle in Rom eingetroffen. Die Kirchenführer trafen sich bisher mehrmals, um sich auf die Wahl vorzubereiten und einen Eid zu leisten, der sie zur Geheimhaltung rund um die Wahl verpflichtet. Doch vor und hinter den Kulissen sammeln sich jetzt die verschiedenen Lager für die Papstwahl. Bisher sieht es nicht so aus, als habe eine Richtung die nötige Mehrheit.

Der starke Block der Kurienkardinäle

Anders als bei Krankheit und Tod eines Papstes waren die meisten Kardinäle von der Wahl überrascht – so müssen Allianzen und Absprachen jetzt schneller erfolgen. Mehrere Fraktionen stehen sich gegenüber: Die 31 Kurienkardinäle aus der Vatikanverwaltung bilden mit den italienischen Kardinälen einen starken Block, der die Vorherrschaft Roms garantieren will. Wählergruppen von den „Rändern“, aus Lateinamerika, Afrika oder dem Rest Europas, müssen sich erst auf eigene Kandidaten einigen.

Dazu kommt die kirchenpolitische Ausrichtung: Der Journalist und Vatikankenner Peter Hertel schätzt, dass etwa 40 Wahlmänner dem ultrakonservativen Opus Dei nahestehen, weitere 20 der traditionalistischen Gruppe „Comunione e Liberazione“. „Sie wollen einen Papst, der ihre Ziele stützt und fördert. Ihr Ideal: eine in sich geschlossene Kirche und eine katholisch geprägte Gesellschaft“, schreibt Hertel. Der kommende Papst werde aus dieser Gruppe hervorgehen. „Allerdings wird die Seilschaft nicht einfach einen Hardliner durchsetzen können“, denn es fehle ihr die erforderliche Zweidrittelmehrheit von 77 Stimmen.

Das internationale Reformernetzwerk „Wir sind Kirche“ rechnet deshalb mit „längere Diskussionen vor und im Konklave“, bis ein Kompromisskandidat gefunden ist. Die „Reformer“ wagen sich in Interviews aus der Deckung, weil sie nicht auf eine so straffe Organisation vertrauen können wie die Traditionalisten. So forderte der deutsche Kardinal Walter Kasper, ein Vorkämpfer der Ökumene, der nächste Papst müsse Reformen in der Kurie angehen. „Es läuft nicht alles so, wie es laufen müsste“, zitiert ihn Radio Vatikan. Der Neue solle „in erster Linie ein Hirte sein, der die Menschen im Herz berührt“.

Auch der kanadische Kardinal Marc Ouellet, der als potenzieller Kompromisskandidat gilt, sagte, die Kirche sei „bereit für einen Papst aus Asien, Afrika oder Amerika“. Seine eigenen Chancen ließen ihn „nachdenken und machen mir auch Angst“. Francis George, Kardinal von Chicago, kündigte an, es werde Fragen an die Kurie geben, was aus ihrer Sicht geändert werden müsse. Wichtig sei eine „Null-Toleranz-Grenze bei Missbrauchsfällen“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • S
    Störtebekker

    Es geht garantiert demokratischer zu, wie im Bundestag, weil die Lobbyisten fehlen.

  • R
    reblek

    "Kurz vor der Konklave" - Da wollte mal wieder jemand aus der Riege der Überschriftenschreiber(innen) besonders originell (und feministisch?)sein, statt einfach (und richtig) aus dem Text abzuschreiben: "Das 'Konklave' zur Wahl eines neuen Papstes..."

  • S
    sozusagen

    Kann mir jemand erklären weshalb der angekündigte Rücktritt des Papstes die Kardinäle mehr überraschen soll als Tod oder Krankheit eines Papstes?

    Hat nicht Bene selbst noch den Zeitraum, innerhalb dessen das Konklave zusammentreffen kann verkürzt, weil ein Rücktritt mehr Zeit zur Vorbereitung lässt, als es bei einem abgelebten Papstes der Fall wäre?

    Naja. Klingt natürlich spannender, ist aber falsch.

  • S
    spiritofbee

    "......Nulltoleranzgrenze bei Mißbrauch...."

    Dazu fällt mir ein Zitat von Kurt Tucholsky ein:

    "Ich mag mich nicht gern mit der Kirche auseinandersetzen; es hat ja keinen Sinn, mit einer Anschauungsweise zu diskutieren, die sich strafrechtlich hat schützen lassen."

  • HS
    Hiasl Sauerkraut

    Folgenden Satz dürft ihr gern verwenden und dem Überschriften-Texter schenken:

     

    Alle paar Jahre stellt sich die Frage:

    Der, die oder das Konklave.

  • WB
    Wolfgang Banse

    Ein neues katholisches Oberhaupt muss gewöhlt werden im Bezug auf den Rücktritt von Papst Benedikt XVI.Die wahlberechtigten Kardinäle solltzen sich schnell auf einen Nachfolger von Papst Benedilt XVI einigen,so dass der neue Pontifex Maxismus zum Osterfest 2013 bereits den Urbi et Orbi Segen spenden kann.

  • C
    Celsus

    Der Hauch von Demokratie war ja bei jedem Konklave da. Immerhin sind die Kardinäle so eine Art demokratisches Kronprinzengremium von des Vorpapstes Gnaden. Und der Vatikan ist damit eine der ganz wenigen Wahlmonarchien in der Welt.

     

    Interessant fand ich, dass da gleich 60 Kardinäle sektenhaften Sondergruppierungen angehören. Dürfte doch das gemeinsame Verdienst der beiden letzten Päpste und insbesondere dem letzten Papst sein. Da gilt es auch für den Staat den sektenhaften Auswüchsen einer Kirche standzuhalten. Hat uns doch die Geschichte des Mittelalters und der Hexenverfolgungen gelehrt, wie notwendig das ist und wie sehr auch religiöse Menschen da noch hinreichend Distanz wahren sollten.