Der iranische Präsident im ZDF-Interview: Ahmadinedschad bleibt sich treu
In einem Interview mit dem ZDF zeigt der iranische Präsident im Atomstreit keine Kompromissbereitschaft. Er streitet ab, dass der Iran eine Atombombe bauen will.
BERLIN/TEHERAN taz/dpa/rtr | Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat in einem Interview mit dem ZDF keine neuen Vorschläge im Atomstreit unterbreitet. Erneut wies er den Vorwurf zurück, der Iran arbeite derzeit an der Entwicklung von Atomwaffen.
„Wenn Ahmadinedschad eine Bombe bauen möchte oder will, wird er das bekanntgeben“, sagte der Präsident über sich. „Und er wird auch keine Angst vor jemandem haben. Und wenn wir sagen, wir bauen keine Bombe, bauen wir keine Bombe. Wir wollen, dass das Gesetz eingehalten und respektiert wird.“
Ahmadinedschad fügte hinzu, sein Land sei gegen Atomwaffen, die „unmenschlich“ und „unmoralisch“ seien.
Auf die Frage, ob es ein Zugeständnis von ihm geben werde, wies der iranische Präsident auf andere Länder hin, die aus seiner Sicht für Spannungen verantwortlich sind – wurde aber nicht konkret.
„Wir waren immer dafür, die Spannungen zu reduzieren oder zu beseitigen. Die Wurzeln der Spannungen, die muss man finden. Welche Wurzeln haben diese Spannungen? Das ist Ungerechtigkeit, das ist Diskriminierung. Das sind die wahren Gründe für diese Spannungen. Dass einige Länder sich zusammensetzen und die Welt regieren wollen.“
Kein Zugeständnis
Der Moderator des „Heute journal“, Claus Kleber, der das Gespräch führte, versuchte, Ahmandinedschad unter Hinweis auf die breite Öffentlichkeit durch das Interview eine Aussage über die rückhaltlose Zusammenarbeit mit der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) abzutrotzen – vergebens.
Da war man schon mal weiter. Im Herbst 2009 gab es in Wien konkrete Gespräche über den Vorschlag, das iranische Uran in Russland anzureichern. Dies hätte die Kontrolle darüber beinhaltet, dass der Grad der Anreicherung unterhalb des für die Waffenproduktion erfoderlichen Niveaus bleibt.
Der damalige Generaldirektor der IAEA, Mohammed al-Baradei, hatte sogar einen konkreten Vertragsentwurf vorgelegt. Es wäre interessant gewesen, zu erfahren, aus welchen Gründen die iranische Führung diesen Vorschlag letztlich blockierte und ob es Überlegungen gibt, an den damaligen Gesprächen wieder anzuknüpfen.
Chamenei entscheidet
Im Iran ist nicht der Präsident, sondern Revolutionsführer Ali Chamenei für Fragen von strategischer Bedeutung zuständig. Darunter fällt auch das Atomprogramm.
In seiner Ansprache zum persischen Neujahrsfest Nowruz sagte Chamenei am Dienstag, dass der Iran bei neuen Verhandlungen keine Kompromisse eingehen und auch nicht auf die umstrittene Atomanreicherung verzichten werde.
In dem ZDF-Interview, das am Sonntag geführt und Montagnacht ausgestrahlt wurde, leugnete Ahmadinedschad erneut den Holocaust.
Israel sei ein künstliches Land, „entstanden durch eine Lüge mit dem Titel Holocaust“, sagte der iranische Präsident. „Die Schäden, die Kosten dafür müssen die Palästinenser tragen.“ Zu den Spekulationen, israel könne den Iran angreifen, sagte er, der Iran sei bereit, sich zu verteidigen.
Handelsboykott angedroht
In der Langfassung des Interviews, das auf zdf.de zu sehen ist, wiederholte Ahmadinedschad in Reaktion auf die vom Westen verhängten Sanktionen die Drohung eines Handelsboykotts.
„Wir haben 24 Milliarden Dollar Handelsvolumen. Das können wir auch anderswo haben“, sagte Ahmadinedschad. Die Folge könnten 300.000 zusätzliche Arbeitslose in Europa sein. Die Strafmaßnahmen gegen den Iran seien falsch. So gehe man nicht mit einer „großen Nation“ um.
„Mit Druckausübung wird die nukleare Frage nicht gelöst. Man muss das Recht Irans anerkennen und mit dem Iran sprechen“, sagte der Präsident.
Keine Fragen ausgeklammert
Zu den Bedingungen, unter denen das Interview geführt wurde, erläuterte Kleber gegenüber dpa: „Inhaltliche Absprachen, was zum Beispiel zur Sprache kommt und nicht kommen darf, gab es keine. Sie haben zwar bis zum Schluss darum gekämpft, die Fragen vorher zu bekommen. Dann aber eingelenkt. Es wurden auch keine Themen ausgeklammert.“
Kleber betonte: „Wir wollten die redaktionelle Kontrolle behalten, das bedeutet ein Gespräch, bei dem man sich gegenübersitzt, das man hinterher auch bearbeiten kann. Auf ein Live-Interview konnten wir uns unmöglich einlassen.“ Das Gespräch endete mit einem entspannt lachenden Ahmadinedschad. BS
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