Kosten bremsen neue AKW: Seit 20 Jahren "im Bau"
Derzeit sind zwar weltweit 61 Reaktoren im Bau, doch die Fertigstellung verzögert sich. Seit Jahren geht mehr Wind- und Solarstrom als Atomkraft ans Netz.
FREIBURG taz | Seit Jahren ist von einer Renaissance der Atomkraft die Rede. Doch die Fakten zeigen anderes: 434 Atomkraftwerke sind weltweit am Netz, vor zehn Jahren waren es 444. In den EU-Mitgliedstaaten hat die Zahl der AKWs seit den 1980er Jahren um rund ein Fünftel verringert.
"Szenarien, die der Kernenergie einen weltweiten grandiosen Ausbau vorhersagen, entbehren jeder industriellen Grundlage", sagte schon 2007 Mycle Schneider, Autor des "World Nuclear Industry Status Report".
13 Meiler wurden 2011 weltweit stillgelegt. Und allein um die aus Altersgründen stillgelegten Reaktoren zu ersetzen, müssten weitaus mehr Neubauten erfolgen als derzeit der Fall. Schneider rechnet ab 2015 mit einem deutlichen Rückgang der weltweit installierten Atomkraft.
Zumal seit 1997 jährlich weltweit mehr Windkraft ans Netz geht als Atomkraft. Und seit 2006 liegt auch die neu installierte Kapazität von Solaranlagen jährlich über jener der Atomkraft – und der Vorsprung wächst von Jahr zu Jahr.
61 Reaktoren im Bau
Nach Zahlen der World Nuclear Association sind derzeit zwar weltweit 61 Reaktoren im Bau, doch diese Zahl muss man relativieren: "Zwölf Reaktoren davon werden bereits seit mehr als zwanzig Jahren als 'im Bau' aufgeführt", heißt es im jüngsten Statusreport. Die Fertigstellung vieler Anlagen "verzögert sich meist signifikant", schreibt Autor Schneider.
Grund sind oft explodierende Kosten: So wird der finnische Reaktor Olkiluoto 3 statt 2009 wohl erst 2014 fertig sein, er wird dann statt der geplanten 3 Milliarden Euro rund das Doppelte kosten. Ähnlich im französischen Flamanville, wo der Reaktorbau sich bis 2016, statt wie geplant bis 2012, hinziehen wird. Auch hier verdoppeln sich die Kosten auf 6 Milliarden Euro.
Die Meiler Belene in Bulgarien und Mochovce in der Slowakei haben ebenfalls massive Finanzierungsprobleme. Sie sind bereits seit den achtziger Jahren im Bau.
Die sieben Atomreaktoren, die im Jahr 2011 neu ans Netz gingen, befanden sich in Indien, Pakistan, China und Russland. Iran nahm die international stark umstrittene Anlage Bushehr in Betrieb.
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