piwik no script img

Kolumne Die Farbe LilaRollendiktate einer Witzfigur

Kolumne
von Susanne Klingner

Ministerin Kristina Schröder bringt im April ihr erstes Buch raus. Informativ wird es nicht, dafür aber sehr unterhaltsam.

S eit Tagen liege ich als Matsch im Bett und warte darauf, gesund zu werden. Gestern ging es endlich bergauf, denn ich hatte unterhaltsame Lektüre: Den Vorschaukatalog des Piper-Verlags, in dem für April Kristina Schröders erstes Buch angekündigt wird. "Danke, emanzipiert sind wir selber!" heißt es. Sollte ich im April wieder krank sein, werde ich es mir kaufen; man hört doch ständig, Lachen sei die beste Medizin.

Schon der Vorschautext bringt das Zwerchfell zum Vibrieren: "Frauen sollen endlich frei entscheiden können, wie sie leben wollen", steht dort. Angesichts ihres bisherigen Versagens im Kampf gegen fehlende Krippenplätze, unflexible Unternehmen und den deutschen Muttermythos ist dieser Satz von unserer Familien- und Frauenministerin schon reichlich - nun ja: interessant.

Klar sollen wir Frauen uns endlich frei entscheiden können. Nur: Was hat Schröder damit zu tun? Und dann gehts los. Erst mal schön provozieren, damit sich die 50.000 Bücher der ersten Auflage zackig verkaufen: "Feministinnen wie Alice Schwarzer und Strukturkonservative wie Eva Herman haben eines gemeinsam: Sie wissen genau, wie das richtige Frauenleben auszusehen hat. ,Hört auf damit!', sagt Kristina Schröder. "Wir brauchen keine Rollendiktate.'"

Stephanie Fuessenich
SUSANNE KLINGNER

ist Mitautorin des Buches "Wir Alphamädchen" und bloggt als Frau Lila.

Mal kurz nachdenken: Welches Frauenleben subventioniert die Politik noch mal? Es gibt das Ehegattensplitting und es soll in Zukunft hundert Euro Begrüßungs-, ach nein, Betreuungsgeld für Frauen geben, die für den Nachwuchs ihren Job aufgeben. Oder aufgeben müssen, weil das Kind, leider leider, keinen Betreuungsplatz bekommen hat oder weil der Platz mehr kostet als über eine Teilzeitstelle finanzierbar wäre.

Hm, eigentlich wären das doch auch Baustellen für eine Familienministerin. Vielleicht führt ja Schröders Biografie zu mehr Empathie? Die Werbung für ihr Buch macht klar: Nö. "Kristina Schröder hat Karriere gemacht und gerade ein Kind bekommen. Steht sie deshalb für ein Leitbild, an dem junge Frauen sich orientieren sollen? Nein, sagt sie, die Frauen von heute brauchen keine Leitbilder!"

Na gut, verrät uns wieder niemand, wie das mit Kind, Job, Liebe und Leben eigentlich hinhauen soll, erst recht nicht die zuständige Ministerin. Und, ähem, ich fände ein paar neue Leitbilder eigentlich ganz schön. Das einzige momentane Leitbild, die deutsche Supermutter, geht mir nämlich gewaltig auf die Nerven.

Am Ende des Piper-Vorschautextes suchte ich vergebens nach einem Ironie-Hinweis und wartete kurz, ob sich so etwas wie Verstehen bei mir einstellen wollte. Vielmehr musste ich lachen. Es ist ja auch zu absurd: Die meint das ernst. Klar, die meint ja auch die Herdprämie ernst. Ein Wort, bei dem ich immer nur mit dem Kopf auf die Tischplatte hauen möchte - was allerdings meinen gesundheitlichen Zustand eher verschlechtern würde. Und daran habe gerade kein Interesse.

Also lache ich lieber weiter und wünsche mir ganz ganz fest, dass Schröders Wahlfreiheit auch mich ereilt, vielleicht in Gestalt einer Zusage für einen Krippenplatz. Möglicherweise hilft Wünschen doch. Ist ja bald Weihnachten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

10 Kommentare

 / 
  • MR
    Mary Rose

    Liebe Autorin,

     

    bitte, bitte, bitte bekommen Sie niemals Kinder!

    Bitte!!! Bitte!!! Bitte!!!

     

    NIEMALS!

     

    Danke.

  • MB
    Manfred Bartl

    Wer das Betreuungsgeld für Frauen und Männer, die für den Nachwuchs in ihrem Job pausieren (a.k.a. verantwortungsvolle Eltern), als "Herdprämie" begreift, kann ruhig immer nur mit dem Kopf auf die Tischplatte hauen. Das ändert dann im Zweifelsfall ohnehin nichts mehr ;-)

  • K
    Kerstin

    Liebe Autorin,

     

    was bitte ist eine deutsche Supermutter?

     

    Lesen Sie die gängigen Studien zur frühkindlichen Krippenbetreuung und verbringen Sie mal mehrere Tage in einer Krippe, dann schämen Sie sich entweder für Ihren Wunsch nach einem Krippenplatz oder Sie sind emotional unterkühlt.

     

    Warum bekommen Sie ein Kind, wenn Sie es dann sobald als möglich per Krippe wieder loswerden wollen?

    Sie kennen sicherlich die staatlichen Kosten von ca. 1200 Euro für einen Krippenplatz pro Kind und Monat, die wir als Gesellschaft zahlen sollen für Eltern wie Sie, die ihrem "Erziehungsauftrag" nicht gerecht wollen oder politisch gewollt nicht dürfen.

     

    Die Bedürfnisse der Kinder müssen maßgebend sein, darum sollten wir schnellstmöglich den Großteil dieser kinderseelenverachtenden Krippen- und Ganztagsbetreuungsindustrie schließen.

     

    Den Bindungsaufbau zu Ihrem Kind können Sie später nicht nachholen. Ihre mehr oder weniger schlauen Artikel wird aber sicherlich niemand vermissen!

  • M
    Mensch

    An die Redaktion: Der vorherige Kommentar enthält einen Verweis auf eine extrem frauenverachtende und rassistische Seite. Könnte jemand bitte wenigstens den Link entfernen, das wäre echt das Sinnvollste. Nicht dass sie wegen der Leute hier noch höhere Besucherzahlen kriegen!

     

    (Der betreffende Kommentar ist jetzt komplett gelöscht. Die Red./wlf)

  • R
    Riin

    Ich wünschte, ich könnte über sowas auch lachen. Bin ich aber zu unentspannt für. Ich reg mich immer gleich auf und dann krieg ich Bauchschmerzen. Und das Schlimmste daran ist, da diese Reaktion nicht ungerechtfertigt ist, kann ich sie mir auch nicht abgewöhnen. Zumindest wüsste ich nicht wie.

  • KA
    Krippe als Allheilmittel?

    Ich finde es zunehmend unerträglich, wie gegen das Betreuungsgeld gewettert wird. Nicht jede Frau möchte ihr Kind mit 1 Jahr in die Krippe geben, nicht jedes Kind findet das auch gut. Ich finde- als emanzipierte Frau- dass das Betreuungsgeld tatsächlich neue Möglichkeiten eröffnet und nicht nur rückständig ist. Schließlich hat nicht jeder so einen klasse Journalistenjob bei der Taz, in den frau gleich wieder zurückkehren will.

    Ich wünsche jeder Frau, die sich abschuftet im Frisörsalon, bei Schlecker oder im Restaurant, dass sie die ersten 3 Lebensjahre zusammen mit ihrem Kind genießen kann und ich finde es auch schön, dass Kinder auf der Straße sind und nicht alle nur in Institutionen aufbewahrt.

     

    Übrigens können auch Väter das Betreuungsgeld in Anspruch nehmen. Ich hoffe irgendwann auch mal was positives zum Betreuungsgeld zu lesen. Mir ist das nämlich langsam zu tendenziös.

  • AE
    Auch eine Witzfigur

    "Witzfigur"? Man mag über Schröder halten, was man will, aber wenn das das Niveau ist, auf den die taz diskutiert, dann bin ich bei Frau Schröder.

  • J
    Jojas

    Das mit den Frauen von heute, die keine Leitbilder bräuchten, ist wirklich klasse. Was einem wohl so im Hirn rumschwurbelt, wenn am Ende sowas dabei raus kommt?

  • FS
    frau schmidt

    liebe frau klingner, ich bin ganz froh darüber, dass niemand anderes dafür zuständig ist, "wie das mit Kind, Job, Liebe und Leben eigentlich hinhauen soll", denn schließlich ist es ja mein selbst gewähltes leben, wofür ich auch keine leitfiguren brauche, sondern nur meinen (hoffentlich) gesunden menschenverstand.

    …ihnen wünsche ich gute besserung und dass sie ihr leben auch ohne vorbilder auf die reihe kriegen.

    frau schmidt

  • H
    Horst

    Es spricht ja auch nicht gerade viel dafür, dass Frau Schröder ihr Ministeramt ernst nimmt, wenn sie nebenbei noch die Zeit hat, einer Ghostwriterin das Diktiergerät vollzuquatschen.