Unruhen auf den Golanhöhen und im Westjordanland: Israels Militär schießt scharf
Die Soldaten eröffneten das Feuer, als mehrere Teilnehmer des Protests die Sperranlagen an der israelisch-syrischen Grenze überwinden wollten. Syrisches Fernsehen spricht von 14 Toten.
JERUSALEM taz | Auf den Golanhöhen und im Westjordanland ist es bei Demonstrationen gegen die israelische Besatzung zu schweren Ausschreitungen gekommen. "Entweder wir sterben für Allah oder wir kehren in unsere Heimat zurück", riefen die Demonstranten, die sich auf syrischer Seite den Grenzanlagen näherten. Berichte des staatlichen syrischen Fernsehens, denenzufolge am Sonntag mindestens 14 Demonstranten von Soldaten erschossen wurden, wollte die israelische Armee zunächst nicht bestätigen. Hunderte Palästinenser hatten versucht, die Grenze zu den von Israel annektierten Golanhöhen zu überqueren.
Mit Tränengas und mit scharfer Munition hielten die Soldaten die Demonstranten an der Stelle zurück, wo erst Mitte Mai einigen Dutzend palästinensischen Flüchtlingen die Grenzüberquerung gelungen ist. Die Palästinenser waren bis zu dem Drusendorf Majd el-Shams vorgedrungen, wo sie mit Unterstützung der lokalen Bevölkerung mehrere Stunden für das Ende der Besatzung demonstriert hatten. Diesmal hatten die Soldaten Befehl, nach Warnungen zunächst in die Luft zu schießen und dann auf die Beine zu zielen.
Auch im Westjordanland begingen Palästinenser den "Naksa-Tag", mit dem sie der arabischen Niederlage im Sechs-Tage-Krieg gedenken. In Ostjerusalem, in der Nähe von Bethlehem und in Tulkarem kam es zu Demonstrationen. Die schlimmsten Ausschreitungen fanden am Kalandia-Grenzkontrollpunkt zwischen Jerusalem und Ramallah statt. Dort reagierte die Armee mit Tränengas und Hartgummigeschossen auf steinewerfende Jugendliche. Zahlreiche Demonstranten wurden dabei verletzt, mindestens 20 seien verhaftet worden.
An den Trennanlagen zum Gazastreifen blieb es hingegen weitgehend ruhig. Dort hielten Hamas-Sicherheitskräfte Demonstranten zurück. Auch an der libanesischen Grenze blieben die in Israel befürchteten Auseinandersetzungen aus, weil die Demonstrationszüge noch auf libanesischer Seite von der dortigen Armee aufgehalten wurden. Hilfreich waren dort offenbar auch die im Grenzgebiet eingesetzten UNIFIL-Truppen. Die auf den Golanhöhen stationierten UN-Truppen hielten sich dagegen komplett zurück.
"Die syrische Regierung hat kein Interesse daran, die Demonstrationen zu verhindern", erklärt Eyal Sisser, Syrien-Experte am Mosche Dayan Zentrum der Universtität Tel Aviv. "Zum einen hat (Präsident Baschar) Assad im Moment andere Dinge, die ihn beschäftigen", zum zweiten käme ihm die Ablenkung der öffentlichen Aufmerksamkeit von regierungsfeindlichen Demonstrationen in Syrien durchaus gelegen.
Sisser glaubt nicht, dass mit verschärften Eskalationen zu rechnen ist und hält die Berichte des staatlichen Fernsehsenders in Damaskus "für gelogen".
In Tel Aviv hatten am Vorabend Friedensorganisationen und Aktivisten der linken Parteien, darunter auch die Arbeitspartei und eine linke Gruppe innerhalb der Kadima, die Regierung dazu aufgerufen, einem Staat Palästina zuzustimmen. Die rund 6.000 Demonstranten appellieren dazu, die jüngste Initiative von US-Präsident Barack Obama aufzugreifen.
Auch Saeb Erikat, ehemals palästinensischer Chefunterhändler bei den Friedensverhandlungen, rief anlässlich des 44. Jahrestages des Beginns der Besatzung, die internationale Gemeinschaft dazu auf, den Staat Palästina "in den Grenzen von 1967" anzuerkennen.
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