piwik no script img

Neuseelands Wende in der KlimapolitikRinder-Rülpser bleiben steuerfrei

Neuseeland galt lange als Vorreiter beim Umweltschutz. Mit der Streichung der Methan-Steuer macht die neue Regierung nun Schluss damit.

Muuuh muuuh muh Foto: Pond5/imago

Sydney taz | Die einen nannten sie „Rülps-Steuer“, andere „Kuh-Steuer“ oder gar „Furz-Steuer“ – und sie war eine der weltweit am meisten gefeierten und zugleich kritisierten Klimaschutzmaßnahmen der früheren progressiven Regierung Neuseelands. Nun wird sie bald Geschichte sein. Die konservative Koalitionsregierung unter Premierminister Christopher Luxon wird die von seiner Vorgängerin Jacinda Ardern geplante Steuer auf Emissionen aus der Landwirtschaft noch in diesem Monat streichen und durch „alternative Maßnahmen“ im Kampf gegen Klimaerhitzung ersetzen.

Arderns Labourpartei hatte gehofft, mit der Steuer die Treibhausgasemissionen reduzieren zu können, die durch Blähungen und Rülpser von Kühen und Schafen entstehen. Die Maßnahme war ausgesprochen unbeliebt unter Landwirten – und Beobachtern zufolge mit dafür verantwortlich, dass die Labourpartei im letzten Jahr die Mehrheit verlor.

Die neuseeländische Wirtschaft ist maßgeblich von der Landwirtschaft abhängig. Rund 10 Millionen Rinder und 25 Millionen Schafe leben in der Inselnation, die nur 5,1 Millionen menschliche Einwohner hat. Zuletzt hat die Milchindustrie dabei die Woll- und Fleischproduktion als wichtigsten Sektor überholt. Der Großteil der Milch wird in Form von Milchpulver exportiert, vorwiegend nach China.

Milchproduktion ist ein lukratives Geschäft für eine begrenzte Zahl von Bauern, die rechtzeitig den Schritt in die Massenproduktion unternommen hatten und den Markt weitgehend kontrollieren. Die durchschnittliche Größe einer Kuhherde liegt bei 419 Tieren. Es gibt Herden von bis zu 1.000 Kühen, die auf Wiesen grasen und täglich zweimal in riesigen, elektronisch gesteuerten Anlagen gemolken werden müssen.

Unappetitliche Rinderemissionen

Der hohe Viehbestand hat seinen Preis für die neuseeländische Natur, die in der Tourismuswerbung als „grün und sauber“ präsentiert wird. Nicht nur sind die meisten Gewässer mit Gülle verschmutzt, fast die Hälfte der Klimagas-Emissionen des Landes entstehen in der Landwirtschaft. Die Blähungen der Rinder sind das Hauptproblem, weil sie Methan produzieren. Aber auch der Urin kann klimaschädigende Gase in die Atmosphäre entweichen lassen.

Die Ardern-Regierung hatte die Viehzucht ins Visier genommen, um die Treibhausgasemissionen bis 2050 auf Null reduzieren zu können. Der Plan, die Emissionen der Viehzucht zu besteuern, löste landesweite Proteste aus. Landwirte befürchteten Gewinneinbussen.

Die konservative Regierung wird nun Landwirtschaft, Tierverarbeitungsbetriebe und Düngemittelfirmen aus dem Emissionspreissystem entfernen, das 2025 anlaufen soll. Stattdessen sollten Landwirte ermutigt werden, ihre Emissionen durch den Einsatz von neuen Technologien zu senken, so Landwirtschaftsminiser Todd McClay. Die Abschaffung der Steuer ändere nichts an den internationalen Verpflichtungen Neuseelands im Kampf gegen den Klimawandel.

Umweltgruppen reagierten wütend auf die Nachricht. Die Organisation Greenpeace beschuldigte die konservative Regierung, einen „totalen Krieg gegen die Natur“ zu führen. Eine Sprecherin meinte, die Regierung habe „klar signalisiert, dass die umweltschädlichsten Industrien, die Industriemolkerei und die neue Öl- und Gasexploration, unsere Atmosphäre wie eine offene Kloake behandeln dürfen“. Kurz zuvor hatte Wellington angekündigt, auch das Verbot der Exploration neuer Öl- und Gasreserven aufzuheben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Wer hat das geschrieben, ich würde gerne einen leser:innenkommentar verfassen, um Dinge zu korrigieren :)!