Influencer wird EU-Abgeordneter: Sieg des Youtubers
Keine Ahnung von der EU, aber drin. Der Einzelkandidat Fidias Panagiotou zieht als einer von sechs Abgeordneten für Zypern ins EU-Parlament.
Die Demokratische Sammlung Zyperns (DISY) hatte sich mit 24,8 Prozent der Stimmen zwei Sitze gesichert. Einen Sitz ergatterte die kommunistische AKEL-Partei. Bereits auf Platz drei folgte der unabhängige Kandidat Fidias Panagiotou mit 19,3 Prozent. In der Altersgruppe 18 bis 29 Jahre holte Panagiotou sogar 29 Prozent der Stimmen, unter den über 70 Jahre alten Wählern waren es hingegen nur drei Prozent.
Fest steht: Panagiotou ist ins Europaparlament eingezogen. Er lag in der Wählergunst deutlich vor der rechtsextremen Parlamentspartei ELAM (11,2 Prozent) und der ebenfalls lange etablierten Partei DIKO (9,7 Prozent), die auch jeweils einen Sitz im Europaparlament gewannen.
Mit einem Sportwagen fängt alles an
Der 24-jährige Youtuber Panagiotou aus dem 980-Seelen-Dorf Meniko kann also seine Koffer für Brüssel und Straßburg packen. Dabei hatte Panagiotou, der Sohn eines Predigers ist, von Anfang an klargestellt, dass er „nichts über Politik und nichts über die Europäische Union weiß“. Seine Kenntnislücken wolle er aber „innerhalb weniger Monate durch Fragen, Lesen und Lernen beseitigen“.
Angefangen hat für ihn wohl alles, als er einen Lamborghini von dem weltweit erfolgreichsten Youtuber Mr. Beast gewann. Panagiotou hatte dafür die Herausforderung angenommen, über 70 Stunden lang ein Teil eines Supersportwagens zu halten. Danach verkaufte er den Schlitten für 240.000 US-Dollar. Er selbst sagt, die meisten Menschen seien ihm in den sozialen Medien durch sein Treffen mit dem Tech-Milliardär Elon Musk begegnet. Dafür schlief der junge Zypriote drei Monate lang in einem Schlafsack vor den Büros von SpaceX, bis er es schaffte, Elon Musk vor laufender Kamera zu umarmen.
Mittlerweile hat Panagiotou etwa 2,6 Millionen Abonnenten auf seinem Youtube-Kanal. Im April, zwei Monate vor den Europawahlen, reichte Panagiotou seine Kandidatur für das Europaparlament ein. Auch dies tat er betont medienwirksam. An der Seite seines Vaters trug Panagiotou dabei Anzug und Fliege. „Ich habe irgendwo gehört, dass man, wenn man mit den Dingen um einen herum unzufrieden ist und will, dass sich etwas ändert, selbst die Veränderung sein muss“, sagte er bei dieser Gelegenheit. Wofür Panagiotou politisch eintritt, welche konkreten politischen Inhalte er vertritt, blieb während des Wahlkampfs und auch am Wahlabend unklar.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Sport und Krieg in der Ukraine
Helden am Ball
Bodycams bei Polizei und Feuerwehr
Ungeliebte Spielzeuge
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Nachhaltige Elektronik
Ein blauer Engel für die faire Maus