Bioenergie: Die gelbe Gefahr
Landwirte profitieren vom Maisanbau für Biogasanlagen. Monokulturen sind jedoch eine Gefahr für die biologische Vielfalt und die traditionelle Landwirtschaft.
Das Geschäft mit der Biogasproduktion boomt in Niedersachsen. Mittlerweile ist die Zahl der landwirtschaftlichen Biogasanlagen von rund 600 im Jahr 2007 auf etwa 900 im Jahr 2010 gestiegen. Das Land gilt als Spitzenreiter bei der Erzeugung von Biogas in der Bundesrepublik.
Mais ist der Hauptrohstoff mit dem die Biogasanlagen gespeist werden. In manchen Regionen beanspruche der Maisanbau für Futtermittel und Biogasanlagen bereits über 50 Prozent der Ackerfläche, sagt Uwe Baumert, Bioenergieexperte des Naturschutzbundes (Nabu) Niedersachsen. Diese zunehmende "Vermaisung" stelle ein ökologisches und ökonomisches Problem dar. Die entstehende Monokultur bedrohe die biologische Vielfalt in vielen Regionen. "Tiere finden keine Nahrung mehr und verlieren ihre Lebensgrundlage", sagt Baumert. Außerdem führe der verstärkte Maisanbau für Biogasanlagen zur Flächenkonkurrenz, die wiederum hohe Pachtpreise verursache.
Dazu komme noch der gestiegene Stickstoffgehalt im Grundwasser. An einigen Orten seien die vorgeschriebenen Grenzwerte bereits erreicht, sagt Christian Meyer, stellvertretender Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90 / Die Grünen in Niedersachsen. Meyer fordert: "Kein Geld für Mais-Monokultur." Damit meint er die staatlichen Subventionen für Biogasbetreiber, die vor allem auf Energiemais setzen.
Niedersachsen verfügt über rund 1,85 Millionen Hektar (ha) Ackerland. Auf etwa 220.000 ha Ackerflächen wurden 2009 Energiepflanzen erzeugt:
45.000 ha Raps für Biodiesel,
15.000 ha Getreide und Zuckerrüben für Bioethanol,
170.000 ha für Energiepflanzenbau für Biogas, wovon 145.000 ha der Maisanbau beanspruchte.
Erstaunlicherweise sind sich die Parteien im niedersächsischen Landtag in diesem Punkt einig: Sie plädieren für eine Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Das Gesetz gewährt neben der Grundvergütung für Biogasanlagen den Bonus für den Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen (Nawaro-Bonus). Dieser trage zum verstärkten Maisanbau bei, sagt der niedersächsische FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr. Für viele Landwirte sei es gewinnbringender Biogasmais anzubauen und dafür staatliche Subventionen zu erhalten, als ihre Ackerflächen für Nahrungsmittelproduktion oder Viehzucht zu nutzen. Der Nawaro-Bonus müsse geändert oder "gar ganz gestrichen werden", findet auch der umweltpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Martin Bäumer. Das sei aber Sache des Bundes. Die nächste EEG-Novelle werde erst 2012 in Kraft treten.
Dass Biogasbetreiber in erster Linie auf Mais setzen, habe neben den Subventionen für nachwachsende Rohstoffe auch damit zu tun, dass Mais sehr hohe Energieerträge pro Hektar habe und damit die "effizienteste Futter- und Energiepflanze" sei, sagt Gerd Höher vom niedersächsischen Landwirtschaftsministerium. Außerdem seien die Erzeugungskosten beim Mais sehr niedrig, so Manuel Maciejczyk, stellvertretender Geschäftsführer im Fachverband Biogas e. V.: Die Landwirte wären durchaus bereit, weniger effiziente Pflanzen anzubauen. Dafür bräuchten sie aber einen angemessenen Ausgleich - finanzielle Unterstützung vom Staat.
Den Nawaro-Bonus nicht abschaffen, aber reduzieren und an den landwirtschaftlichen Preisindex koppeln, sei der richtige Weg, sagt hingegen Nabu-Experte Baumert. Bei allem, was man tue, sei es jedoch wichtig, eine "einseitige Ausrichtung" der Energiegewinnung zu verhindern: "Wir brauchen einen Energiemix und bei der Bioenergie einen Energiepflanzenmix."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!