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"Tiere essen" von Safran FoerVeganer bis 17 Uhr

Zum großen Wandel in kleinen Schritten, dazu rät Jonathan Safran Foer. Sein neues Buch "Tiere essen" ist eine brillante Mischung aus Recherchejournalismus und Autobiografie.

"Wenn jeder einmal die Woche weniger Fleisch isst als bisher, dann ist das eine radikale Veränderung", findet Safran Foer. Bild: suze/photocase

Da der Klimawandel das zentrale Thema des 21. Jahrhunderts ist, müsste es langsam auch einen wegweisenden Roman dazu geben? Der britische Schriftsteller Ian McEwan hat es versucht - und ist gescheitert. Sein Buch heißt "Solar" und erscheint Ende September in deutscher Übersetzung. Das zentrale Buch zu diesem Thema und allem, was damit zusammenhängt, kommt bis auf Weiteres von dem New Yorker Schriftsteller Jonathan Safran Foer und ist kein Roman, sondern eine brillante Mischung aus Recherchejournalismus und Autobiografie: "Tiere essen".

Safran Foer, 33, studierte in Princeton und wurde 2002 mit seinem Erstlingsroman "Alles ist erleuchtet" sehr berühmt. Der Roman ist eine fiktionalisierte, historische Spurensuche in der Ukraine, in der Safran Foers jüdische Großeltern den Deutschen und dem Holocaust knapp entkamen. Safran Foer ist Jude, und er ist verheiratet mit der sehr erfolgreichen Schriftstellerin Nicole Krauss - deren jüdische Großeltern vor den Nazis aus Europa flohen. Das "Glamourpaar" (FAZ) der US-Literatur lebt in Brooklyn, New York, und hat zwei Kinder. Die Geburt des ersten Kindes inspirierte ihn nach zwei postmodernen, stilistisch spielerischen Romanen zu diesem überraschenden Buch.

Krieg gegen die Tiere

Safran Foer hat dafür in Schlachthäusern zugesehen, wie Tiere getötet werden. Er sieht die Menschheit im Krieg gegen Tiere und vor allem gegen die Meere. Seine Erkenntnisse über die Massentierhaltung und industrielle Fleischproduktion, die Grausamkeit der Massentötung und die fatalen Auswirkungen auf Umwelt und Klima sind weitgehend auf Deutschland zu übertragen.

Fleisch ist für ihn der "Elefant im Wohnzimmer, den jeder übersieht". Industrielle Tierzucht und Fleischproduktion haben einen sehr hohen Anteil an der Erderwärmung; manche Quellen sagen 18 Prozent, andere beziffern das deutlich höher. Der britische Umweltvordenker James Lovelock sieht die Menschheit bis 2100 unter anderem deshalb auf ein Fünftel schrumpfen, weil eine demokratische Gesellschaft zu wirklich relevantem Klimaschutz wie fleischfreier Ernährung nicht in der Lage sei. Deutliche Reduzierung von Fleischverzehr ist eine Schlüsselfrage, aber der Bedarf ist steigend. Das Sprechen darüber ist schwer, weil große Teile der Gesellschaft sich hinter kulturellen und emotionalen Blockaden verschanzen.

"Vieles war schwierig an diesem Buch", sagt Safran Foer am Telefon aus Jerusalem, wo er mehrere Monate verbringt. Zum Beispiel sei es fast unmöglich, in einen Schlachthof reinzukommen. "Aber das Schwierigste ist es, einen guten Ton zu finden, der die Leute nicht verärgert oder aggressiv macht." Das ist ihm in den USA weitgehend gelungen: Menschen sagten ihm, er habe ihr Leben verändert, etwa die Schauspielerin Natalie Portman, die nach Lektüre Veganerin wurde. Andere keilten zurück: Manch "erzkonservativer Schmock", sagt Safran Foer, sehe schon bei einem fleischfreien Tag in Schulen seine freiheitlichen Grundrechte bedroht. Oder seinen Marktanteil. Oder am besten gleich Amerika.

Rhetorik des Vegetarismus

Aber auch manch linksliberaler, aufgeklärter Menschenfreund erreicht die eigenen kulturellen Grenzen, wenn er das Gefühl hat, man wolle ihm sein Wiener Schnitzel verbieten. Vor allem, wenn man ihn moralisch konfrontiere oder sage: "Tiere töten ist falsch. Ende der Diskussion." Damit gewinne man einen, verliere aber zehn, die sich dann sagten: Okay, ich bin nun mal Allesfresser, und die dann die entsprechenden Begründungen dafür finden, von den Proteinen über den Genuss, die Kultur, das Freiheitsargument bis zum historischen Wachstum des menschlichen Gehirns durch einsetzenden Fleischverzehr.

"Die Rhetorik des Vegetarismus ist wirklich überzogen und sehr ärgerlich", sagt Safran Foer. "Nehmen Sie T-Shirts, auf denen ,Fleisch ist Mord' steht - ich weiß nicht, ob das andere Menschen überzeugt oder ob es sich nicht nur für den gut anfühlt, der es trägt." Die Frage sei: "Was willst du mit deiner Botschaft erreichen?"

Es reicht nicht, Vegetarier zu sein und den Industriefleischesser am Nebentisch für verantwortlich zu erklären - selbst wenn er das für Foer ist. Also sagt er: "Wenn jeder einmal die Woche weniger Fleisch isst als bisher, dann ist das eine radikale Veränderung."

Bild: taz

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Jonathan Safran Foer

Der Literaturstar: Sein erster Roman "Alles ist erleuchtet" machte den damals erst 25-jährigen Autor 2002 mit einem Schlag berühmt. In Form von Briefen erzählte er von einer autobiografischen Reise in die Ukraine auf den Spuren seiner Familie und verband das Fiktionale mit dem Dokumentarischen.

Die Familie: Interessierte Foer in seinem Debütroman die Herkunft seiner Eltern und Großeltern, so löst die Sorge um die Zukunft seiner Kinder die Recherche für "Tiere essen" aus. Er lebt mit zwei Kindern und seiner Frau, der Schriftstellerin Nicole Krauss, in Brooklyn, New York.

Einmal die Woche? Der geübte Kritiker von individueller Lebensstilverantwortung könnte hier versucht sein, Safran Foer als weiteres Beispiel für Larifari-Besserverdienenden-Ökoboheme abzuhaken, der es an politischer Dimension oder Vollmoral mangelt.

Es wäre ein Missverständnis. Er weiß und sagt, dass es radikalen Wandel braucht. Aber wie kriegt man Radikalität, wenn Menschen alles wollen, bloß nicht radikale Veränderung? Durch anderes Denken. "Wir missverstehen radikalen Wandel und denken, das bedeute, dass ein Individuum sich komplett verändern muss." Falscher Ansatz. "Wir sind besessen von individuellen Fragen und vergessen dabei, uns miteinander zu verknüpfen." Der "radikale kulturelle Wandel", von dem er spricht, entsteht durch Verknüpfung. Konkret: "Wenn alle Amerikaner, sagen wir, donnerstags fleischlos zu Mittag essen, entspräche das dem Äquivalent von fünf Millionen Autos weniger auf der Straße, das ist ein ganz großes Ding."

Safran Foer glaubt nicht an eine genetische oder historische Determinierung und auch nicht, dass Tierproteine für eine "ausgewogene" Ernährung nötig sind. Er verweist darauf, dass Vegetarier länger leben. Für ihn geht der exorbitant gestiegene globale Fleischkonsum in den letzten hundert Jahren hauptsächlich auf zwei Treiber zurück: die ökonomischen Interessen der Industriefleischbranche und die Einübung als Wohlstandsgewohnheit - auch in Gesellschaften, die zuvor stark vegetarisch geprägt waren.

Kochen meint Liebe

In "Tiere essen" beschäftigt er sich auch mit der Bedeutung von Essen und Fleisch für Menschen als Teil einer individuellen, familiären und gesellschaftlichen Identität. Er nennt und schätzt die Bedeutung des Thanksgiving-Truthahns. Er respektiert auch, dass Menschen ihre Liebe zu ihren Kindern, Lebenspartnern, Freunden durch Zubereitung eines Tiers ausdrücken möchten. "Ich verstehe, wenn jemand sagt, er liebe Fleisch, er könne nicht Vegetarier werden", sagt er. "Ich verstehe aber nicht, wenn jemand sagt, er könne nicht einmal die Woche weniger Fleisch essen." Er nennt den Gastrokritiker Mark Bittman von der New York Times. Der liebe Fleisch, müsse es beruflich essen und sei "Veganer bis 17 Uhr" geworden, das beinhaltet Frühstück und Mittagessen. Darum gehe es: "Statt alles oder nichts - eine eigene Balance finden. Das bringt viele Menschen in die richtige Richtung - weg von der Fleischindustrie."

Geschichten über Essen, das ist seine These, sind Geschichten über uns und unsere Werte. Und wir sind Geschichten für unsere Kinder: Was wir sind und was wir sein wollen. Weil Safran Foer weiß, dass Menschen nicht wegen Fakten ihr Leben verändern, erzählt er die Geschichte seiner Großmutter, die auf der Flucht vor den Nazis ein ihr angebotenes Stück Schweinefleisch ablehnt - obwohl sie am Verhungern ist. Die Moral der Geschichte ist nicht, dass man als Jüdin nur koscheres Fleisch essen darf. Ihre Begründung lautet: "Wenn nichts wichtig ist, dann gibt es auch nichts zu retten."

Geschichte ohne Fleisch

Foer drückt es anders aus: "Wenn ich an etwas glaube, muss ich danach handeln." Er ist nach einem Hin und Her von zwanzig Jahren jetzt Vegetarier geworden, weil er für seine Kinder eine Geschichte ohne Fleisch erzählen will. Er ist hochmoralisch, aber er will niemanden überfordern oder mit dem Gefühl der Hilflosigkeit zurücklassen, sondern allen Zugang zu einer individuellen positiven Veränderungsgeschichte ermöglichen. Das ist das Herausragende an "Tiere essen", nicht die Fakten und Zahlen und auch nicht die moralphilosophischen Passagen.

Das Interessante ist, dass ausgerechnet ein Künstler und Intellektueller dermaßen Ernst macht. Einer, dessen literarische Vorbilder Homer und Kafka sind - zumindest Letzterer übrigens ein Vegetarier. Ein "geborener Surrealist", wie seine Förderin Joyce Carol Oates ihn genannt hat. Wie kommt das? "Vor zehn Jahren haben wir über Frieden im Nahen Osten geredet oder dass wir mehr Zeit mit Abendessen verbringen sollten", sagt Safran Foer. "Jetzt reden wir darüber, ob unser Planet unbewohnbar sein wird, ob in den Meeren noch Leben sein wird." Die Natur der Fragen habe sich geändert, Gleichgültigkeit sei schwierig geworden, unsere menschlichen Fehler seien nicht mehr emotional, sondern materiell real. "Wir müssen uns dramatisch verändern", sagt Safran Foer, "aber der einzige Weg, es zu schaffen, ist, damit anzufangen."

Safran Foer, Enkel von Holocaust-Überlebenden, gehört zu einer Nachkriegsgeneration, die trotz allem vergleichsweise wohlhabend und unbeschwert aufwachsen konnte. Ihr Lieblingswort heißt "eigentlich". Eigentlich müsste man. In dem gesamten Gespräch benutzt Jonathan Safran Foer das Wort kein einziges Mal.

Jonathan Safran Foer, "Tiere essen", Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2010, 400 Seiten, 19,95 Euro

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24 Kommentare

 / 
  • TS
    Till Seh

    Auf Utopia.de hat Martin Tillich eine sehr lesenswerte Renzension zu Tiere Essen von Safran Foer geschrieben:

     

    http://www.utopia.de/magazin/glueckliche-tote-tiere-essen-plaedoyer-fuer-bewussten-konsum-jonathan-safran-foer-buch-verlosung-fleisch-vegetarismus

  • R
    Rottweiler

    Das Buch von Volker Ellis Pilgrim : Gründe kein Fleisch zu essen ist eine Pflichtlektüre. Sehr persönlich und leicht verständlich geschrieben.

  • MK
    Madlen Kobi

    Foers Buch ist spannend geschrieben und deckt alles auf, was Fleischkonsumierende gerne verdrängen.

     

    Gleichzeitig möchte ich auf eine soziale Auswirkung unseres Fleischkonsums aufmerksam machen, die bei Foer unerwähnt bleibt: Unsere Tiere brauchen nämlich Futter, das wir oft aus Ländern des globalen Südens importieren, weil wir selber nicht genügend Anbauflächen haben. Für den Anbau von Futtermitteln wie Soja und Getreide wird Regenwald gerodet, Grossbetriebe lassen sich nieder und verdrängen mit ihrerm industriellen Anbau die Kleinbauernfamilien von ihren Fincas.

     

    Weil das Land und das Grundwasser durch Pestizide verschmutzt werden und die Sojaindustrie kaum Arbeitsplätze anbietet, migrieren viele Bauernfamilien in die Slumviertel der Städte, wo sie in einer Armutsspirale versinken, weil sie dort nur schlechtbezahlte Jobs finden und Lebensmittel zu teuren Preisen einkaufen, weil sie diese nicht mehr von ihren Feldern beziehen können.

     

    Wieso vergessen wir diese globalen Auswirkungen, die viele in diesem Forum schon angesprochen haben, sobald auf unserem Teller ein Steak liegt?

  • JP
    Jelfry Polanco Jimenez

    Ich finde gut,wenn jemand kein Fleisch isst,aber:

    was kann man machen,wenn die Tiere sehr alt sind?

    Also meine Meinung ist,dass man 3 oder 4 Mal pro Woche Fleisch essen kann.

  • M
    MoSef
  • B
    Bärenhunger

    @ Sven O.: Es freut mich, dass Sie auch einer toleranten Veganerin begegnet sind. Ich selbst würde mich dazu rechnen, was bedeutet, dass ich die Ernährungsweise anderer Mitmenschen respektiere, selbst wenn Sie nach Darlegung der Fakten der Ansicht sind, nichts daran ändern zu müssen. Solange ich ebenfalls respektiert werde. Denn das geschieht leider viel zu selten, denn oftmals müssen sich Veganer/innen für ihre Form der Ernährung, wie Sojakotelett richtig angemerkt hat, immer wieder rechtfertigen, was ich, da es sich zuvorderst um eine ganz persönliche Entscheidung handelt, für sehr respektlos erachte.

     

    Im Übrigen stimme ich Sojakotelett auch darin überein, dass die absolute Mehrzahl der Veganer/innen ein "normales" Leben führt und die "missionierenden Hippie-VeganerInnen" lediglich eine verschwindend geringe Minderheit innerhalb einer bereits sehr kleinen Minorität bilden.

     

    Dennoch gibt es solche Vertreter/innen, namentlich sei an dieser Stelle Achim Stößer genannt, der in seiner Art, andere überzeugen zu wollen, auch den allermeisten Veganer/innen hierzulande viel zu extrem ist und daher praktisch isoliert ist.

     

    Hier seine von ihm betriebenen Websites, die man sich einmal anschauen sollte, um sich ein Bild zu machen, dann aber schnell wieder vergessen und ignorieren sollte:

     

    http://maqi.de/

    http://veganismus.de/

     

     

    Stattdessen empfehle ich die Lektüre folgender Seiten, auf denen Sie sehr vielen toleranten Veganer/innen begegnen:

     

    http://vegan.de/

    http://www.berlin-vegan.de/

  • P
    petronius

    der vorschlag, weniger fleisch zu essen und dafür gutes (also nicht aus tierfabriken), ist zwar nicht neu, aber dennoch gut und wert, befolgt zu werden. auch wenn es von hardcore-vegetariern als unzureichend kritisiert wird

     

    an Spitzen-Fruchtfleischfresser:

     

    "Veganer ... waren schon immer eine bedeutende Kraft zu vielen Zeiten in verschiedenen Kulturen"

     

    mit verlaub: das ist unsinn. in früheren zeiten wäre niemand auf die idee gekommen, auf tierische produkte zu verzichten. es gab schließlich noch keine mineralölprodukte, um leder, wolle, knochenleim etc. zu ersetzen

     

    "Felder sind auch ohne Tierdung oder Mineralöl bestellbar. Sogar nachhaltig"

     

    und wo kommen die nährstoffe dann her?

  • S
    Sojakotelett

    Es gibt weder eine "Veganer-Szene", noch sind VeganerInnen Extremisten, es ist lediglich eine Art sich zu ernähren. Es bedarf nicht einmal besonderen Aufwands, es ist nur ein Weglassen von bestimmten Lebensmitteln. Daran ist nicht besonders viel extrem.

    Aus meinen bisherigen Erfahrungen bekehren VeganerInnen sehr selten, Ausnahmen bestätigen die Regel, doch viele "normalen" VeganerInnen sind oft als solche nicht zu erkennen. Vielmehr rechtfertigen sich VeganerInnen sehr oft, dafür dass sie etwas NICHT TUN, sprich Fleisch- und Milchprodukte zu essen.

    Anstatt sich über die wenigen missionierenden Hippie-VeganerInnen zu empören, könnte man erstens das Buch von J.F.Foer lesen - er erklärt darin sehr sachlich und ohne die Intention zu bekehren, wie Fleisch hergestellt wird; und zweitens erst über die Auswirkungen des eigenen Konsumverhaltens nachdenken, bevor man, ohne sich je die Mühe gemacht zu haben sich darüber zu informieren woher die Dinge stammen, die man seinem Körper zuführt, andere dafür angreift, dass sie sich solche Gedanken gemacht und daraus Konsequenzen gezogen haben.

  • CK
    Christian Kolberg

    Ein Buch ,das ich mir auf alle Fälle durchlesen muß. Bisher mußte ich, selbst leidenschaftlicher Fleischesser, eine Wandlung vom armen Studierenden, dessen liebster Freund die Alditheke war zum verantwortungsbewußten Einkäufer mausern, um Qualität kennenzulernen. Dazu gehört die Fleischbeschaffung "am Stück". Wer schon einmal langsam auf Wiesen herangewachsenes Rind verkostet hat, oder die Wurst und das Rippchen des glücklichen Schweines von Bauer X in Direktvermarktung, wird feststellen, daß die höheren Preise durch die Qualität und den Geschmack deutlich relativiert werden. Da lohnt es sich wirklich, zur Geldkompensation einen fleischfreien Tag die Woche einzuführen, oder wie im gut katholischen Haushalt den Freitag mit "Alternativspeisen" zu überstehen. Was ich nicht verstehe, ist, daß Wild als Fleisch auf dem Tisch noch immer Befremden auslöst, ein klassisches Herbst-Winteressen bleibt(Trotz Kühltruhen)und nicht saisonal den Jagdzeiten angepaßt auf dem Markt erscheint. Wir importieren Wild aus Gehegen in Neuseeland, anstatt das heimische "Biofleisch", das streßfrei ohne lange Transport-und Schlachtmaschinerie sein Leben beendet in der Cuisine einzusetzen. Wildschäden und überhöhte Bestände verlangen nach Reduzierung, aber das "Nebenprodukt" Fleisch von tollem Geschmack und großer Vielfalt geht für 80 Cent zum Händler oder wird Abfall, was ethisch und nach Tierschutzgesetz nicht zu vertreten ist. In diesem Zusammenhang muß die Entfremdung der Gesellschaft von der Herkunft ihrer Konsumprodukte beseitigt werden, Fleisch kommt nun mal nicht vom Supermarkt und die Milch nicht von Tetra-Pak sondern hatte mal Augen und ein trauriges Leben geführt. Vielleicht ist dann die Umkehr von der Massentierhaltung zur extensiven Landwirtschaft und die Nutzung der Biorecourcen möglich. Auch die Bioproduktepalette, die im Discount nach anfänglichem Boom immer kleiner wird, ist vom Verbraucher gesteuert! Also nicht nur moralisieren, sondern auch nicht nur nach Sonderangeboten geiern. Wer denn reelen Wert und die Produktionskosten der Landwirtschaft tierfreundlich unterstützen will, kann keine Billigprodukte kaufen. Den Profit sacken sich die Veredlerbetriebe und Vertriebe ein, der Rohstoffanteil am Preis wird immer kleiner.Auch der Fisch ist keine Alternative, die mit gutem Gewissen gekauft werden kann.

  • S
    Spitzen-Fruchtfleischfresser

    Mir fiel in letzter Zeit recht häufig auf, das Veganern der Radikalismus unterstellt wird, weswegen diese Ernährungsform dann damit begründet abgelehnt werden kann. Man wäre ja kein Extremist.

    Andererseits wird dann fast im gleichen Atemzug vorgeworfen, das man nicht radikal genug wäre, und somit willkürlich handelt.

     

    Es gibt Menschen, die lieben und beachten die Welt abseits der Zivilisation. Umgangssprachlich Natur genannt. Sie strengen sich an, ihr Handeln nach dem auszurichten, was sie lieben und achten.

    Anderen Menschen ist das Außerhalb egal oder sie haben andere Prioritäten.

     

    So einfach ist das.

     

    @Jan Sebastian

     

    Veganer sind genauso Menschen wie Du und ich. Sie waren schon immer eine bedeutende Kraft zu vielen Zeiten in verschiedenen Kulturen. Und neben der Bourgoisie auch in anderen Gesellschaftsschichten. Die Natur zu erhalten bedeutet Ewigkeit.

     

    Felder sind auch ohne Tierdung oder Mineralöl bestellbar. Sogar nachhaltig. Regenwürmer sind unsere Freunde.

     

    Unsere Fähigkeit, Spitzenpredator zu sein, hat uns dahin gebracht, wo wir jetzt sind. Mit allen Annehmlichkeiten, die ich hoch schätze. Zum Beispiel Möbel aus Holz und Ähnliches. Diese Fähigkeit wird uns jedoch ins Verderben stürzen, wenn wir sie nicht ablegen.

     

    Dann sind wir alleine mit 80 Millionen Kühen.

    (in Europa)

  • W
    WhiskeyBernd

    @Jan:

     

    Wenn man bedenkt, wieviel Getreide, Soja, Wasser und Anbauflächen für die Tierhaltung verschwendet werden, ist es total lächerlich, Veganern vorzuwerfen, dass sie aus "zu viel Wohstand verzichten". Fleich zu essen ist übermäßiger Wohlstand, nicht, es zu boykottieren.

     

    Ach übrigens: Du wirst es kaum glauben, aber es gibt auch Dünger ohne Mineralöl und Kuhkot.

     

    @hongde_mogui:

     

    Das Problem hierbei ist, das für die Mast viel viel viel mehr Pflanze benötigt wird als für eine pflanzliche Ernährung. Für 1 KG Fleisch bis zu 16 KG Pflanzen. Also wäre demnach eine rein pflanzliche Ernährung viel moralischer ;).

     

    Generell find ich es hier ein Witz, wie die ökologischen Probleme von einigen Kommententatoren völlig ausgelassen werden. Die immer weiter führende Regenwaldrohdung, die Verschmutzung des Grundwassers und der Luft. Ach - bevor mal wieder jemand meint, für Soja wird der Regenwald zerstört - exakt, und zwar für das Futter der Massentierhaltung. Dies verschlingt 90 % des weltweiten Sojaanbaus - mal abgesehen davon, wieviel hungernden Menschen man damit das Leben retten könnte.

  • NV
    Nicht-extremistischer Veganer

    Der Artikel lädt zum Lesen des Buches ein.

     

    Vor allem die bornierten Kommentatoren, die beim Thema Vegetarismus/Veganismus als erstes aufschreien, sollten auch mal einen Blick in dieses Buch werfen.

    Die englische Version hat bei Amazon 14*5 Sterne. Soooo schlecht kann das Buch also nicht sein.

  • V
    vic

    Ich esse keine Tiere - Nie.

    Ihr anderen, fresst was ihr wollt und lasst mich in Ruhe, so wie ich euch in Ruhe lasse.

  • M
    Männe

    Ich finde es gut, dass in dieser Richtung diskutiert wird.

    Es ist eben eine Lüge, dass Fleisch ein Stück Lebenskraft ist. Diese Losung hilft nur der Fleischindustrie. Die Leute sollen "fressen".

    Da der größte Teil unserer Jugend nicht gebildet ist, wird eben auch Gammelfleisch vertilgt.

    Die Medizin hat richtig dargestellt, dass der Fleischverzehr zu riesigen gesundheitlichen Problemen führt. Das wollen aber die Menschen nicht wissen und machen in dem alten Trott weiter, bis es eines Tages zu spät ist.

    Jeder sollte nach seiner eigenen Fasson leben keine Frage, sich aber durch eine falsche Ernährung zu schädigen, dafür sollte man sein Bewußtsein schon einstellen.

    Fakt ist, dass durch diese Ernährungsweise über 62% der Deutschen fettleibig geworden ist, besonders die jungen Mädchen. Wie gesagt, man muss durch seine Ernährung nicht ethische Ziele verfolgen, wäre allerdings zu begrüßen, die eigene Gesundheit sollte einem auch wichtig sein.

  • A
    Antonietta

    Billig soll das Fleisch sein, den es wird immer weniger Wert auf Qualität gelegt, wenn man dadurch Einsparungen erreichen kann. Doch das geht nur, wenn sehr viele Tiere von möglichst wenig Arbeitskräften am Leben gehalten werden und das geht nur, wenn Tiere möglichst schnell aufwachsen und schlachtreif werden. Fleisch ist also billig, weil Tiere in Massentierhaltungen ein elendes Leben führen müssen.

  • W
    www.schnitzel-ist-out.de

    Massentierhaltung ist ein Verbrechen an Tier und Natur

  • S
    Susanna

    Toller Artikel, aber nur einmal die Woche weniger Fleisch essen ist nun wirklich nicht radikal, diese Tipps gibt es schon seit 20 Jahren und niemand macht es.

    In meinen Augen fehlt es eher an grundlegendem Verständnis der Gesamternährungs - und Umweltsituation. Das hat mit Moral nix zu tun eher mit Ethik - natürlich ist es ethischer überhaupt kein Tier zu töten also auch kein artgerecht gehaltenes, aber es wäre doch ein absolut notwendiger Schritt überhaupt aus der ABSOLUT UNWÜRDIGEN Massentierhaltung rauszukommen.

    Wenn mans genau betrachtet ist die Milchgewinnung mit ständig aufrechterhaltender Säugefunktion der Kuh oder ständig eierlegende Hühner auch nicht wirklich natürlich oder eben ethisch, aber irgendwo muss man mal anfangen.

     

    Aber wenn dann die Ökos ,aus erfahrenem Widerstand versteht sich, immer dafür plädieren nicht zu deutlich und klar aufzuklären könnte ich mich immer amüsieren.

     

    Wenn ich mir überlege wie die Leute durch die Medien hauptsächlich natürlich durch die Werbung im Prinzip stetig massiv manipuliert werden ( das ist ja kein Geheimnis, die besten Werbeleute könnten auch Psychologen sein) was sie zu essen haben und was gut ist oder zumindest cool, dann darf und muss zum Teil ziemlich deutlich argumentiert werden was gesunde genussvolle Ernährung und vorallem ein gesundes Ökosystem, das ja alle Menschen betrifft, angeht.

  • JS
    Jan Sebastian

    Veganer sind Extremisten und werden aus diesem Grunde niemals eine bedeutende Kraft werden können. Allein der Gedanke jedwede Tierhaltung abzulehnen ist Zeichen eines burgeoisen Wohlstandsdenkens ("Solange es gibt, kann ich verzichten") und leider viel zu kurz gedacht.

     

    Wer ohne Tierhaltung Felder düngen und bestellen will muss zum Mineralöl greifen und das ist bald weg. Nicht sehr nachhaltig. Selbst in einem unbehandelten Gemüsebeet werden Regenwürmer vom Menschen versklavt.

     

    Davon abgesehen ist der Mensch in manchen Gegenden der einzige Spitzenpredator, der Großtierbestände, die ganze Wälder in wenigen Jahrzehnten roden können, effektiv dezimieren und deren Schädigung eindämmen kann.

     

    Der Mensch ist dazu verdammt in die Natur einzugreifen, mit Tieren zu arbeiten und sie auch zu töten, wenn er die Natur für sich erhalten möchte. Oder fällt jemandem spontan ein Predator ein, der allein in Europa 80 Millionen Kühe in Schach halten kann?

  • FW
    Franz Wagner

    Wenn wir wirklich aufrichtig sein wollen und uns nicht um die Frage drehen möchten Veganer oder nicht, dann haben wir die Pflicht auch über eines Nachzudenken und uns bewusst zu machen - und nicht wie bisher unter den Teppich zu kehren - TIERE WERDEN FÜR UNS JEDEN TAG MISSHANDELT!

     

    Und das auf eine unvorstellbar brutalst mögliche Art und Weise um bei McD, Nordess, Aldi & CO in einer sterilen Verpackung oder Dose (mit Wasser aufgebläht und anderen Zugaben "bereichert").

     

    Mir ist der Klos im Hals stehen geblieben, nachdem ich die Dokumentation "Earthlings" im Internet gesehen habe. Zu finden unter:

     

    http://video.google.com/videoplay?docid=6361872964130308142

     

    Danach bekommt diese Diskussion schlagartig eine andere Wende!

  • G
    gonzobaba

    also ich bin jetzt fast 30 jahre vegetarier und mir bekommt es, aber ob nun ein amerikaner egal welcher herkunft darüber ein buch schreibt oder nicht ist eigentlich fast egal oder? das die massentierhaltung sowohl ethisch als auch umweltpolitisch eine katastrophe ist, gehört glaube ich in vielen köpfen längst zur allgemeinbildung. vielleicht nicht bei den amerikanern die sich steaks von klon-rindern reinziehen, aber deren entwicklung ist ja noch nicht abgeschlossen. spätestens wenn sich so etwas wie rinderwahn bemerkbar macht wird das restgehirn wieder angeschmissen. nur dann ist es wohl zu spät.

  • KL
    Konventioneller Landwirt

    Foer ist meiner Ansicht nach einer der ersten, die das Problem von der Richtigen Seite her angehen. Ich kenne mich selbst sehr gut mit der modernen Landwirtschaft aus, habe aber mit Massentierhaltung nichts am Hut. Auch weil mir das einfach keinen Spaß machen will.

     

    Wenn ich die Generation meiner Eltern sehe, da gibt es, gerade auf dem Land, drei Mal am Tag Fleisch. Man kann es sich ja leisten und arbeitet körperlich. Genauso habe ich es übrigens in China und Südostasien erlebt. Ich habe dann auch angefangen einen Tag die Woche ohne tierische Nahrung zu leben und wusste z.B. gar nicht was ich auf mein Brot machen soll.

     

    Tierrechts-Kiddies und Leute die reflexhaft gegen jeden neuen Stall oder Schlachthof protestieren gehen entweder gegen die falschen Leute vor - die relativ "sauberen" Erzeuger in Deutschland - oder verschrecken die Mehrheit der Verbraucher mit krassen Forderungen.

     

    Gleichzeitig wollen dann auch die wenigsten so konsequent sein und z.B. auf Hunde und Katzen als Haustiere verzichten, die, auch wenn ihr Futter z.T. nur aus Schlachtabfällen besteht, das ganze System trotzdem profitabler machen. Oder es sollte mehr Pferdefleisch verzehrt werden, dass ja letztlich nur ein Nebenprodukt des Hobbys Reiten ist. Etc.

  • H
    hongde_mogui

    Wieder ein Veganer! Scheint sich zum Lieblingsthema der TAZ zu entwickeln. Schade eigentlich.

    Übrigens Pflanzen sind auch Lebewesen und haben nach neuestem Wissenstand Befindlichkeiten. Wir töten sie, mahlen ihre Babys in Mühlen und und und. Pflanzen essen ist Mord und erhöht definitiv den CO2-Ausstoß.

    Also kein Fleisch, keine Pflanzen und das Problem hat sich durch Abschaffung der Menschheit gelöst.

  • SO
    Sven O.

    Das ist es leider. Vegetarismus, wahrscheinlich auch Veganismus, ist in unserer heutigen Welt die sinnvollere Alternative zur fleischlastigen Ernährung, die immer flächendeckender wird.

     

    Aber wenn man das nicht tolerant und mit ehrlich gemeinter Offenheit kommuniziert, sondern wie viele die ich kenne, nur mit krassen Sprüchen um sich wirft, die für die Gegenposition ohnehin nicht nachvollziehbar sind, dann bringt es nichts, ist eher sogar kontraproduktiv für die Sache.

     

    Wenn ich als toleranter Vegetarier so manchen löblicherweise sehr aktiven, aber schrecklich engstirnigen Veganer genauer betrachte, kommt es mir oft so vor, dass es um die Sache gar nicht geht, sondern darum, dass sich das alles wie im Text gesagt für einen selbst gut anfühlt. Oft sind sie zu Selbstkritik nicht mehr in der Lage, weil sie sich selbst herrlich finden und alle anderen verdammen. Das ist schlimm, weil dann geht nichts voran.

     

    Ich wurde von sehr einer toleranten Veganerin überzeugt. Und ich weiß, dass Vegetarismus nur die halbe Miete ist und ich arbeite daran. Trotzdem glaube ich, dass diese Szene mehr Selbstkritik verträgt. Hoffen wir mal, dass so ein Buch ein gutes Beispiel ist.

  • E
    essender

    also ab sofort nur noch grüne blätter aufs brot. käse und margarine sind ja wohl auch absolut tabu da ja dadurch mehr CO2 emittiert wird als durch eine vergleichbare menge schweinefleisch.