Konzept zur Grundrente: Bis zu 447 Euro monatlich mehr
SPD-Bundesarbeitsminister Hubertus Heil legt ein Konzept für eine Grundrente für Geringverdiener vor. Die Union lehnt dieses offenbar ab.
Dem Koalitionspartner gehen die Vorstellungen Heils jedoch zu weit. „Die Union will, dass in Sachen Rente der Koalitionsvertrag umgesetzt wird“, erklärte der arbeitsmarkt- und sozialpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Peter Weiß, am Sonntag. „Was Hubertus Heil vorlegt entspricht aber nicht dem Koalitionsvertrag.“
Union und SPD hatten in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, dass die neue Grundrente ein Alterseinkommen zehn Prozent oberhalb des Grundsicherungsbedarfs garantieren soll. Bekommen sollen sie all jene, die 35 Jahre mit Beitragszahlung, Kindererziehung oder Pflegetätigkeit aufweisen. Darauf pochte jetzt auch Weiß.
Nach den Vorstellungen von Heil soll drei bis vier Millionen Geringverdienern die Rente um maximal 447 Euro monatlich erhöht werden. Eine Bedürftigkeitsprüfung soll es nicht geben, wie er in der Bild am Sonntag erläuterte. Er rechne mit jährlichen Kosten in Höhe eines mittleren einstelligen Milliardenbetrags, sagte Heil. „Mein Ziel ist es, dass wir das aus Steuermitteln finanzieren.“ Der Unions-Sozialpolitiker Weiß verlangte dagegen, die Kosten über die Rentenversicherung zu finanzieren.
Zustimmung von Gewerkschaft und Sozialverband
Heil betonte: „Jemand, der Jahrzehnte lang hart gearbeitet hat, hat das Recht, deutlich mehr zu bekommen als jemand, der nicht gearbeitet hat. Das ist eine Frage des Respekts vor Lebensleistung.“ Wer immer nur Mindestlohn verdient habe, bekomme die höchste Aufwertung von 447 Euro. „Aber auch die Renten von Geringverdienern, die etwas über dem Mindestlohn liegen, wollen wir höher bewerten.“ Die Grundrente solle spätestens zum 1. Januar 2021 in Kraft treten. Sie werde nicht nur für Neu-Rentner, sondern auch für die bisherigen Rentner gelten. Zu 75 Prozent würden Frauen von ihr profitieren.
Von Gewerkschaftsseite erhielt Heil Zustimmung. „Wer ein Leben lang gearbeitet, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt hat, muss im Alter mehr haben als die Grundsicherung“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach am Sonntag. „Der Vorschlag von Bundesarbeitsminister Heil ist ein wichtiger Beitrag dieses Ziel zu erreichen und damit Altersarmut zu vermeiden.“
Auch der Sozialverband VdK begrüßte das Konzept, das niedrige Renten aufwerte. Er kritisierte aber die „starren Zugangsvoraussetzungen“ von 35 Beitragsjahren und das Nichtberücksichtigen von Zeiten der Arbeitslosigkeit.
Einen „Schritt in die richtige Richtung“, nannte der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch, das Konzept. „Allerdings bleibt er auf halben Weg hin zu einer armutsfesten solidarischen Mindestrente von 1.050 Euro stehen.“
Der FDP-Politiker Johannes Vogel kritisierte, das Modell sei weder fair noch biete es eine zielgerichtete Hilfe gegen Altersarmut. Es sei außerdem zu teuer. Und die Finanzierungsfrage sei offenbar gänzlich ungeklärt. „Ein durchdachtes und verlässliches Modell sieht anders aus.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann