Umstrittenes Vorhaben in NRW: Schwarz-Gelb entschärft Polizeigesetz

Das geplante NRW-Polizeigesetz ist das bislang schärfste. Nach massiver Kritik will die schwarz-gelbe Regierung es nun teilweise abschwächen.

NRW-Innenminister Herbert Reul zeigt auf seine Stirn

Will Leute, die noch nichts getan haben nur noch zwei Wachen wegsperren: NRW-Innenminister Reul Foto: dpa

BOCHUM taz | Nordrhein-Westfalens CDU-Innenminister Herbert Reul entschärft seinen Entwurf für ein neues Polizeigesetz – und treibt damit einen Keil in die Opposition: Während SPD-Landtagsfraktionschef Thomas Kutschaty vorsichtig Zustimmung signalisierte, hat die Vorsitzende der Grünen im Landesparlament, Monika Düker, weiter „verfassungsrechtliche Bedenken“.

„Reuls erster Gesetzesentwurf war verfassungswidrig“, sagte Kutschaty in einer ersten Stellungnahme zu einem Änderungsantrag, den die Regierungsfraktionen von CDU und FDP am Dienstag gemeinsam mit dem Innenminister vorgestellt haben. Es sei gut, dass Christdemokraten und Liberale klare Hinweise der SPD aufgegriffen hätten. Seine Fraktion werde die Änderungen jetzt „sorgfältig prüfen“, sagte Kutschaty: „Gegebenenfalls können wir uns eine Zustimmung vorstellen.“

In dem entschärften Entwurf fehlen die von BürgerrechtlerInnen besonders stark kritisierten Begriffe der „drohenden Gefahr“ und der „drohenden terroristischen Gefahr“, die auf bloße Vermutung von Polizeibeamten hin bis zu vier Wochen Vorbeugehaft möglich machen sollten.

Ein „Unterbindungsgewahrsam“ von bis zu zwei Wochen soll aber nach Überprüfung durch einE RichterIn aber weiter möglich sein. Wer Identitätsfeststellungen etwa durch Verkleben von Fingerkuppen verhindert, soll laut Gesetzentwurf bis zu eine Woche festgehalten werden können.

Im Landtag hatte Innenminister Reul erklärt, dies richte sich vor allem gegen Umweltschützer: Vor allem im rheinischen Braunkohlerevier habe die Polizei immer wieder Schwierigkeiten gehabt, die Personalien von WaldbesetzerInnen und KlimaschützerInnen zu ermitteln. Reul war für die sinnlose Räumung des Hambacher Forstes verantwortlich.

Demos gegen verschärfte Polizeigesetze

Auch die Videoüberwachung soll laut Gesetzentwurf weiter ausgeweitet werden. Allerdings soll dies nur noch an Plätzen geschehen, wo sichergestellt ist, dass PolizistInnen im Fall von Straftaten schnell vor Ort sein und tatsächlich eingreifen und helfen können. Und beim Mitschneiden von Messengerdiensten wie WhatsApp sollen Abgehörte jetzt erfahren dürfen, welche Software von welchem Hersteller verwandt wurde – aber erst nach der Überwachung.

Auch Reul betonte, die geplanten Änderungen seien schon im Vorfeld mit den Sozialdemokraten abgestimmt worden.

Außer in Thüringen sind in allen Bundesländern Verschärfungen der Polizeigesetze geplant oder bereits beschlossen. In München, Düsseldorf und Hannover sind dagegen bereits zehntausende auf die Straße gegangen. Am Samstag rufen BürgerrechtlerInnen, DatenschützerInnen und MigrantInnenverbände gemeinsam mit GewerkschafterInnen und JuristInnen zu einer weiteren Großdemonstration in Berlin auf, die sich unter anderem gegen noch mehr staatliche Überwachung richtet.

Die in NRW angekündigten Entschärfungen seien „in erster Linie ein Erfolg der Zivilgesellschaft, die gegen die massiven Grundrechtseingriffe von Schwarz-Gelb protestiert hat“, sagte die grüne Fraktionschefin Düker. Allerdings habe sie weiter „große verfassungsrechtliche Bedenken“: So seien sieben Tage Haft allein zur Identitätsfeststellung „unverhältnismäßig“. Auch gebe es große Sicherheitsbedenken“ bei der Telekommunikationsüberwachung: Zum Mitschneiden würden bewusst Sicherheitslücken und damit „Einfallstore auch für Kriminelle“ geschaffen, die „Bürger und Wirtschaft gleichermaßen“ gefährdeten.

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