Journalistenverband gegen Privatstraßen: „Filmteam an der Arbeit gehindert“

Die Zahl privater Straßen in Berlin wächst – das ist ein Problem für die Pressefreiheit, sagt der Journalistenverband Berlin-Brandenburg.

Nicht alle Straßen am Potsdamer Platz sind öffentlich – das kann ein Problem für die Berichterstattung werden, sagt der JVBB Foto: dpa

taz: Herr Walther, was ist eine Privatstraße?

Christian Walther: Eine Straße, die einem Privateigentümer gehört.

Wieso ist das ein Problem für die Pressefreiheit?

Privateigentum könnte das Recht der Öffentlichkeit, sprich der Bürger, einschränken. Unternehmen sind der Auffassung, dass das der Fall ist. Etwa am Potsdamer Platz.

Was ist das Problem?

Dort gibt es mehrere Privatstraßen, die als solche nicht gleich zu erkennen sind. Das Platzmanagement geht davon aus, dass dort keine Dreharbeiten stattfinden können ohne die Genehmigung des Eigentümers.

Wie groß ist das Problem in Berlin?

Mein Kamerateam wurde am Potsdamer Platz schon mal von Security-Mitarbeitern an der Arbeit gehindert. Die Aktion des Journalistenverbands Berlin-Brandenburg ist aber vor allem eine Präventionsmaßnahme. Wir wissen, dass es in andern Ländern durchaus solche Konflikte um private Grundstücke gibt. Und wir wollen verhindern, dass es diese Konflikte auch in Berlin geben wird.

ist seit Ende 2016 Vorsitzender des Journalistenverbandes Berlin-Brandenburg (JVBB) und langjähriger Reporter für die Abendschau des rbb.

Ein weiterer schwieriger Ort könnte das Media-Spree-Gelände mit dem Mercedes-Benz-Areal in Friedrichshain sein.

Richtig. Wir wissen nicht, wie sich der Eigentümer verhalten wird. Dort werden neben der Arena weitere Versammlungsräume entstehen. Stellen Sie sich vor, da findet ein Parteitag statt und auf dem Platz will jemand dagegen protestieren. Dann könnte zum einen passieren, dass der Eigentümer sagt: „Ohne meine Genehmigung dürfen Sie da nicht demonstrieren!“ Zum anderen könnte es sein, dass Reporter darüber nicht berichten dürfen. Einer solchen Entwicklung wollen wir einen Riegel vorschieben.

Es gibt ja viel Neubauprojekte in Berlin, die abgeschlossen sind.

Das ist unterschiedlich. Für uns war in der Recherche schwierig, dass die städtebaulichen Verträge – die Grundlage für solche Bauprojekte – gar nicht öffentlich sind. Aber es ist klar, dass neue Projekte entstehen, in denen es auch Privatstraßen gibt. Solange ein Eigentümer jederzeit die Polizei rufen und Reporter des Ortes verweisen kann, ist das Problem virulent.

„Solange ein Eigentümer jederzeit die Polizei rufen und Reporter des Ortes verweisen kann, ist das Problem virulent.“

Der Journalistenverband Berlin-Brandenburg hat einen Brief an den Regierenden Bürgermeister geschrieben. Was kann Michael Müller (SPD) dagegen tun?

Als Regierungschef des Landes ist Müller mitverantwortlich dafür, solche Problemfälle über die Innenverwaltung prüfen zu lassen – ob also die Rechtsauffassung der Privateigentümer korrekt ist. Im Zweifelsfall erwarten wir eine Gesetzesinitiative zu Ergänzung des Berliner Pressegesetzes oder anderer Gesetze, damit sicher gestellt wird, dass Pressefreiheit Vorrang hat vor Privateigentum.

Steckt dahinter auch eine Kritik an der Stadtentwicklungspolitik des Senats?

Laut unseren Anwälten genießen die Grundrechte in den Privatstraßen keine eindeutige Priorität. Die wollen wir klar gestellt haben. In Berlin hat es in den vergangenen Jahren einen Grad öffentlicher Armut gegeben, was dazu geführt hat, dass die eigentlich öffentliche Aufgabe, Straßen zu bauen, an Private übertragen worden ist. Selbst bei dem großen Genossenschaftsprojekt an der Yorckstraße ist die Erschließungsstraße eine private Straße.

Wäre der Idealzustand, dass es gar keine Privatstraße gibt?

Ich habe nichts grundsätzlich dagegen, dass Investoren auch dazu herangezogen werden, Straßen oder Kitas zu bauen. Aber es muss sichergestellt sein, dass Grundrechte auch dort gelten.

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