Identitären-Festival in Dresden: Österreicher, überall Österreicher!
Mobilisierung ist anderswo: Sowohl ein Identitären-Festival als auch die Gegenproteste bringen in Dresden keine Massen auf die Straße.
Etwa die gleiche Anzahl überwiegend Dresdener Kulturbürger folgte dem Aufruf des Oberbürgermeisters, des Netzwerks „Weltoffenes Dresden“ und verschiedener Kultureinrichtungen zu einer gemeinsamen Singstunde vor dem Kulturpalast. Zuvor hatten bis zu 300 Bürger und Gäste der Stadt auf dem Neumarkt vor der Frauenkirche Konzerte von Musikensembles unter dem Motto „So klingt Dresden“ verfolgt.
Die Identitären hatten bewusst den Veranstaltungsort Dresden als „Hauptstadt des Widerstandes“ gewählt. Dank guter Verbindungen zur örtlichen Pegida-Bewegung erhoffte man sich eine gewisse Resonanz. Der Termin am Sonnabend wurde erst relativ spät bekannt. Die Organisation von Protesten konnte erst in der vergangenen Woche beginnen. Die Veranstaltung der vom Verfassungsschutz beobachteten Rechtsextremen fiel zusammen mit den Spielzeiteröffnungen des Staatsschauspiels und der Dresdner Philharmonie. Beide stellten ebenso wie die Dresdner Musikfestspiele diesen Auftakt in den Dienst der Absicht, ein positives Bild kultureller Vielfalt von Dresden zu zeichnen.
„So klingt Dresden, wie wir es uns wünschen, und nicht wie die Kakophonie auf der Cockerwiese“, spielte Oberbürgermeister Dirk Hilbert auf den Veranstaltungsort der Identitären an. „In unserer Stadt hat rechtes Gedankengut keinen Platz!“ Hilbert nahm Bezug auf die Wissenschaftsstadt Dresden, die notwendig weltläufig und offen sein müsse. Er sprach vom Balkon des Kulturpalastes, wo Bläser der Philharmonie und Mitglieder des Philharmonischen Chores das Bürgersingen begleiteten.
Österreicher in Dresden
Für die Identitäre Bewegung (IB) war Dresden 2018 ein Testlauf. Nach Misserfolgen herkömmlicher Demonstrationszüge in Berlin, die erfolgreich blockiert wurden, wich man auf das Format einer Präsentations- und Informationsveranstaltung für interessierte Bürger aus. Dafür wurde ein Teil der so genannten Cockerwiese eingezäunt, auf der 1988 Rockstar Joe Cocker sein legendäres Konzert in Dresden gegeben hatte. Die Wiese war bereits von Pegida für Kundgebungen im Jahr 2015 okkupiert wurden.
Allerdings folgten weniger Dresdner als die erwarteten 800 der Einladung der völkischen Bewegung. Unter den etwa 500 Aktiven und Gästen waren viele Stammgäste der Pegida-Demonstrationen zu entdecken. An den Informationsständen und im Veranstaltungszelt fiel die österreichische Dominanz auf. Hauptredner war der österreichische IB-Wortführer Martin Sellner. Über Veranstaltungserfahrungen und Kollisionen mit Behörden und Gegnern berichteten Österreicher, die Zeitschrift Info-Direkt aus Linz präsentierte sich mit einem eigenen Stand.
Gegenüber der taz spielte Sellner das neue Format zunächst herunter. Es sei nur „eine Ergänzung zu bestehenden Aktionsformen“. „Der Charakter eines geschützten Festivals erlaubt es vielen herzukommen, die sonst Angst vor einer Demonstration haben“, erläuterte er das Anliegen. Zugleich sprach er aber von einem „Erfolgsmodell“, das nach seinen Wünschen auch in Berlin Schule machen solle.
Keine strafrechtlich relevanten Verstöße
Eine ohnehin seit langem geplante Demokratiekonferenz der Stadt im Dresdner Hygienemuseum geriet durch die zufällige zeitliche Parallelität zur Gegenveranstaltung. Bei dieser jährlichen Konferenz treffen sich zunehmend mehr zivilgesellschaftliche Kräfte, um über die Stärkung der Demokratie zu beraten. Das Programm wurde kurzfristig um einen Workshop zur Rolle der Identitären erweitert.
Ansonsten aber blieb das öffentliche Leben in Dresden bis auf wenige Verkehrseinschränkungen unbeeindruckt. Nur relativ wenige Polizisten waren im Einsatz. Sie kontrollierten unter anderem die Verkaufs- und Informationsstände der Identitären. Bis zum Nachmittag konnten aber keine strafrechtlich relevanten Verstöße festgestellt werden. In der Nähe des Zauns um das Veranstaltungsgelände demonstrierten nach einem Aufruf der Grünen und der Linken etwa 150 Gegner friedlich gegen das Festival. Seitens der sächsischen Staatsregierung waren nur die beiden SPD-Minister Eva-Maria Stange und Martin Dulig präsent.
Ein im thüringischen Ort Mattstedt geplantes Rechtsrock-Konzert mit tausenden Teilnehmern konnte am Freitagabend hingegen verhindert werden. Das Verwaltungsgericht Weimar gab Beschwerden der Gemeinde und des Thüringer Innenminsteriums statt, die die Rechtmäßigkeit der Grundstücksnutzung angezweifelt hatten. Die Polizei wies anreisende Teilnehmer ab.
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