Rechtswidrige Abschiebung aus Bayern: Uigure illegal ins Flugzeug gesetzt
Bayern hat rechtswidrig einen 22-jährigen Uiguren nach China abgeschoben. Seit der Ankunft des Mannes gibt es kein Lebenszeichen mehr von ihm.
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Die Abschiebung nach Peking erfolgte dem Bericht zufolge wenige Stunden vor einem Termin am 3. April, bei dem der Mann seinen Asylfolgeantrag hätte mündlich begründen müssen. Hintergrund sei eine Behördenpanne. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) habe an die zuständige Ausländerbehörde zwar ein Fax mit dem Hinweis auf den Termin geschickt. Dieses Fax sei aber wohl nicht angekommen.
Die Ausländerbehörde teilte dem Sender mit, das Fax sei „trotz intensiver Recherche bis heute nicht aufgefunden worden“. „Es haben umfangreiche Nachermittlungen stattgefunden, die leider ebenfalls nicht zur Aufklärung geführt haben“, hieß es weiter.
Die Behörde bestätigte, dass ein Fehler vorliege. „Wir bedauern sehr, dass eine Abschiebung trotz eines wirksam gestellten Asylfolgeantrags erfolgt ist – es war nie die Absicht der Ausländerbehörde München, die Rechte des von der Abschiebung betroffenen Ausländers zu verkürzen.“ Auch das Bamf bestätigte demnach grundsätzlich, dass eine Abschiebung rechtlich in einer solchen Konstellation unzulässig sei.
Leben und Tod
Die Uiguren werden in China verfolgt. Nach Einschätzung des vom BR zitierten Experten Adrian Zenz gibt es zur Zeit wieder schwere Verfolgungen der religiösen Minderheit. Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler (SPD), sagte dem Sender, „wegen der aktuellen Lage ist die Abschiebung eines Uiguren nach China nicht zumutbar.“
Was mit dem Mann nach seiner Ankunft in Peking geschehen ist, wissen dem Bericht zufolge weder die bayerischen Behörden noch sein Anwalt. Dieser sagte dem BR, es sei zu befürchten, dass sein Mandant inhaftiert wurde.
Bause kritisierte den Fall als „skandalösen Fall von Behördenversagen“. Das Auswärtige Amt müsse den Mann finden und zurückzuholen. „Es geht um Leben und Tod“, sagte Bause. Nach Recherchen des britischen Economist könnten in Xinjiang seit 2016 bis zu eine halbe Million der ethnischen Minderheit der Uiguren in Arbeits- und Umerziehungslagern verschwunden sein. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch geht von massiven Menschenrechtsverletzungen aus.
Der erste Asylantrag des 23-Jährigen war 2016 abgelehnt worden, weil er nach Einschätzung des Bundesamts legal mit einem gültigen Reisepass aus China ausgereist war und damit mutmaßlich nicht verfolgt.
Erst vor Kurzem hatte der Fall eines Afghanen für Aufsehen gesorgt, der Anfang Juli mit einem Charterflug aus München in sein Heimatland abgeschoben worden war. Zwei Wochen später wurde bekannt, dass der 20-Jährige wegen eines laufenden Verfahrens am Verwaltungsgericht Greifswald zu diesem Zeitpunkt nicht hätte abgeschoben werden dürfen. Er hatte gegen die Ablehnung seines Asylantrags geklagt. In der Woche nach der Abschiebung hätte der Flüchtling vor Gericht angehört werden sollen.
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