Neue linke Sammlungsbewegung fairland: Wer steckt hinter User „Oskar“?

Für höhere Steuern und mehr Polizei: In der Linkspartei kursiert der Aufruf für eine neue Bewegung. Stecken Lafontaine und Wagenknecht dahinter?

Eine Hand hält ein weißes Stück Papier, eine andere schreibt mit Edding darauf

Verfasst Oskar Lafontaine hier ein Manifest? Oder unterschreibt er nur ein Polaroid? Foto: dpa

BERLIN taz | Ist es das Manifest der von Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine angekündigten neuen linken Sammlungsbewegung? Der taz wurde aus gut informierten Kreisen der Linkspartei ein Dokument namens „fairland“ zugespielt. Unter der Überschrift „Für ein gerechtes und friedliches Land“ heißt es darin: „Wir wollen mit #fairLand auch in Deutschland eine neue Sammelbewegung starten. Wir gehören unterschiedlichen Parteien an oder sind parteilos.“

Unterschrieben oder datiert ist das Dokument nicht, doch in den Word-Eigenschaften ist vermerkt, dass es am 8. Mai 2018 von User „Oskar“ erstellt und 29 Minuten später von User „Ingo Schulze“ geändert wurde. Oskar Lafontaine, Fraktionsvorsitzender im Saarland sowie Ehemann Sahra Wagenknechts? Und Ingo Schulze, Schriftsteller und Sympathisant der Linkspartei?

Eine Anfrage der taz an Oskar Lafontaine läuft, ist bislang aber nicht beantwortet. Der Schriftsteller Ingo Schulze bestätigt per E-Mail: „Ich kenne den Text, habe aber viele Änderungswünsche, so würde ich ihn keinesfalls unterschreiben!“

Nach Informationen der taz wurden auch Politiker von Grünen und SPD eingeladen, am Text mitzuarbeiten. Der oder die Autoren zeichnen zu Beginn ein düsteres Bild der Gegenwart. „Es geht nicht fair zu“, heißt es. „Macht triumphiert über Vernunft, Gewalt über Völkerrecht, Gier über Gemeinwohl, Geld über Demokratie.“ Sie konstatieren, dass Deutschland tief gespalten sei, der Sozialstaat keine Sicherheit mehr gebe und jeder für sich allein kämpfe und die Flüchtlingskrise in Deutschland zu großer Verunsicherung geführt habe.

Umstrittener Kurs

Das passt zum Duktus des Ehepaars Lafontaine/Wagenknecht, die insbesondere mit ihren Äußerungen über die „Flüchtlingskrise“ in der Linkspartei immer wieder für Verärgerung gesorgt hatten. Die damit verbundene Intention, zur AfD abgewanderte Wähler zurückzugewinnen, indem man deren Sorgen vor Zuwanderung teilt, ist unter Wählern und Mitgliedern der Linken heftig umstritten.

Der Text „fairland“ wendet sich an ein breites Publikum mit klassischen linken Forderungen („für Abrüstung, für höhere Löhne, bessere Renten, gerechte Steuern“) aber auch mit konservativen Ansinnen („mehr Sicherheit im Alltag: mehr Personal und bessere Ausstattung von Polizei und Justiz“) und der Forderung nach einem „geeinten Europa souveräner Demokratien, bei Wahrung kultureller Eigenständigkeit und mit Respekt vor Tradition und Identität“.

Der oder die Autoren stellen elf Ziele auf, sie wollen etwa zurück zur „Friedenspolitik Willy Brandts“, fordern einen „erneuerten Sozialstaat“, „gerechte Steuern“ mit einer Vermögensteuer und einer stärkeren Besteuerung von Großunternehmen und wollen „naturverträglich wirtschaften“.

Einwanderungsgesetz kein Thema

Beim Thema Migration setzen sie auf „Hilfe für Menschen in Not“. Von einem Einwanderungsgesetz, wie es derzeit in allen Parteien und auch in der Linken diskutiert wird, ist nicht die Rede. Stattdessen will man „Armut vor Ort bekämpfen und in den Heimatländern Perspektiven schaffen“.

Sahra Wagenknecht steht der „Ausweitung von Arbeitsmigration“ bekanntermaßen kritisch gegenüber, ein Thesenpapier aus ihrem Umfeld erteilt unbegrenzter Einwanderung eine Absage.

Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine hatten nach der Bundestagswahl in mehreren Interviews die Notwendigkeit einer neuen linken Sammlungsbewegung proklamiert. In der Linkspartei hatte das für erheblichen Ärger gesorgt – sieht sich die Partei doch selbst als Sammelbecken verschiedener linker Strömungen.

Zuletzt hatte Wagenknecht selbst zwar Abstand von der Idee genommen, eine neue linke Volkspartei gründen zu wollen, aber noch vor der Sommerpause einen Aufschlag angekündigt. Im Dokument heißt es jetzt: „#fairLand ist keine Mixtur verschiedener Parteien und schon gar keine neue Partei.“ Stattdessen wolle man eine überparteiliche Bewegung sein.

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