Weiße Männer im Heimatministerium: Horst und die Boys
Ein Foto des Heimatministeriums sorgt für Kritik: nur weiße Männer. Aber wünschen wir uns mehr Diversity in rassistischen Institutionen?
Es ist „endlich“ so weit: Das Bundesministerium des Innern, Bau und Heimat steht. Keinen einzigen Tag hätten wir noch länger warten können, bis diese extrem spannende Institution, aus der die Lebenslust nur so heraus sprudelt, uns ihre Mitglieder präsentiert und mit der wertvollen Arbeit loslegt.
Das ist besonders aufregend, weil der Zuständigkeitsbereich „Heimat“ erst seit dieser Legislaturperiode dazugekommen ist und wir uns jetzt ein bisschen überraschen lassen müssen, welche tollen Ideen daraus entsprießen.
In der Pressemitteilung „Führungsmannschaft des BMI komplett“ kam dann der große Schock: Das Ministerium besteht ja nur aus alten, weißen Typen! Wobei alt und weiß ist erst mal nicht vorrangig. Aber es sind nur Männer. Bestimmt auch nur cis Männer. Ähm, geht’s noch? Wer auch immer für das Casting verantwortlich ist, diese Person hat wirklich noch nicht den Schuss gehört.
Auf dem mittlerweile durch ein Gebäudebild ausgetauschten Foto der Pressemitteilung stehen Horst und seine Boys in ihren Anzügen und angespannter No-Homo-Pose nebeneinander. So richtig wohl scheint sich keiner zu fühlen: Hier eine Merkel-Raute vor dem Schoß, dort geballte Fäuste zum Flexen der Muskeln und in der Mitte Horst Seehofer, der einfach nur aussieht, als müsste er seit einer Viertelstunde kacken, aber erst kann, wenn das verdammte Shooting vorbei ist. Allesamt sind sie bemüht, sich bloß nicht zu berühren. Ein Symbolbild fragiler Männlichkeit sozusagen.
Die mangelnde Diversität fiel auch der Grünen-Politikerin Hannah Neumann auf, die das Foto mit dem Kommentar „Nicht meine Heimat! #Diversity #Feminism #Vielfalt“ twitterte. Damit leitete sie einen Shitstorm ein, der genau das beklagt: Ein Heimatministerium? Okay, kein Problem, aber nicht ohne Frauen, denn diese haben schließlich auch eine Heimat!
Wenn wir schon dabei sind, rassistische Institutionen wie das Bundesinnenmännersterium zu diversifizieren, sollten wir überall dort anpacken, wo dieser Vorgang gebraucht ist. Zum Beispiel Burschenschaften. Bis auf wenige Ausnahmen sind das ausschließlich Männervereine. Und das seit Jahrhunderten. Zeit, diese verstaubten Strukturen mit ein paar Dirndl-Träger*innen ein wenig aufzurütteln.
Oder neulich, als es diese AfD-Demo für den Schutz deutscher Frauen vor nicht-weißen Grapschern gab, da war mir der Männeranteil auch zu hoch. In den Fotos der Berichterstattung hab ich genau gesehen, wie viel Raum sie eingenommen haben. Typisch Breitmacker einfach. Ganz ehrlich: Nicht mein Feminismus! Bei einem Marsch für Frauen müssen diese schon auch in den ersten Reihen sichtbar sein!
Oder beim Ku Klux Klan. Wie viele weibliche Mitglieder sind Ihnen dort bekannt? Eben. Da geht noch was.
All diese Systeme, Gruppen und Phänomene komplett abschaffen, das wäre zu radikal. So weit wollen wir dann lieber doch nicht gehen. Aber mit reiner Symbolik und ein bisschen Reformismus subvertieren wir diese Boys’ Clubs einfach nach und nach und schon sind all unsere Probleme gelöst. Ein wichtiger Schritt ist es zum Beispiel, den Heimatbegriff links zu prägen und mal klarzustellen, dass nicht nur Nazis völkisch sein können.
Oder eine Nationalhymne, in der auch Frauen vorkommen. Vielleicht könnte man durchsetzen, dass Deutschland auf Englisch ab jetzt Gerwomany heißt. Zwei Buchstaben, die unsere Welt verändern können.
Und erst, wenn Alice Weidel die erste lesbische Bundeskanzlerin wird, geben wir uns zufrieden.
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