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Cyberangriff auf NRW-AgrarministerinTierschützer distanzieren sich

Unbekannte haben laut Landesregierung den Fernseher im Wohnhaus der CDU-Politikerin manipuliert. Tierrechtler verurteilen den Vorfall.

Hoffentlich nicht gehackt: Die nordrhein-westfälische Umweltministerin Christina Schulze Föcking (CDU) vermisst mit einem digitalen Gerät einen Baum Foto: dpa

Berlin taz | Die nordrhein-westfälische Landwirtschaftsministerin Christina Schulze Föcking ist nach Regierungsangaben Opfer eines Cyberangriffs geworden. Versuche, auf persönliche Daten der CDU-Politikerin zuzugreifen, seien „mindestens teilweise“ erfolgreich gewesen, teilte die Landesregierung unter Berufung auf die Ermittlungsbehörden am Freitag in Düsseldorf mit. Tierrechtler, die Skandalbilder aus einem Stall der Familie der Ministerin veröffentlicht hatten, wiesen im Gespräch mit der taz jegliche Beteiligung zurück.

Auf dem Fernsehgerät im Wohnhaus der Ministerin sei am Donnerstag plötzlich eine Aufnahme aus einer Fragestunde im Landtag abgespielt worden, in der es um die Schweinehaltung in ihrem Familienbetrieb gegangen sei, ergänzte die Regierung. Kurz vor der Tat sei die Ministerin bereits über ihr persönliches Profil in einem sozialen Netzwerk massiv bedroht worden. Das Landeskriminalamt prüfe den Fall.

Aus der Mitteilung der Landesregierung ging nicht hervor, ob die Angreifer durch geschicktes Ausprobieren und Anwenden verschiedener Computerprogramme unberechtigt in ein System der Ministerin eingedrungen sind, was laut Duden die Definition von „hacken“ ist. Denkbar ist auch, dass das WLAN der Politikerin nicht durch ein Passwort gesichert war und die Angreifer so den Fernseher manipulieren konnten. Die Landesregierung antwortete zunächst nicht auf eine Bitte der taz um Stellungnahme.

Skandal um verletzte Schweine

Im vergangenen Jahr hatten Tierschützer heimlich Videoaufnahmen im Mastbetrieb der Familie Schulze Föcking in Steinfurt gemacht. Die Bilder zeigten Schweine mit zum Teil abgebissenen Schwänzen und entzündeten Gelenken und wurden bei „Stern TV“ ausgestrahlt. Die Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen auf, stellte diese aber Mitte September ein. Demnach gab es keinen Verdacht auf eine Straftat nach dem Tierschutzgesetz.

Die Aufnahmen stammten vom Verein tierretter.de. Vorstandsmitglied Christian Adam bestritt, dass die Organisation an dem jetzigen Cyberangriff beteiligt sei: „Das ist etwas, womit wir nichts zu tun haben und auch nichts zu tun haben wollen“, sagte Adam der taz.

Der Tierrechtler distanzierte sich auch von den Drohungen gegen Schulze Föcking. „Wir wollen weiterhin eine offene Diskussion ohne Hassbotschaften und Bedrohungen et cetera über die Nutztierhaltung in Deutschland, aber mit solchen Methoden arbeiten wir definitiv nicht.“

Grüne verurteilen Angriff

Die Tatsache, dass die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen wegen der Skandalbilder eingestellt hat, kommentierte Adam so: „Das ist eher ein Argument für unsere Seite, die wir sagen, dass Schweinehaltung tierquälerisch ist in Deutschland – auch wenn sie unter legalen Bedingungen passiert.“

Die Landtagsfraktionen von CDU, SPD, FDP und Grünen verurteilten den Cyberangriff in einer gemeinsamen Erklärung. Wenn Beleidigungen, Drohungen oder gar Gewalt zum Mittel der politischen Auseinandersetzung würden, sei eine Grenze überschritten. Das Vorgehen der Täter sei „abstoßend“. (mit dpa)

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9 Kommentare

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  • Der Hack war wohl keine Beleidigung, Drohung oder gar Gewalt. Von daher ist die Verurteilung durch die Landtagsfraktionen etwas an der Sache vorbei. Dabei ist das eine spannende Frage, welche Art von Hacks, kann als Form des zivilen Ungehorsams akzeptiert werden? Bislang ging es da eher um DDOS um gegen eine Firmenpolitik zu protestieren oder das Kapern von Firmenwebsites. Hier wurde nicht die Firmenwebsite sondern nur der Fernseher gekapert. Da wundert es mich doch sehr, dass eine Zeitung wie die taz und auch die Grünen, die sonst Aktionen des zvilen Ungehorsams doch positiv betrachten, diese Frage hier nicht einmal stellen. Ist es wirklich so viel anders, wenn die "politische Schönheit" einen AfD-Politiker mit aufdringlichen Installation und Phantom-Überwachung drangsaliert oder ob hier digital eine Tiermästerin mit den Folgen ihres Tuns konfrontiert wird?

    • @Velofisch:

      Sich in den Privatbereich eines Menschen einzuhacken, halte ich schon für einen Akt der Gewalt. Egal, ob mir die Person gefällt oder nicht.

    • @Velofisch:

      Dein verfassungsfeindlicher Unterton würde auf jeden Fall einen Hack bei Velofisch rechtfertigen. Ich könnte mir vorstellen, da findet man was.

      • @Sven :

        Welchen Unterton meinen Sie denn konkret? Ich lese da bloß eine Meinung, die man teilen kann, oder eben nicht.

  • Große Überraschung beim Lesen des Artikels!!

     

    Über die Vitae der NRW-Agrarministerin hatte ich mich noch nicht informiert. Da wird doch tatsächlich eine Schweinemästerin LANDWIRTSCHAFTSMINISTERIN! EIne, die wegen Tierquälerei in der Kritik steht! Was hat sich die Partei dabei gedacht! Ich gehöre sicher nicht zu einer Fraktion extremer Tierschützer. Aber wie kann man eine Exponentin ausgerechnet dieses Metiers sozusagen zu einer Kontrolleurin in eigener Sache machen?

     

    Klar kann ich mir vorstellen, dass sie einiges über Gewinnmaximierung bei der Schweinemästung versteht. Der im Artikel beschriebene Vorfall stellt sie aber auch nicht als besonders umsichtige Person dar. Sogar das Nicht-Verwenden eines Passworts für das WLAN wir für möglich gehalten. Wetten, diese Frau sorgt noch für Überraschungen!

    • 9G
      98589 (Profil gelöscht)
      @fvaderno:

      Passt doch zu den hiesigen Postenbesetzungen.

      Man macht den Bock zum Gärtner.

  • Interessant finde ich die Passage "Denkbar ist auch, dass das WLAN der Politikerin nicht durch ein Passwort gesichert war..."

     

    Woher kommt diese Vermutung?

    Wieso weiß die Politikerin nicht, ob sie nicht grob fahrlässig gegen jeglichen Stand der Technik handelte?

     

    Sollte in der Tat das WLAN frei zugänglich gewesen sein, so ist das vergleichbar mit einem abgestellten Cabrio mit laufendem Motor und steckendem Schlüssel, oder einer offenen Haustür.

  • 3G
    38071 (Profil gelöscht)

    und was haben die Schwene davon? Ich meine von der Erklärung und wieso ist das eigentlich legal Schweine so zu halten. Was haben die Grünen da gemacht als die Macht hatten zu handeln?

    • @38071 (Profil gelöscht):

      Und warum isst man eigentlich so einen Scheiss? Diese Zustände sind ja die Normalität in der "Fleischproduktion", wie eigentlich alle wissen sollten.