AfD im Bundestag: Keine Bedenken bei rechten Gedanken
Der Geschäftsführer des rechten Think Tanks „Institut für Staatspolitik“ hat einen neuen Job: als Mitarbeiter der AfD-Fraktion.
Weyel selbst hat keine Bedenken, was den Hintergrund seines Mitarbeiters angeht. Im Gegenteil. „Herr Dr. Lehnerts private und berufliche Vita hat mich überzeugt“, lässt Weyel auf Anfrage der taz sein Büro ausrichten. „Auch sämtliche mir vorliegenden Artikel und Arbeiten, soweit mir bekannt, überzeugten mich davon, dass wir die gleiche Sprache sprechen.“
Weyel, dessen Vater ein schwarzer US-Soldat war, ist über die nordrhein-westfälische Landesliste in den Bundestag eingezogen. Bei Wahlkampfreden fragte er manchmal: „Wollt Ihr die totale Migration?“ Parteiintern fiel er bislang kaum auf, auch seine erste Rede im Bundestag zu Krediten der EU an Irland war nicht weiter bemerkenswert.
Auf Facebook aber lässt sich der Mann mitunter aus. Jüngst schrieb er beispielsweise: „Es gibt noch immer Personen, die den Behauptungen der alliierten Siegermächte auf den Leim gehen, und den Deutschen die Alleinschuld für den Ersten Weltkrieg in die Schuhe schieben. Die einzige Schuld, die Deutschland trifft, ist die Niederlage selbst.“ Jetzt wirkt Weyel als weiteres Scharnier zwischen dem IfS und der AfD. Der Einfluss der neuen Rechten auf die Partei wird weiter wachsen.
Anknüpfen an faschistische Vordenker
Lehnert lernte den neurechten Publizisten Kubitschek, der im sachsen-anhaltinischen Schnellroda das Institut für Staatspolitik betreibt und die Zeitschrift Sezession herausgibt, nach eigenen Aussagen 2001 kennen. Direkt nach seiner Promotion in Philosophie stieg er bei Kubitscheks Antaios Verlag als Lektor ein und wurde Redakteur der Sezession, 2008 dann Geschäftsführer des Instituts. Man mache „Bildungsarbeit für junge Leute und das, was man als Think Tank bezeichnet, das heißt, die wissenschaftliche Arbeit, um bestimmte Debatten anzustoßen oder aufzunehmen“, so skizziert Lehnert in einem Interview die Aufgabe des Instituts. „Unsere Leute sollen eine Vorbildfunktion einnehmen, so wie man das von einer Elite auch erwarten kann.“
Das Netzwerk: Seit Oktober 2017 ist die AfD im Bundestag vertreten. Jedem ihrer Abgeordneten stehen pro Monat mehr als 20.000 Euro für Mitarbeiter zu, dazu kommen kommen Mittel für die 150 Personalstellen der Fraktion. Ein rechtes Netzwerk erhält Zugang zu enormen Ressourcen und sensiblen Informationen. Die Fraktion wird zum Scharnier zwischen extremer Rechter und der bürgerlichen Mitte.
Die Kooperation: Die taz, die Zeitschrift Der Rechte Rand und das antifaschistische Archiv apabiz haben seit Dezember die Hintergründe der MitarbeiterInnen und Abgeordneten recherchiert. Das Projekt wurde gefördert mit Mitteln der Otto-Brenner-Stiftung.
In dem von Kubitschek und seiner Frau Ellen Kositza herausgegeben Gesprächsband „Tristesse Droite“ erzählt Lehnert, der 1975 geboren wurde, dass er in der DDR aufwuchs und seine Mutter in christlichen Friedenskreisen aktiv war. In der Schule habe er mit zwei Freunden „die Rechten“ gebildet, ohne dass sie Skinheads gewesen seien. Im Mai 1995 heiratete seine Mutter Rudolf Bahro. Glaubt man Lehnert, war der DDR-Dissident und spätere Grünen-Politiker sehr von Ernst Jünger angetan. Auch über Bahro habe er zu den Autoren der „Konservativen Revolution“ gefunden. Bahros Assistent habe ihm später die neurechte Wochenzeitung Junge Freiheit gegeben.
Lehnerts Einstellung bei einem Parlamentarier der AfD ist für Martina Renner, Bundestagsabgeordnete der Linkspartei, auch eine Richtungsentscheidung. „Erik Lehnert ist einer der Chefstrategen des IfS“, sagt Renner. Der Think Tank knüpfe ganz bewusst an die faschistischen Vordenker der 1920iger und 30iger Jahre an. „Damit“, so Renner, „dürfte auch klar sein, wie sich die AfD im Bundestag verortet.“
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