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Bundeswehr und Social MediaAbwehrkampf gegen das Hakenkreuz

Im Namen der bayerischen Gebirgsjäger wird auf Youtube der Vernichungskrieg verherrlicht. Was macht die Bundeswehr? Seit einem Jahr: nichts.

Den Umgang mit sozialen Medien übt die Bundeswehr noch. Das umstrittene Video bleibt online Foto: dpa

Hakenkreuze in der deutschen Bundeswehr? Auf einem auf Youtube abrufbaren Video schmettert die Gebirgskorpsmusikkapelle Garmisch-Partenkirchen „Dem Land Tirol die Treue“ mit deftigen Blechbläsern. Unterlegt ist dieser von vielen als zweite Tiroler Landeshymne geliebte Marsch mit Standbildern der deutschen Wehrmacht im Gebirgskrieg.

Gegen Ende der Aufnahme weht vor einem Alpenpanorama eine Standarte, auf deren mattgrünem Hintergrund ein Eisernes Kreuz zu sehen ist. In der Mitte ein von einem Eichenlaubkranz umschlossener Adler, der ein Hakenkreuz in den Krallen hält. Der Schriftzug „Gebirgsjäger“ suggeriert, dass die bayerische Einheit dahinter steht.

Wäre der Tiroler Enthüllungsjournalist Markus Wilhelm vor einem Jahr nicht zufällig darauf gestoßen, wäre das wohl weitgehend unentdeckt geblieben. Wilhelm machte den Skandal auf seiner Website öffentlich und machte die Gebirgsjäger in Bayern telefonisch aufmerksam, dass in ihrem Namen der Vernichtungskrieg verherrlicht werde.

Die verwiesen ihn an das Zentrum für Militärmusik der Bundeswehr in Bonn, das wiederum das Verteidigungsministerium informierte. Ministerialrat Christian Raap dankte für den Hinweis und stellte klar, dass die Musikaufnahme tatsächlich vom Heeresmusikkorps der 1. Gebirgsdivision stamme, die Bundeswehr das Machwerk aber nicht autorisiert habe: „Der Bereich Social Media der Bundeswehr hat daher die erforderlichen Maßnahmen ergriffen, dass das Video bei Youtube gelöscht wird“.

Erfahrungsgemäß dauere es jedoch „ein paar Tage, bis Youtube auf entsprechende Anträge reagiert. Ich bitte Sie daher um etwas Geduld“.

Das Video ist seit zwei Jahren im Netz

Wenn die Bundeswehr so schnell schießt, wie sie Angriffe im Netz pariert, dann hat der Feind gute Karten. Denn inzwischen ist ein Jahr ins Land gezogen. Das skandalöse Video spukt aber noch immer im Internet herum.

Markus Wilhelm konstatiert ernüchtert, dass mehr als eine halbe Million Zugriffe ohne sein Zutun kaum zustande gekommen wären. Der Bremer Musikjournalist Winfried Dulisch ging dem Ursprung des Videos nach und landete bei einer französischen Adresse „hinter der sich vermutlich französische Neonazis verbergen“.

Nach Einschaltung des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) der Bundeswehr werde das Thema auf diplomatischem Wege zwischen Berlin-Paris kommuniziert. Auch mit Diplomatie ist offenbar den Gespenstern in den sozialen Medien nicht beizukommen.

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10 Kommentare

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  • Das sich die Gebirgsjäger der Bundeswehr mit ihrer Vergangenheit im 2. Weltkrieg schwer tun, ist ja schon lange bekannt. So hatte man jahrzehnte lang kein Problem mit der Dietl-Kaserne in Berchtesgaden, für Hitler war er ein: "fanatischer Nationalsozialist". Und in Ex-Jugoslawien sowie Griechenland und Norwegen haben die Soldaten mit dem Edelweiß eine Blutspur hinterlassen, die nicht vergessen ist. Es geht also um mehr, als nur ein Video...

  • "Wilhelm machte den Skandal auf seiner Website öffentlich..." Ein Skandal ist immer öffentlich. Außer Herrn Wilhelm hat wohl keiner etwas von einem "Skandal" bemerkt.

  • 7G
    7964 (Profil gelöscht)

    Ist so ein Artikel kein heißes Eisen?

    Wessen Brot ich ess, dessen Lied ich sing...

  • Ich bin nicht sicher ob ich den Artikel hier richtig verstehe:

     

    Irgendjemand hat also ein die Wehrmacht und ie Gebirgsjäger verherrlichendes Video bei Yt hochgeladen und mit einer Aufnahme eines Bundeswehrorchesters unterlegt? Und der Autor meint jetzt weil die Bundeswehr das nicht löscht würde sie das dulden? In welcher Welt lebt bitte der Autor dieses Artikels? Videos dieser Art dürfte es zehtausendfach im Netz geben und es ist undmöglich sie alle zu entfernen.

  • Herr Leonhard, dieser Artikel grenzt an Verleumdung. Sie suggerieren hier, daß die Bundeswehr Nichts tun würde (oder gar wollte). Das ist nicht der Fall. Mehr als "unagemessenen Inhalt melden" kann man bei youtube nicht. Genausoweing hat man Einfluss darauf, wie die Uploader ihre videos basteln. Da hat weder die Bundeswehr noch sonstwer Einfluss darauf oder gar Verantwortung. Suchen Sie mal ein Wenig, Sie werden z.b. ein Video finden, welches "Preußens Gloria" spielt und Paraden und Einsätze der SS zeigt. Der Uploader ist kein Deutscher, wer ist da in der Verantwortung? Was ist wenn ich "Ein bisschen Friede" unterlegt mit PR Videos des IS hochlade?

  • inwiefern ist die Bundeswehr denn dafür verantwortlich wenn jemand deren Musikaufnahme klaut und dann unterlegt mit Bildern online stellt?

  • Tja was soll ich dazu sagen, Bei meinem Grundwehrdienst war es damals auch recht verstörend über all Bilder von Wehrmachtssoldaten in den Treppenaufgängen der Kaserne zu sehen. Als ich meinen KpFw sah war mir allerdings klar warum -_-

    • @Klappstuhl:

      Ja - im Grundwehrdienst kann man ganz einfach über einen (in Worten Einen) "KpFw" mit Sicherheit auf alle anderen schließen. So einfach ist die Welt

      • @Jürgen Matoni:

        >"KpFw" mit Sicherheit auf alle anderen schließen. So einfach ist die Welt

         

        Da der KpFw der Leiter der Kaserne ist schon.

        • @Klappstuhl:

          Der KpFw ist bei Ihnen Leiter der Kaserne? Oha, in welcher Armee haben Sie denn gedient? Der KpFw ist der "Chef Innendienst" einer Kompanie und dem Kompaniechef unterstellt. Der Chef der Kaserne ist der Bataillonskomandeur, gemeinhin ein Oberstleutnant, gemeinhin 6-7 Ränge über dem KpFw.