piwik no script img

Juristin über neues Sexualstrafrecht„Kopfschütteln oder Weinen genügt“

Tatjana Hörnle erklärt, was „Nein heißt Nein“ in der Praxis bedeutet – und warum die Reform nicht zu mehr Falsch­beschuldigungen führt.

Nein. Ganz einfach Foto: alesch/photocase.de
Christian Rath
Interview von Christian Rath

taz: Frau Hörnle, am Donnerstag wird der Bundestag des neue Sexualstrafrecht beschließen. Was bedeutet „Nein heißt Nein“ eigentlich?

Tatjana Hörnle: Künftig ist es bereits strafbar, wenn der Täter sexuelle Handlungen am Opfer gegen dessen „erkennbaren Willen“ ausübt.

Und das ist neu?

Ja. Bisher war für die sexuelle Nötigung und Vergewaltigung erforderlich, dass der Täter das Opfer entweder mit Gewalt oder mit schweren Drohungen oder durch Ausnutzen einer schutzlosen Lage dazu brachte, sexuelle Handlungen zu dulden.

Die entscheidende Frage wird künftig also sein, was war der ­„erkennbare Wille“ des Opfers?

Ja.

Es genügt, wenn die Frau zu sexuellen Handlungen „Nein“ sagt?

Ja. Auf den Wortlaut kommt es aber nicht an. Es kann auch ein „Hör auf!“ sein oder „Lass das!“. Es muss aber eindeutig sein. Ein schlecht gelauntes „Muss das sein?“ genügt nicht.

Ein Wille kann aber auch dann erkennbar sein, wenn nichts gesagt wird?

Ja. Es genügt, wenn der Wille klar zum Ausdruck kommt. Allerdings reicht das innerliche Empfinden nicht, wenn es nicht erkennbar ist.

Im Interview: Tatjana Hörnle

ist Professorin für Strafrecht an der Humboldt-Universität Berlin und gilt als führende Expertin für Sexualstrafrecht.

Wie kann ein Nein zum Ausdruck kommen, ohne dass gesprochen wird?

Zum Beispiel durch Kopfschütteln oder Weinen.

Genügt auch ein lustloser Gesichtsausdruck?

Nein, auch nonverbale Signale müssen eindeutig sein.

Der BGH-Richter und Kolumnist Thomas Fischer kritisiert, dass hier schon Fahrlässigkeit bestraft wird, wenn der Täter den erkennbaren Willen der Frau nicht erkennt und deshalb missachtet.

Das ist nicht richtig. „Er­kennbar“ dient der Abgrenzung von „innerlich“. Den ent­gegenstehenden Willen des Opfers muss der Täter jedoch erkannt haben. Der sexuelle Übergriff ist kein Fahrlässigkeitsdelikt.

Es genügt für den Täter also zu sagen: „Ich habe das Kopfschütteln nicht gesehen“? Und schon fehlt dem Täter der ­Vorsatz und er bleibt straffrei?

Eine solche Aussage muss schon plausibel und glaubwürdig sein. Offensichtliche Schutzbehauptungen dürften in der Regel keinen Erfolg haben.

Sind solche Fragen – was das Opfer ausgedrückt hat, was der Täter verstanden hat – wirklich geeignet für ein Gerichtsverfahren?

Menschliche Kommunikation ist bei vielen Delikten relevant, etwa beim Betrug. Was hat der Verkäufer versprochen? Wollte er den Kunden täuschen? Da gibt es auch große Beweis­probleme. Trotzdem ist der Betrug ganz selbstverständlich strafbar, und niemand will das ändern.

Noch mal Thomas Fischer: Er lehnt das neue Gesetz auch deshalb ab, weil es Frauen mit unmündigen Kindern gleichsetze. Was ist dran an diesem Vorwurf?

Das ist eine absurde Behauptung ohne juristische Substanz. Sexuelle Handlungen mit Kindern sind strafbar, selbst wenn das Kind zustimmt. Dagegen kann eine Frau sexuellen Handlungen mit einem Mann natürlich rechtlich wirksam zustimmen. Dass künftig das Nein der Frau geschützt wird, ändert daran überhaupt nichts.

Ein weiteres Problem der neuen Rechtslage: Ein Paar liegt im Bett, sie will Sex. Er sagt, er sei zu müde. Sie gibt nicht auf und streichelt seinen Penis, bis er doch Lust hat. Ist das künftig strafbar, weil sie sein Nein ignoriert hat?

Das Verhalten der Frau mag zwar den Tatbestand des neuen Gesetzes erfüllen. Aber ich bitte Sie, welcher Mann zeigt seine Partnerin nach einer solchen Situation an?

Unmittelbar danach tut er das sicher nicht. Aber vielleicht geht sie einen Monat später fremd. Er trennt sich, ist ­verletzt und zeigt sie nun ­wegen ihrer mehrfachen ­sexuellen Übergriffe an. Was soll die Staatsanwaltschaft tun?

Im Lauf von Beziehungen gibt es viele Vergehen, etwa Beleidigungen. Und im Verlauf von Trennungen wird mit Blick auf bestimmte Gegenstände der Vorwurf der Unterschlagung erhoben. Das Strafrecht ist nicht dazu da, all solche Vergehen in Beziehungen aufzuarbeiten. Hier würde das Verfahren wegen „geringer Schuld“ eingestellt.

Sehen Sie eine Beziehung als rechtsfreien Raum?

Natürlich nicht. Es war ein wichtiger Schritt, dass seit den 1990er Jahren auch die Vergewaltigung in der Ehe strafbar ist. Aber das von Ihnen geschilderte Verhalten ist damit ja wohl nicht zu vergleichen.

Schauen wir uns die Reform mal von der anderen Seite an. Geht sie denn überhaupt weit genug? Die Istanbul-Konvention des Europarats verlangt, dass jede „nicht einverständliche“ sexuelle Handlung bestraft wird. Das geplante Gesetz greift diese sehr weitgehende Formulierung aber nicht auf …

Die Mitgliedstaaten des Europarats haben eine gewisse Freiheit beim Wortlaut der Umsetzung, solange das sexuelle Selbstbestimmungsrecht konsequent geschützt wird.

Aber es geht doch um ein anderes Konzept. Wenn nur einverständliche sexuelle Handlungen straffrei sein sollen, heißt das Motto „Nur Ja heißt Ja“. Wäre das nicht ein noch besserer Schutz der sexuellen Selbstbestimmung?

Es ist moralisch sicher ein gutes Konzept, beim Sex immer auf ein ausdrückliches Ja des anderen zu warten. Gerade für die Erziehung und Sensibilisierung junger Menschen halte ich das für geeignet. Dieses Konzept sollte aber nicht mit strafrechtlichen oder anderen Sanktionen verknüpft werden.

Warum nicht?

Beim Sex gibt es immer wieder ambivalente, uneindeutige Situationen. Es wäre unfair, die Verantwortung dann allein beim Täter zu verorten. Es ist vielmehr sinnvoll, dass auch vom Opfer gewisse Eigenverantwortung verlangt wird, indem es zeigen muss, wenn es sexuelle Handlungen ablehnt.

Was ist nun die Bedeutung der bevorstehenden Reform? Wird es mehr Verurteilungen geben?

Es gibt jährlich nur eine kleine Zahl von Fällen, bei denen die Beweislage gut ist, aber die Rechtslage eine Verurteilung verhinderte. Meist scheitert die Verurteilung wegen Sexualdelikten bisher an der Beweisbarkeit. Das wird so bleiben. Es kommt aber auch nicht darauf an, wie viele zusätzliche Verurteilungen es gibt.

Worauf dann?

Dass das sexuelle Selbstbestimmungsrecht erstmals konsequent im Strafgesetzbuch umgesetzt wird. Dass ein Nein zu sexuellen Handlungen endlich rechtlich ernst genommen wird. Das wird noch in Jahrzehnten als historischer Moment anerkannt werden.

Kritiker befürchten, dass es künftig zu mehr Falschbeschuldigungen kommt. Sie auch?

Nein. Wer jemandem eine Vergewaltigung anhängen will, konnte das auch bisher tun. Bei Sexualdelikten sind meist nur zwei Menschen zugegen. Es steht also Aussage gegen Aussage. Letztlich kommt es immer auf die Plausibilität und Glaubwürdigkeit der Aussagen an. Ich sehe deshalb keine neuen Gefahren durch die Reform. Und natürlich gilt auch in Zukunft der Satz „Im Zweifel für den Angeklagten.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

29 Kommentare

 / 
  • Sehr gut und kritisch geführtes Interview. Das nenne ich gute journalistische Arbeit. Die Frage mit dem gestreichelten Penis fand ich wirklich gelungen.

     

    Wie sie allerdings abgetan wurde ist erschreckend und zeigt wes Geistes Kind dieses ganze Gesetz ist.

  • Ich denke, es geht bei dem Gesetzesvorhaben um viel heiße Luft und so tun als ob man etwas tun würde, weil die Beweisbarkeit das Problem bleibt.

     

    Wie oft wurden in den letzten 10 Jahren Verurteilungen wegen Vergewaltigung in der Ehe gefällt? Den Pragraphen gibt es ja inzwischen seit ein paar Jahrzehnten und da dürfte die Beweisbarkeit ähnlich schwierig sein.

    • @Thiemo4:

      Ihr Hinweis ist richtig. Es ist ähnlich wie bei den meisten Verfahren wegen Kindesmissbrauchs. Selten liegen physische Beweise vor, deshalb ist die Prüfung der Aussage des Opferzeugen so wichtig.

      Trotzdem: die Veränderung im Sexualstrafrecht, die auch sexuelle Gewalt gegen Ehepartner unter Strafe stellte, hat dazu beigetragen, dass sich hier Einstellungen änderten. War es vor wenigen Jahrzehnten noch vollkommen normal, teilweise sogar erwünscht, dass der Ehemann seine Frau vergewaltigte, so wird sowas heute ziemlich einträchtig abgelehnt. Was selbstverständlich nicht heißt, dass sexuelle Gewalt im gleichen Maße abgenommen hat. Aber sie zu praktizieren, zu dulden oder zu fördern ist mit einem gesellschaftlichen Tabu belegt worden. Wenn Ähnliches auch mit übergriffigem Sexualverhalten per se passiert, wäre das ein großer Fortschritt. Der Sinn von Gesetzen ist auch, Straftaten zu verhindern.

  • "Ein Paar liegt im Bett, sie will Sex. Er sagt, er sei zu müde. Sie gibt nicht auf und streichelt seinen Penis, bis er doch Lust hat. Ist das künftig strafbar, weil sie sein Nein ignoriert hat?"

     

    Abgesehen davon, dass Paare, bei denen es so läuft, sich fragen sollten, wozu der Sex, den sie haben eigentlich dient, ist das Beispiel, das Herr Rath formuliert hat, sehr gut geeignet, um zu veranschaulichen, worum es bei sexuellen Übergriffen gegen Frauen eigentlich geht. Das gegengeschlechtliche Pendant zu dieser Schilderung ist, dass der Mann Sex will und die Frau ablehnt oder ausweicht. Welche Gründe sie auch immer dafür hat. Er setzt sich darüber hinweg und penetriert sie in eine ihrer Körperöffnungen. Wenn das unvorbereitet oder gewaltsam geschieht, verursacht schon allein der Vorgang Frauen für gewöhnlich Schmerzen, Ekel oder Verletzungen. Wer als Frau nicht einmal mehr Zeit hat, Gleitgel in die Scheide oder den Enddarm einzuführen, damit die Penetration nicht (so) weh tut und es keine Verletzungen gibt, wird durch diesen Vorgang definitiv verletzt. Eine Frau, der ein Mann seinen erigierten Penis gegen ihren Muttermund stößt, empfindet ähnlich er, wenn ihm jemand gegen sein Gemächte tritt. Und ein steifes Glied, das einem in den Rachen gestoßen wird, ruft Ekel und einen Würgreiz hervor. Bei gleichgeschlechtlichen Paaren gibt es Analoges. Ein Besuch der entsprechenden Homepages gibt Aufschluss, mit schwulen und lesbischen Menschen aus dem Freundeskreis ein vertrauliches Gespräch führen, reicht aber auch schon, um sich einen Eindruck zu verschaffen.

    • @Angelika Oetken:

      "Abgesehen davon, dass Paare, bei denen es so läuft, sich fragen sollten, wozu der Sex, den sie haben eigentlich dient"

       

      Wozu dient er denn?

      Muss das nicht jeder für sich selbst beantworten?

      • @exilostfriese:

        Dass solche Fragen öffentlich und auf breiter Basis diskutiert werden, halte ich für einen sehr großen Fortschritt. Wenn es nun gelingt, die Debatte von unnötiger Polemik und Vorurteilen zu befreien, dann kämen wir im Hinblick auf Gewalt- und auch Kinderschutz ein ganzes Stück weiter. Die Grenzen verlaufen ja fließend.

  • Selbstverständlich kann die Justiz keine komplexen gesellschaftlichen Probleme lösen. Aber sie setzt immerhin Leitplanken. Die geplante Anpassung des Sexualstrafrechts stellt eine längst überfällige Reaktion auf veränderte soziale Einstellungen dar. Die größtenteils sehr emotional, sogar polemisch geführte Debatte demonstriert, dass es hier ans Eingemachte geht. Ich hoffe, es schließt sich eine breite Erörterung darüber an, auf welche Weise wir ein so tief verwurzeltes Phänomen wie es die sexuelle Ausbeutung Anderer darstellt in etwas Menschenwürdigeres verwandeln können. Dazu gehört auch die Auseinandersetzung damit, welchen Stellenwert Sexualität in unserer Gesellschaft haben soll, ob Täterschaft wirklich rein männlich determiniert ist und inwieweit Opfer automatisch weiblich sein müssen.

     

    Angelika Oetken, Berlin-Köpenick, eine von 9 Millionen Erwachsenen in Deutschland, die in ihrer Kindheit und/oder Jugend Opfer schweren sexuellen Missbrauchs wurden

  • vll interessiert den ein oder Anderen ja auch die Perspektive eines männlichen Opfers. Hier diskutiert René Pickhardt (pro-nein-heißt-nein) mit Anre Hoffmann: http://diekolumnisten.de/2016/07/06/nein-heisst-nein-haeusliche-gewalt-ein-streitgespraech/

  • "Das Strafrecht ist nicht dazu da, all solche Vergehen in Beziehungen aufzuarbeiten", sagt Tatjana Hörnle. Ich fürchte, das sehen einige Menschen völlig anders.

     

    Laut Professorin ist der wesentliche Fortschritt, den die neue Gesetzeslage bringt, "dass das sexuelle Selbstbestimmungsrecht erstmals konsequent im Strafgesetzbuch umgesetzt wird". Davon, schätze ich, versprechen sich manche Befürworter einen ganz privaten Zugewinn an Sicherheit. Dieses Versprechen wird nicht eingelöst werden können. Es wird also Enttäuschungen geben – und damit neuen Antrieb für die Entwicklung der Gesellschaft.

     

    Nicht nur beim Sex gibt es immer wieder ambivalente, uneindeutige Situationen. Es macht den sogenannten "Reiz" aller menschlichen Beziehungen aus, dass sie ein Restrisiko beinhalten. Das liegt schlicht und ergreifend daran, dass Menschen sich selbst, ihre Ansichten und Regeln im Laufe der Zeit ändern. Wir alle lernen lebenslänglich, als Individuen wie auch als Gruppen, das macht uns Menschen aus. Leider ist das Tempo, in dem wir lernen, unterschiedlich. Enttäuschungen sind dadurch quasi vorprogrammiert. Der Wunsch, vorher klüger gewesen zu sein, wird also bleiben – als sogenannter frommer Wunsch, auch mit dem neuen Gesetz.

     

    Ein Nein zu sexuellen Handlungen kann nach wie vor nur dann "rechtlich ernst genommen" werden, wenn es im entscheidenden Moment erkennbar wird, nicht Tage, Wochen oder Monate später. Wo Gefühle im Spiel sind, ist das ein Problem. Die "konsequente Beweissicherung" per Video, die VELOFISCH anregt, hilft nur denen weiter, die ihre Sexkontakte aufzeichnen - Profis wie Gina-Lisa etwa. Ich persönlich möchte meine Beziehungen nicht auf eine solche Basis stellen. Ich erwarte und gewähre grundsätzlich einen (begrenzten) Vertrauensvorschuss. Auch auf die Gefahr hin, damit Schiffbruch zu erleiden. Schwarze Pädagogik mag ich einfach nicht. Sie richtet einfach zu viel Schaden an in Menschenköpfen.

  • Da es sich bei Frau Hörnle um eine ausgewiesene Professorin für Strafrecht handelt - sei angesichts der Brisanz des Themas a weng "Beckmessern" erlaubt. Denn sie benutzt dennoch zweimal "glaubwürdig"/"Glaubwürdigkeit" im Zusammenhang mit Angaben/Aussagen, wo es richtigerweise - " "glaubhaft /Glaubhaftigkeit" heißen muß! Daß nur der Mensch glaubwürdig! - eine Angabe aber allein glaubhaft! sein kann - ist in der modernen Beweislehre im Strafrecht aber - jenseits der sprachlichen Unkorrektheit hier - nicht ohne Relevanz!

    (ps: & gilt zudem in jedem Rechtsgebiet ohnehin - anderes ist mit Verlaub - schlampert!;)

    • @Lowandorder:

      Sehr fein beobachtet! Die Aussage der vermeintlchen Täter solle plausibel und glaubwürdig sein!

      Es scheint, als möchte die Professorin den Aussagen von Verdächtigen oder Angeklagten (Un)Glaubwürdigkeit bescheinigen, anstatt die Glaubhaftigkeit von Aussagen zu prüfen und die Unschuld zu vermuten.

  • Damit erübrigen sich hoffentlich auch abwegige Unterhaltsansprüche, da nachgewiesen ein Zustimmungsverhältnis besteht. Nach der schuldhaften Trennung von einer Frau besteht keine Unterhaltspflicht mehr.

    • @Picard:

      Die Frage der "Schuldhaftigkeit" in Trennungsprozessen ist Gott sei Dank schon lange aus dem Gesetz gestrichen und längst kein Alibi mehr, Unterhaltsverpflichtungen nicht nach zu kommen..

  • Das Beispiel des Mannes, der gegen seinen Willen zum Sex verführt wird, ist entlarvent. "Wegen geringer Schuld einstellen" funktioniert vielleicht, weil die "Vergewaltigung" eines Mannes in solch einer Situation dann als Bagatelle gilt. Die gleiche Situation mit umgekehrter Rollenverteilung würde schon anders bewertet - weil eben Frauen geschützt werden sollen. Es ist richtig, dass die bisherige Rechtslage Strafbarkeitslücken enthält. Die neue Rechtslage enthält überschiessende Strafbarkeit - d.h. Strafbarkeit, war keine Strafbarkeit sein sollte. Das ist höchst problematisch und verfassungswidrig. Hier mit einer Einstellung zu argumentieren, ist schwach. Ein Mann, der seine Freunding trotz geäusserter Unlust streichelt und deshalb als "Verwaltiger" dasteht, dessen Leben ist selbst dann ruiniert, wenn die Staatsanwaltschaft "wegen geringer Schuld" das Verfahren einstellen würde.

    Im Prinzip hat das Ganze mit dem Thema "Falschbeschuldigung" natürlich nichts zu tun. Allerdings wird ja sowieso behauptet, dass es bei Vergewaltigung kaum Falschbeschuldigungen gäbe - Statistiken dazu werden aber nicht angeführt. Tatsache ist leider, dass es eine hohe Anzahl an Falschbeschuldigungen gibt, die im Trennungsstreit getätigt werden, um sich dort Vorteile zu erschleichen. Weil das aktuelle Problem dort negiert wird, wird selbstverständlich die Zunahme auch negiert.

    Die richtige Reaktion auf das Problem der Falschbeschuldigungen ist allerdings auch nicht die Reduktion der Strafbarkeit. Die richtige Reaktion wäre eine konsequente Beweissicherung der Aussagen auf Video, eine konsequente Verfolgung der Straftäterinnen und eine Unterstützung der falschbezichtigten Männer. Leider helfen Opfervereine selbst dann noch den Frauen, wenn sie als Täterinnen vor Gericht stehen - so selten das leider passiert. Hier müsste endlich das starre Opfer-Täter-Bild durchbrochen werden.

  • Die Neufassung hört sich für mich nach viel heisser Luft an. Nach dem Motto wir tun jetzt endlich was - nur das sich halt garnichts tut.

     

    Ich befürchte keine Verbesserungen für die Vergewaltigungsopfer aber Einschränkungen des ganz alltäglichen Sexlebens. Gerade wenn man sich Tinderellas und sowas anschaut.

  • "Nein. Wer jemandem eine Vergewaltigung anhängen will, konnte das auch bisher tun. Bei Sexualdelikten sind meist nur zwei Menschen zugegen. Es steht also Aussage gegen Aussage. Letztlich kommt es immer auf die Plausibilität und Glaubwürdigkeit der Aussagen an. Ich sehe deshalb keine neuen Gefahren durch die Reform. Und natürlich gilt auch in Zukunft der Satz „Im Zweifel für den Angeklagten.“

     

    Das ist jetzt ja nicht wirklich eine Antwort auf die Frage. Es mag vielleicht nicht zu mehr Verurteilungen aufgrund Falschbeschuldigungen kommen, aber dass hat nichts mit einer möglichen Steigerung der Falschbeschuldigungen selbst zu tun. Inkl. aller damit verbundenen Demütigung, sozialen Ächtung etc.

  • "Das Verhalten der Frau mag zwar den Tatbestand des neuen Gesetzes erfüllen. Aber ich bitte Sie, welcher Mann zeigt seine Partnerin nach einer solchen Situation an?"

     

    Mir kommt das grosse Kotzen ob einer solchen Denkweise. Fischer hat doch recht, wie es scheint...

    • @Blacky:

      "Das Verhalten der Frau mag zwar den Tatbestand des neuen Gesetzes erfüllen. Aber ich bitte Sie, welcher Mann zeigt seine Partnerin nach einer solchen Situation an?"

       

      Wenn das stimmt, dann schafft man hier doch einen Straftatbestand, den man nur unter der Voraussetzung als solchen definieren möchte, dass es eh keine Klagen geben wird in den "unerwünschten" Fällen.

       

      Genau darauf wollte Fischer, wenn ich mich nicht irre, doch hinaus (abgesehen davon, dass er meint, die bislang kritisierten Fehlurteile werde es auch in Zukunft geben - also Rechtslücke vs Rechtsprechungslücke).

    • @Blacky:

      Hier ist das neue Gesetz tatsächlich sehr problematisch. Wäre es der Mann, der die Frau trotz gegengesetzen Willens gestreichelt hat, so wäre er dann "Vergewaltiger" mit eingestelltem Verfahren. Der Ruf des Mannes wäre ruiniert. Zudem würde vermutlich nur bei Vergewaltigung durch Frauen von "geringer Schuld" gesprochen.

      Warum kann das Gesetz nicht eine Formulierung wie "nachdrücklich" oder "fortgesetzt" enthalten? Es geht um den sozialen Tod von Menschen, der durch eine entsprechende Beschuldigung ausgelöst wird - da kann doch ein deutliches "Nein" verlangt werden - oder?

      Überall in unserem Leben, wird es sozial akzeptiert, über ein einfaches "Nein" hinwegzugehen, aber ist es inakzeptabel ein nachdrückliches "Nein" zu missachten. Wenn es um Strafbarkeit angeht, so sollten wir den selben Massstab anlegen. Damit würde die Strafbarkeitslücke geschlossen ohne Dinge zu bestrafen, die selbst Frau Hörnle nicht bestrafen will.

      • @Velofisch:

        Wenn Sie 'streicheln' schreiben ohne das zu spezifizieren kommt mir das sehr verharmlosend vor. Ich gebe Ihnen aber Recht dass es sehr problematisch ist dass Männer selten als Opfer sexueller Gewalt ernstgenommen werden. Ich denke, dies hat viel mit Geschlechterrollen zu tun. Männer werden oft als dauergeile Kreaturen gesehen die man gar nicht vergewaltigen kann weil sie ja eh immer Sex wollen. Außerdem wird stets erwartet dass sie die Frau im griff haben, nicht umgekehrt.

        Das Gesetz mag keinen Unterschied zwischen weiblichen und männlichen Tätern machen, Menschen tun es leider sehr wohl.

  • Bald haben wir amerikanische Verhältnisse. Männer sind sowieso bereits chancenlos vor Gericht, da das Unschuldsprinzip aufgehoben wurde. Ein Mann gilt bei einer Vergewaltigungsanzeige nur noch dann für unschuldig, wenn er dies durch einen Beweis belegen kann. In der neueren Vergangenheit wurden bereits alle Männer von Stadtvierteln unter Generalverdacht gestellt nach dem Motto: "Entweder ihr beweist Eure Unschuld durch einen Reihengentest, andernfalls könnt ihr nur schuldig sein".

     

    Ich bin froh, daß ich notorischer Single bin. Auf Arbeit nehme ich lieber die Treppen, um nicht alleine mit einer Frau im Aufzug sein zu müssen. Im Treppenhaus achte ich darauf, stets gut sichtbar für die angebrachten Kameras zu sein. Am Arbeitsplatz halte ich mich stets im Großraumbüro auf und meide den Kontakt zu Frauen. Wenn es sich nicht vermeiden lässt, z.B. bei Mitarbeitergesprächen, ziehe ich immer zwei Zeugen hinzu.

     

    Mit dieser Gesetzesänderung sollten sich selbst verheiratete Männer von ihrer Frau vor Zeugen ein schriftliches Einverständnis für Liebkosungen geben lassen.

     

    Vielleicht ist auch eine komplette und stringente Geschlechtertrennung, wie es im Islam gehandhabt wird ein gangbarer Weg. Ergänzt werden sollte die Sache dadurch, daß auch Verheiratete getrennt wohnen müssen und nur im Beisein von Zeugen zusammenkommen dürfen.

  • "Ein weiteres Problem der neuen Rechtslage: Ein Paar liegt im Bett, sie will Sex. Er sagt, er sei zu müde. Sie gibt nicht auf und streichelt seinen Penis, bis er doch Lust hat. Ist das künftig strafbar, weil sie sein Nein ignoriert hat?

     

    Das Verhalten der Frau mag zwar den Tatbestand des neuen Gesetzes erfüllen. Aber ich bitte Sie, welcher Mann zeigt seine Partnerin nach einer solchen Situation an?"

     

    Das lasst tief blicken. Die Interviewte hat sich damit als Juristin selbst disqualifiziert. Nach dem Motto: "Er hat zu wollen, er ist ein Mann." Sie hegt wohl eher die Phantasie vom Matriarchat, als dass sie sich den Grundsätzen von Gleichbehandlung und Rechtsstaatlichkeit verpflichtet fühlt.

  • "Das Verhalten der Frau mag zwar den Tatbestand des neuen Gesetzes erfüllen. Aber ich bitte Sie, welcher Mann zeigt seine Partnerin nach einer solchen Situation an?"

     

    Genau das ist das Problem an dem Gesetzespaket: alltägliche Situationen (ein (Ehe)-Partner überredet den anderen zum Sex) sind künftig strafbar. Ich verstehe nicht, wer das wirklich will.

  • "Ein Paar liegt im Bett, sie will Sex. Er sagt, er sei zu müde. Sie gibt nicht auf und streichelt seinen Penis, bis er doch Lust hat. Ist das künftig strafbar, weil sie sein Nein ignoriert hat?

    Das Verhalten der Frau mag zwar den Tatbestand des neuen Gesetzes erfüllen. Aber ich bitte Sie, welcher Mann zeigt seine Partnerin nach einer solchen Situation an?"

     

    Und wenn er sie doch anzeigt, kann er sich auslachen lassen! Hilfreich ist bei solchen Aussagen immer ein kleines Gedankenspiel, bei dem die Begriffe/Rollen getauscht werden:

     

    Ein Paar liegt im Bett, er will Sex. Sie sagt, sie sei zu müde. Er gibt nicht auf und streichelt...

     

    Wenn sie ihn dann anzeigt, erfüllt es ebenfalls den Tatbestand - und wird rigoros verfolgt und geahndet.

     

    Kein Sex ist also doch eine Lösung!

  • "Das Verhalten der Frau mag zwar den Tatbestand des neuen Gesetzes erfüllen. Aber ich bitte Sie, welcher Mann zeigt seine Partnerin nach einer solchen Situation an?"

     

    Also ist es auch in Ordnung, wenn Sie "kommt" obwohl Sie eigentlich keine Lust hatte? Oder ist das bei Männern was anderes?

    • @hopfen:

      Das hat mir auch sauer aufgestoßen. In der Wahrnehmung vieler sind Männer noch die Kreaturen die immer Sex wollen.

       

      Abseits dessen finde ich "Nein heißt Nein" gut, denn ich finde den Gedanken gruselig dass von mir erwartet wurde dass ich mich körperlich gegen eine mir überlegene Person zur Wehr zu setzen habe. Es kam nicht selten vor dass das den Tod des Opfers zur Folge hatte.

      • @JammerLammy:

        Niemand musste sich mit körperlicher Gewalt gegen unerwünschte sexuelle Handlungen wehren. Das wird im Interview auch so gesagt, der TÄTER muss Gewalt ausüben ODER das Opfer sich wehren. Gewalt muss dabei auch nicht körperliche Gewalt heissen, sondern auch Drohungen oder das Ausnutzen von Schwäche.

         

        D.h. wenn Sie erkennbar Angst haben sich zu wehren reicht es schon aus - es wird sich also aus Opfersicht nichts ändern.

         

        Was sich ändert, es viele Prozesse geben wird, wo es um die Deutung von Aussagen geht, die dann vielleicht noch im Rausch getan wurden. Mit der Option das Mann für mehrere Jahre ins Gefängnis muss.

    • @hopfen:

      Männer zeigen so etwas noch nicht an, Frauen schon.

       

      Das eigentlich kritische an diesem Gesetz ist die versteckte Lustfeindlichkeit in diesem Gesetz. Sex wird grundsätzlich zur Körperverletzung, in die eingewilligt werden muss .

      • @TazTiz:

        "Das eigentlich kritische an diesem Gesetz ist die versteckte Lustfeindlichkeit in diesem Gesetz. Sex wird grundsätzlich zur Körperverletzung, in die eingewilligt werden muss ."

         

        Dieser Satz ist wirklich sehr klug! Hut ab!