Medienkonzern in Schweden ist pleite: Krise plus Fehler
Erst expandiert, dann kaputtgespart: Das zweitgrößte Zeitungshaus Schwedens, der Stampen-Konzern, ist insolvent.
Mit Ausnahme von Löhnen wurden ab sofort alle Zahlungen eingestellt – auch die freien MitarbeiterInnen bleiben auf ihren Honorarforderungen sitzen. Binnen drei Monaten soll nun ein Konkursverwalter versuchen, die Schuldner zu einem teilweisen Verzicht auf ihre Forderungen zu bewegen und einen Sanierungsplan entwerfen.
Das sei ein „Schock für die gesamte Medienbranche“, sagt Helena Giertta, Chefredakteurin von Journalisten, der Zeitschrift des schwedischen Journalistenverbands. Kultusministerin Alice Bah Kuhnke spricht von einer „wirklichen Krise der Medienvielfalt“, verweist aber auch auf die letztendliche Verantwortung der Eigentümer.
Im Stampen-Konzern glaubte man, der Krise der Printmedien mit Masse begegnen zu können. Das jahrzehntelang hochprofitable Familienunternehmen, das den Zeitungsmarkt in Schwedens zweitgrößter Stadt Göteborg dominiert, setzte ab Mitte der 2000er Jahre auf einen extremen Expansionskurs: landesweit kaufte es nahezu alle Zeitungen und Druckereien, die angeboten wurden.
Es schien, als würde Bonnier, der mächtigste Medienkonzern Schwedens, erstmals eine wirkliche Konkurrenz bekommen. Doch Stampen vernachlässigte den digitalen Markt, vor allem aber erstickte der Konzern nach und nach unter der Schuldenlast durch die kreditfinanzierten Käufe.
Seit Jahren sinkende Auflagen
2013 verzeichnete Stampen mit fast 100 Millionen Euro den größten Verlust in der schwedischen Pressegeschichte. Nach weiteren 60 Millionen Euro Minus im Folgejahr kursierten erste Konkursgerüchte. Unter hohen Verlusten trennte Stampen sich von einigen der zuvor teuer aufgekauften Zeitungen und verordnete den verbleibenden mehrere Sparrunden. Vor allem Redaktionen wurden extrem ausgedünnt – und teilweise halbiert. Das ging schnell zu Lasten der Qualität, was wiederum zu sinkenden Auflagen und Einnahmen führte.
Bei sich selbst sparten Eigentümer und Konzernspitze zunächst nicht: Laut einer 2015 ausgestrahlten TV-Dokumentation zahlten sie sich zwischen 2005 und 2013 insgesamt fast 100 Millionen Euro aus. Damit war zwar nach weiteren Verlusten in den Folgejahren Schluss, trotzdem drehte die Banken jetzt den Geldhahn zu – angesichts der jüngsten Steuernachforderung von über 40 Millionen Euro und leerer Kassen.
Neben diesen hausgemachten Problemen machen erste Analysen jedoch auch die Krise auf dem schwedischen Zeitungsmarkt insgesamt für die Stampen-Insolvenz verantwortlich. Zwar lesen nach einer aktuellen Untersuchung immer noch zwei Drittel der SchwedInnen regelmäßig Tageszeitungen, trotzdem sinken die Auflagen seit zehn Jahren stetig. Im gleichen Zeitraum wurde ein Drittel aller Arbeitsplätze für Journalisten gekürzt – sowie jede dritte Lokalredaktion.
Selbst wenn eine Sanierung von Stampen gelingen würde, ginge das erneut auf Kosten von Arbeitsplätzen und Redaktionen, fürchtet Martin Jönsson, Chef der Redaktionsentwicklung der Zeitung Dagens Nyheter. Scheitert die Sanierung, wäre dies der umfassendste Konkurs in der schwedischen Mediengeschichte.
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