piwik no script img

Umweltschützer machen AbgastestsSmart ist schmutziger als ein Lkw

Die Deutsche Umwelthilfe findet bei einem Kleinstwagen von Smart stark überhöhte Stickoxid-Emissionen. Daimler weist das als „unseriös“ zurück.

Im Bild: viele Autos. Nicht im Bild: größere Mengen an Stickoxiden Foto: ap

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) will im Abgasskandal um Dieselautos mit eigenen Messungen von Fahrzeugen auf der Straße Druck machen – und so den möglichen Einsatz verbotener Abschalteinrichtungen nachweisen. „Wir werden ab April eine Top-X-Liste an Fahrzeugen durchmessen“, sagte der Geschäftsführer der Organisation, Jürgen Resch, am Montag in Berlin. Mit den Messungen auf der Straße würden die Anstrengungen verstärkt, die Funktionsweise von Abschalteinrichtungen aufzuklären.

Die Organisation sieht sich ein halbes Jahr nach Bekanntwerden des Abgasskandals bei Volkswagen zur Ausweitung eigener Messungen gezwungen, weil Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) dem Parlament und der Öffentlichkeit seit sechs Monaten Auskunft über Straßenmesswerte von 56 Dieselfahrzeugen verweigere, so Resch.

Die DUH habe „umfangreiche Hinweise“ auf mögliche Abschalteinrichtungen zur Manipulation von Abgaswerten auch bei Modellen von Opel, Renault, Fiat, Mercedes und Smart an das Ministerium weitergeleitet und es aufgefordert, behördliche Nachmessungen vorzunehmen.

VW hat den Einsatz von Abschalteinrichtungen eingestanden. Sie funktionieren prinzipiell so: Das Auto erkennt – etwa anhand der Temperatur, der Lenkbewegungen oder des Luftdrucks –, ob es sich in einem offiziellen Testverfahren befindet. In diesem Fall wird die Abgasreinigung eingeschaltet; in den anderen Fällen wird sie ausgeschaltet oder heruntergefahren, um mehr Leistung aus den Motoren zu holen.

Vier mal so viel Stickoxide

Die DUH stellte nun auch erstmals Ergebnisse einer eigenen Prüfung eines Smart Diesel mit Euro-5-Norm vor, die im Februar und März an der Berner Fachhochschule in der Schweiz stattfand. Ihr erschreckendes Fazit: Das kleine Daimler-Stadtauto stieß in einem realitätsnahen Testverfahren etwa vier Mal so viel gesundheitsschädliche Stickoxide aus wie ein Daimler-Lastwagen (ein 28-Tonner Actros mit Euro-6-Norm), der vom Kraftfahrtbundesamt auf der Straße gemessen wurde.

Die festgestellten Überschreitungen der Emissionen beim kleinsten Serien-Diesel der Welt seien „nicht nur in der Höhe absolut inakzeptabel, sondern zeigen ein technisch nicht plausibles Muster“, sagte DUH-Verkehrsberater Axel Friedrich. Schließlich halte dieses Fahrzeug gerade im optimalen betriebswarmen Zustand kein einziges Mal die Stickoxidgrenzwerte ein.

Emissionen zeigen ein technisch nicht plausibles Muster

Axel Friedrich, Verkehrsberater

Daimler wies die DUH-Vorwürfe als „gewohnt unseriös“ zurück. Die Organisation veröffentliche wiederholt Daten aus eigenen Messprogrammen, die nicht vollumfänglich den gesetzlichen Vorgaben entsprächen, erklärte der Konzern. Diese bezögen sich unter anderem auf ein Euro-5-Fahrzeug der Marke Smart, das von Ende 2009 bis Herbst 2013 auf dem Markt gewesen sei. „Herkunft, Historie und Zustand des verwendeten Fahrzeugs sind der Daimler AG erneut nicht bekannt.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • "Eine sich bei Nichterkennen von Testbedingungen auszeichnende Betrugssoftware darf natürlich nur entlarvt werden, in dem man sie dabei ausschließlich einem erkennbaren Testszenario aussetzt. Alles Andere ist unfair!"

     

    So jedenfalls liest sich das Ganze für mich.

  • Die Sache ließe sich ja ganz leicht aus der Welt schaffen, wenn die Herren von Daimler und ihr "Verkehrsminister" von ihren hohen Rössern herabstiegen und gemeinsam mit der DUH einen Praxistest durch eine kompetente, neutrale Institution durchführen ließen. Kann doch nicht gefährlich sein, wenn alles, was DUH und Berner FHS bisher gemacht haben, Lug und Trug war?