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Minderjährige Flüchtlinge in Europa10.000 Kinder sind verschwunden

Tausende Kinder kommen als Geflüchtete nach Europa und verschwinden spurlos. Die Polizeibehörde Europol befürchtet, dass sie Opfer von Kriminellen werden.

Ihr Aufenthaltsort ist bekannt: geflüchtete Kinder sehen in einer Unterkunft fern. Foto: dpa

Den Haag dpa | Mindestens 10.000 alleinreisende Flüchtlingskinder sind in den vergangenen 18 bis 24 Monaten nach ihrer Ankunft in Europa spurlos verschwunden. Dies sagte ein Sprecher der europäischen Polizeibehörde Europol am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur in Den Haag. „Dies bedeutet nicht, dass allen etwas passiert ist. Ein Teil der Kinder könnte sich tatsächlich mittlerweile bei Verwandten aufhalten. Aber es bedeutet, dass diese Kinder zumindest potenziell gefährdet sind.“

Die Zahl von 10.000 Kindern sei „eine zurückhaltende Schätzung“. Alleine in Italien seien nach Angaben der dortigen Behörden 5000 Flüchtlingskinder verschwunden, in Schweden seien es 1000. Zahlen aus anderen Ländern könne er nicht nennen, sagte der Europol-Sprecher. „Diese Kinder können Opfer von Missbrauch werden. Und wir bitten unsere Kollegen (in Europa), sich darüber im Klaren zu sein, dass dies passieren könnte.“

Der Sprecher bestätigte Äußerungen des Europol-Stabschefs Brian Donald der britischen Zeitung The Guardian, wonach es Beweise dafür gebe, dass einige alleinreisende Kinder Opfer sexuellen Missbrauchs geworden seien. Sowohl in Deutschland als auch in Ungarn sei „eine größere Menge“ von Kriminellen verhaftet worden, die Flüchtlinge ausbeuteten. Es sei eine eigene kriminelle Infrastruktur entstanden, die es auf Flüchtlinge abgesehen habe.

Im schwedischen Hafen Trelleborg beispielsweise seien zwar 1.000 unbegleitete Kinder angekommen, doch seien sie dann verschwunden. Die Behörden wüssten nicht, wo die Kinder abgeblieben seien. Insgesamt seien im vergangenen Jahr vermutlich rund 270.000 Kinder unter den eine Million Flüchtlingen gewesen.

Europol lägen auch Informationen darüber vor, dass jene Kriminellen, die zunächst als Schlepper und Menschenhändler von den Flüchtlingen profitiert hätten, nun auch versuchten, die Flüchtlinge de facto zu versklaven oder sexuell auszubeuten. Die Öffentlichkeit müsse davon ausgehen, dass die verschwundenen Kinder nicht „irgendwo im Wald versteckt“ würden, sondern „unter unseren Augen“ lebten. Dies bedeute, dass die Öffentlichkeit wachsam sein sollte, um möglicherweise ausgebeutete Kinder zu entdecken.

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5 Kommentare

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  • Diese Spekuliererei bringt doch gar nichts. Theoretisch kann jedem Kind auf der Welt jeden Tag irgendetwas Schlimmes zustoßen - tut es aber nicht. Es gibt eben nicht nur böse Menschen, auch wenn in den Medien überwiegend nur von bösen Menschen die Rede ist.

  • Die völlig berechtigte Empörung sollte treffen:

    - Die Eltern, welche die Jugendlichen (sind sie wirklich unter 18?) vorschicken um dann "Familiennachzugs-Einladungen" zu erhalten.

    - die Banden und deren Profiteure

    - die völlig überforderte Politik und Behörden, die millionenfach Alle durchwinken, KEINE Registrierungen vornehmen und unbegleitete unter18-Jährige sofort in Obhut zu nehmen hätten!

     

    Das Versagen drängt die Frage auf: Was bedeutet es, wenn Europol nicht einmal weiß wo 10.000 Kinder/Jugendliche sind. Die Folgerung: Sie haben dann genausowenig Ahnung welche Kriminellen, Kriegsverbrecher, Terroristen sich unter die Migranten gemischt haben, abgetaucht sind, mit einer Vielzahl von Identitäten durch Länder tingeln können!

  • Das ist ja Spekulation und mindestens in Italien haben Einwanderer vom Balkan kriminelle Methoden schon bentutz, um Kindern auszunutzen. Neu ist das dort nicht, ob es hier neu ist, oder eben erst durch die gewaltige Bewegung der Flüchtlinge ins Bewusstsein kommt? Auf jeden Fall hätten wenigstens unsere Behörden besser arbeiten müssen, irgendwo sind diese Kinder ja aufgetaucht und die müssen dann hier auch anders behandelt werden.

  • Wer muss sich nun also vor wem fürchten? Die Europäer vor den Flüchtlingen oder die Flüchtlinge vor den Europäern?

     

    Die verschwundenen Kinder "können Opfer von Missbrauch werden". Sie können aber auch wohlbehalten bei Verwandten oder Freunden untergekommen sein. Man weiß es offenbar nicht so genau. Und auch die taz hat keine Lust, zu recherchieren. Sie meldet, was im Sonderangebot gewesen ist. Man könnte das Vertrauen nennen. Oder auch Faulheit bzw. Geiz.

     

    Was hat denn dieser Europol-Sprecher eigentlich gesagt? Er hat gesagt, dass Europol 10.000 Kinder verloren hat. Geschätzt, nicht nachgezählt. Wie das passieren konnte, sagt er nicht. Genau so wenig wie er sagt, was nun zu tun wäre. Er sagt nur, was passieren KÖNNTE: Das aller Schlimmste nämlich, was passieren kann. Wer wollte ihm da widersprechen?

     

    Schon, klar. Die Welt ist schlecht. Aber nicht nur. Unter den 10.000 Kindern, die Europol vermisst, können durchaus welche sein, denen es da, wo sie jetzt sind, besser geht als in einem überfüllten Flüchtlingslager. Und nein, ich meine nicht den Himmel oder Wolke 7. Ich meine Orte, deren Bewohner mit Europol nicht unbedingt kooperieren wollen. Zum Beispiel, weil sie selbst nichts positives zu erwarten haben von diesem Verein. Was hat denn Europol zu bieten? Geborgenheit? Wohl kaum. Sinn? Niemals! Wenigstens Sicherheit? Nicht einmal das. Sonst könnten ja nicht 10.000 Kinder einfach so verloren gehen aus ihrem Machtbereich.

     

    Nein, Sicherheit hat Europol nicht anzubieten. Nur Hysterie. Die aber immerhin ganz und gar kostenlos. Und wer gerade ganz doll sparen muss, greift gerne zu. Ich wünschte nur, man hätte sich auch diesen Griff ins Klo gespart.

  • In seiner ungeheuren Grausamkeit erinnert dies an den Kinderkreuzzug der von Papst Innocent III (glaub ich) begrüßt und beflügelt worden war. Die Kinder wurden als Sklaven von den Schiffskapitänen in den Orient verkauft... Jetzt gehts in umgekehrter Richtung. Hat die Menschheit tatsächlich in diesen 800 Jahren nichts dazugelernt?