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Sexuelle Gewalt auf dem Oktoberfest„Der Blick muss sich verändern“

Kristina Gottlöber von „Sichere Wiesn“ über alltäglichen Sexismus, die Dunkelziffer sexueller Übergriffe und Präventionsmaßnahmen.

Triggert ohnehin vorhandenen Sexismus: Alkohol. Foto: dpa
Gareth Joswig
Interview von Gareth Joswig

taz: Sie haben gerade mit den anderen Vereinen der Aktion „Sichere Wiesn für Frauen und Mädchen“ konferiert. Worum ging es?

Kristina Gottlöber: Unter anderem ging es um die vielzitierte Dunkelziffer von Vergewaltigungen auf dem Oktoberfest im Zusammenhang mit den sexuellen Übergriffen in Köln. Wir haben diskutiert und verschiedene europäische Studien zum Thema verglichen. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass bei Vergewaltigungen das Dunkelfeld zehn bis zwanzig mal so groß ist ist wie die tatsächlich angezeigten Straftaten.

Wie ist die Lage auf dem Oktoberfest?

Wir gehen von ähnlichen Werten aus, haben aber insbesondere Täter, die das Opfer nicht persönlich kennen. Hinzu kommen viele Frauen aus dem Ausland, die möglicherweise wegen geringer Aufenthaltszeit oder Sprachbarrieren keine Anzeige erstatten. In den Dunkelfeldstudien geht es hingegen nicht nur um sexuelle Gewalt im öffentlichen Raum, sondern auch um Taten im sozialen Nahraum, also Vergewaltigungen in Partnerschaften, der Familie oder der Ehe. Eine Untersuchung explizit auf dem Oktoberfest wäre sehr aufschlussreich.

Hat sich die Zahl der angezeigten Übergriffe verändert?

Die Zahl der Anzeigen schwankt von Jahr zu Jahr, insgesamt weniger geworden sind die Übergriffe nicht. 2015 gab es 20 Anzeigen aufgrund von Sexualdelikten, darunter eine versuchte Vergewaltigung.

Dann käme man mit den Schätzungen aus Studien auf ein Dunkelfeld von 200-400 sexuellen Übergriffen für das Jahr 2015. Werden Sie solche Dunkelziffern in Zukunft benennen?

Nein, wir haben keine wissenschaftliche Grundlage dafür, halten das somit für unprofessionell.

Im Interview: Kristina Gottlöber

34, ist Dipl. Sozialpädagogin, arbeitet seit zwölf Jahren bei der Aktion "Sichere Wiesn für Mädchen und Frauen" und ist Bildungsreferentin bei IMMA e.V., der Initiative für Münchner Mädchen.

Offensiv eine Zahl zu nennen, hilft jedoch dabei, das Problem abzubilden. Aus diesem Grund gibt es ja Dunkelfeldforschung. Wäre es da nicht sinnvoll, dies auch zu tun?

Vielleicht. Mir als feministische Frau und Pädagogin reicht es jedoch aus, zu sagen, dass es eine großes Dunkelfeld gibt. Wir als Einrichtung müssen den Frauen vor Ort zur Seite stehen und auf das gesellschaftliche Problem allgemein aufmerksam machen. Jeder Übergriff ist einer zu viel.

Wie äußert sich sexualisierte Gewalt auf dem Oktoberfest?

Bestimmte Formen sexueller Gewalt gelten immer noch als Kavaliersdelikt. Einen Griff an den Po oder ein Bedrängen in einer Menschenmenge kann das Opfer zwar anzeigen, aber es wird nicht weiter verfolgt. Das Gesetz spricht von Nötigung und die muss in irgendeiner Form mit Bedrohung einhergehen oder eine Vergewaltigung sein. Alles was „darunter“ liegt, wird strafrechtlich nicht verfolgt.

Bildet sich Sexismus nicht einfach ein weiteres Mal beim Oktoberfest ab?

Sexuelle Gewalt findet überall statt. Jede Frau kann betroffen sein, aber auch Männer kann es treffen. Das Oktoberfest wie auch andere Großveranstaltungen, etwa Festivals, scheinen manche für eine moralfreie Zone zu halten. Dort treten gesamtgesellschaftliche Mechanismen wie etwa die Bagatellisierung von sexuellen Übergriffen und Schuldzuweisungen gegenüber Frauen viel deutlicher zutage. Gemäß der Leserichtung: Das Opfer habe sich falsch verhalten oder das falsche angehabt und sei selber schuld.

Sie meinen „Victim-blaming“?

Ja, sogenannte Vergewaltigungsmythen. Frauen werden über alle Altersgruppen hinweg sexuell belästigt und vergewaltigt. Ebenso wenig schützt Kleidung vor sexueller Gewalt. Wir sagen immer, dass man dem Gesetz nach auch völlig nackt und besoffen über das Oktoberfest laufen können muss ohne angefasst zu werden. Schuld ist immer der Täter.

Die Aktion „Sichere Wiesn“ erteilt doch auch Tipps für Frauen.

Wir befinden uns da in einem Spannungsfeld, das wir immer wieder diskutieren. Frauen sollten sich nicht schützen müssen. Wir wollen, dass sexuelle Gewalt verschwindet, nicht mehr toleriert und bagatellisiert wird. Gleichzeitig erleben wir jedes Jahr das Gegenteil und müssen darauf reagieren. Uns ist es wichtig, Frauen in ihrem Selbstschutz zu bestärken. Auch das hat feministische Tradition etwa in Frauenselbstbehauptungskursen.

Wie lauten ihre Ratschläge?

Zum Beispiel: Leg dich nicht auf dem Gelände zum Schlafen hin. Wir weisen daraufhin, dass es bestimmte Gefährdungsorte und -situationen gibt. Auf dem Heimweg finden immer wieder Übergriffe statt. Eine andere typische Gefährdungssituation ist das Verlassen des überfüllten Bierzelts.

Sagen Sie letztlich dann nicht auch nur, wie die Opfer sich schützen können? Müsste man nicht eigentlich die Täter schärfer reglementieren?

Immerhin gibt es seit drei Jahren inzwischen auch die Aktion „Wiesngentleman“, der sich speziell an Männer wendet. Nach dem Motto „Ohne Stress feiern und Spaß haben, verhalte dich wie ein Gentleman“. Eine gute Aktion, die sich dem widmet, was wir als explizierte Frauenorganisation nicht leisten können.

Wie ist ihre Bilanz aus zwölf Jahren Präventivarbeit gegen sexuelle Gewalt auf dem Oktoberfest?

Die Zahl unserer betreuten Klientinnen ist in zwölf Jahren kontinuierlich von 27 auf 200 angestiegen. Wir führen das auf den Umfang und die Bekanntheit unserer Aktion sowie unsere Öffentlichkeitsarbeit zurück. Inzwischen wissen viele Besucherinnen: „Wenn ich mich nicht sicher fühle, kann ich zum Security Point Sichere Wiesn“. Die Polizei arbeitet eng mit uns zusammen, ebenso bringen viele Privatpersonen, Gewerbetreibende von den Ständen und Bedienungen aus den Zelten Frauen zu uns, die Unterstützung brauchen.

Erhoffen Sie sich wegen der erhöhten Aufmerksamkeit zum Thema jetzt eine höhere Anzeigequote?

Ich hoffe, dass mehr Frauen die Täter anzeigen. In der Folge müssen aber auch Strafverfolgungsbehörden gut damit umgehen und den Frauen glauben. Mit reformierten Gesetzen alleine ist es nicht getan, der gesellschaftliche Blick muss sich verändern.

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30 Kommentare

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  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    Völliges Chaos in Schland! Überall nur noch Sexgangster. Da muß man andere Methoden anwenden. Am besten, wie früher bei der Hexenverfolgung. Heute ist zwar jedem bekannt, daß es gar keine Hexen gibt, aber die Bevölkerung fühlte sich wenigstens sicher.

  • 1G
    12294 (Profil gelöscht)

    Ein Flüchtling begrapscht an Sylvester eine deutsche Frau. Das ist zum einen, gleich vorneweg, keine tolle Aktion. Und zum anderen gibt es Mittel und Wege, wie in einem Rechtsstaat mit einem solchen Angriff umgegangen werden kann: Die Polizei macht die Täter ausfindig, gegen diese wird ein Strafverfahren eröffnet.

     

    Und jetzt den taz-Artikel anhängen bitte!

  • ich könnte kotzen, wenn ich lese, wie einige zahlen und hochrechungen vom oktoberfest mit köln vergleichen. habt ihr sie noch alle? vergewaltigungen und übergriffe sind immer eine widerwärtige schande, egal wie oft und von wem ausgehend. eure argumentation offenbart nur, dass es euch nicht um die verurteilung von sexualdelikten geht, sondern um reine xenophobie. schämt euch! euch noch als frauenverteidiger zu inszenieren ist dermassen öbszön und unter aller sau! pfui deibel!

    • @Gnarv:

      Ja, ja, ich könnte auch kotzen, wenn ich sehe dass sich einige mit der italienischen oder russischen Mafia beschäftigen aber nicht mit der grönländischen Mafia. Voll xenophob!

  • Teil 1: Lassen Sie mich mal erläutern wo Sie und alle anderen die "dieses" oft gebrauchte Argument nutzen falsch liegen.

     

    Zunächst einmal gilt festzuhalten: Ein Sexueller übergriff, Belästigung oder gar vergewaltigung sind NICHT akzeptabel, NICHT tolerierbar.

     

    Es macht keinen Unterschied ob zwischen Ausländer und Deutsche, Deutsche und Ausländer oder Ausländer und Ausländer.

     

    Dies sollte jedem klar sein.

     

    Dennoch ist die warscheinlichkeit einer Anzeige noch von einer Reihe von Faktoren ab.

     

    Kennt man die Person?

    Ja --> sinkende Wahrscheinlichkeit für ein Anzeige.

     

    Befindet man Sich im Ausland?

    Ja --> sinkende warsch für eine Anzeige.

     

    Wie Hoch ist der Erfolg der Anzeige?

     

    Es werden sehr viele intime Details verlangt, für traumatisierte ist das sehr unangenehm. Wird man nicht ernstgenommen (is ja nur ein grapscher ... etz) ist dies umso erniedrigender.

     

    Wie hoch ist die gesellschaftliche Akzeptanz des Übergriffs. Das Alkohol die Hemmschwelle senkt ist allgemein bekannt. Ein kurzer Grapscher im Club oder auf den Wiesen ist eben "normal". Dies steht im krassen Kontrast zu den Oben formulierten Aussagen, hat jedoch enormen Einfluss auf die Anzeigenwarschenlichkeit.

     

    Andere bekannte Opfer die sich zu ihren Erlebnissen äußern steigern ebefalls die Warsch. einer Anzeige und / oder das die betroffene Person darüber spricht. Gutes Beispiel sind hierfür Selbsthilfegruppen.

     

    So wie Einfluss von Alkohol/ Drogen eine Einfluss auf das Verhalten der Täter hat, so ist dieser auch von Bedeutung für die Anschließende Anzeige, der Opfer.

     

    Wer bewusstlos oder gelähmt auf dem Boden liegt kann sich schwer wehren oder oft auch nur "NEIN" sagen. Eine Vergewaltigung ist deshalb nicht minder sondern GENAUSO schlimm!

     

    "selbst schuld", usw. ist da eine gesellschaftlich akzeptierte verurteilung der Opfer.

  • Es ist gut dieses thema klar zu benennen. Es stellt sich schon nun schon die frage, warum nahezu die gesamte presse zu diesem thema geschwiegen hat. Wird hier auch versucht zu verschleiern?

  • Relativierung Oktoberfest

     

    Vorläufige Abschlußbilanz der Münchner Polizei zum 182. Oktoberfest

    Nach Schätzung der Festleitung strömten 2015 ca 5,9 Millionen Gäste auf die Theresienwiese (2014: 6,3 Millionen), davon wurden auf der Oidn Wiesn rund 535.000 zahlende Besucher gezählt (2014: 570.000 Gäste). Ca. 2000 Polizeieinsätze

     

    Zu Raubhandlungen kam es aktuell insgesamt siebenmal auf der Wiesn. Damit blieb man hier in etwa im Bereich der Vorjahre (2014: 5 Raubdelikte / 2013: 7 Raubdelikte)

     

    Im Bereich der Sexualdelikte war im Jahr 2015 ein Anstieg feststellbar. Hier wurden 20 Anzeigen wegen einschlägiger Straftaten aufgenommen (2014: 12 Anzeigen / 2013: 16 Anzeigen). Neben einer versuchten Vergewaltigung wurden hier noch Delikte wie Missbrauch von Widerstandsunfähigen, sexuelle Nötigung, exhibitionistische Handlungen und Beleidigung auf sexueller Basis aufgenommen.

     

    Das Bedeutet:

    20 Anzeigen bei 5.900.000 Besuchern auf dem Oktoberfest

    600 Anzeigen bei 1.000 Besuchern auf der Sylvesterfeier in Köln

     

    Mir ist es beim Vergleich beider Ereignisse nicht gelungen, die Zahlen der Sexualdelikte vom Münchner Oktoberfest auf die Zahlen von der Silvesternacht in Köln hoch zu rechnen. Selbst ein Dunkelfeldfaktor von 100 führt zu keiner vergleichbaren Relation

     

    Wer findet die passende Relativierung, ich komme leider nicht auf die richtige Lösung. Kann mir jemand mit der richtigen Formel auf die Sprünge helfen?

    • @Karma:

      Verteidigen Sie, Frau KARMA etwa mit Ihren mathematischen Vergleichen Sexualdelikte auf dem Oktoberfest? Oder verstehen Sie nicht, dass die TAZ schon seit längeren Zeit auf ein großes gesellschaftliches Problem hinweist und nach Lösungen sucht. Sexuelle Gewalt gegen Frauen passiert immer wieder. Frauen werden durch unsere Gesellschaft nicht hinreichend geschützt und können sich nicht immer und nicht alle selbst schützen. Viele Frauen haben Angst und Schamgefühle etc., die Täter anzuzeigen, auch wenn sie die kennen.

       

      Dass Vergewaltigungen, Folgen für betroffene Frauen, Beratungshilfen, Strafrecht, Folgen für gefasste und verurteilte Täter, Prävention der Sexualgewalt usw. in der Öffentlichkeit immer wieder angesprochen werden, ist ein guter Anfang, um dieses Problem zu lösen.

    • @Karma:

      Ich denke es geht bei dem Vergleich Oktoberfest-Domplatte Köln vor allem darum, darauf hinzuweisen, dass viele, die jetzt so (auf)schreien, sich bitte auch mal mit dem Belästigungs- bzw. Gewaltgehabe von Deutschen zu beschäftigen.

       

      Weniger ist allemal besser, aber auch nicht Null! Zumal auf dem Oktoberfest sicher auch nicht nur alleinstehende Männer saufen und endlich mal eine Frau zu Gesicht bzw. Grapschen bekommen.

       

      Es gibt keine Entschuldigung für "Köln" bzw. nichtdeutsche Grapscher bzw. Gewalttätiger, aber es gibt auch keine Unschuld für deutsche Männer in Deutschland und auf der Welt (während ihrer Urlaube und Geschäftsreisen!).

       

      Darum geht es.

    • 8G
      86548 (Profil gelöscht)
      @Karma:

      danke für die fundierten zahlen. ein vergleich oktoberfest mit köln macht die scheußlichkeit der ereignisse an silvester erst so richtig deutlich

  • Spuckst du mir in meinen Teller, spuck ich dir in deinen Teller. Nun ist wohl gerade der ideale Zeitpunkt über sexuelle Übergriffe auf dem Oktoberfest zu diskutieren. Wir haben verstanden.

    • @Sergei Denissow:

      Wollen Sie das etwa relativieren? Unter dem Banner angeblicher Tradition jährlich stattfindende sexuelle Gewalt gegen Frauen ist und bleibt eine Schweinerei. Auch z´Minga.

      • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

        Ne. Keineswegs. Eine Relativierung liegt mir fern. Dieses Thema muss behandelt werden. Ich kann mich nur nicht daran erinnern, jemals vorher in der taz darüber gelesen zu haben. Allein fällt mir die zeitliche Koinzidenz zu den Veröffentlichungen zu den Silvesterereignissen auf. Nicht mehr und nicht weniger.

  • Da muss das Oktoberfest nun zur Relativierung der Kölner Übergriffe herhalten. Dabei wird geflissentlich vergessen, dass das Oktoberfest 6 Millionen Besucher hat. Selbst bei 200 Übergriffe wären nur 0,005% der Besucher betroffen gewesen.

    Und nun rechnen wir mal in Köln - einige Tausend Besucher und 600 Übergriffe!

  • Wieso sollte es sich eine "explizite Frauenorganisation" denn "nicht leisten" können, einen Aktion auf die Beine zu stellen, die propagiert: "Ohne Stress feiern und Spaß haben, verhalte dich wie ein Gentleman"? Das ist doch Unsinn!

     

    Obwohl… - vielleicht können sich ja „explizite Frauenorganisationen", Organisationen also, die sich ausdrücklich und ausführlich (oder doch nur ausschließlich?) mit Frauen befassen wollen, keine Prophylaxe leisten. Weil: Wenn es erst mal keine Gewalt gegen Frauen mehr gibt, sind sie ja total überflüssig. Und wer soll dann Frauen wie Christina Gottlöber für die taz interviewen?

     

    Ich glaube nicht, dass (nur) die gewachsene Bekanntheit des Vereins "Sichere Wiesn für Frauen und Mädchen" dafür gesorgt hat, dass die Zahl der betreuten Klientinnen "in zwölf Jahren kontinuierlich von 27 auf 200 angestiegen" ist. Ich denke, es hat (auch) damit zu tun, dass unsere Gesellschaft insgesamt immer weiter nach rechts abdriftet.

     

    Gewalt, sei sie nun demokratisch legitimiert oder nicht, staatlich organisiert oder privat praktiziert, wird nicht nur immer intensiver publiziert, sie wird auch immer häufiger als Lösung angesehen, nicht als Problem. Man(n) muss Macht ausüben, um Erfolg zu haben, akzeptiert zu werden, lehren die Medien, lehrt die Gesellschaft. Gewalt kann Macht signalisieren, also wird sie angestrebt. Allerdings kann nicht jeder, der sie gerne hätte, im Alltag Macht ausüben. Machthaber brauchen nämlich viel "Gefolge". Deswegen, schätze ich, werden sich auch künftig immer mehr Kerle zur Wiesn, an Silvester oder in sonstigen alkoholgetränkten Ausnahmesituationen an Frauen halten. Wenigstens ein-, zweimal im Jahr wollen sie das Gefühl haben, nicht total zu versagen.

     

    Übrigens: Gentleman waren Briten, die es sich finanziell und gesellschaftlich leisten konnten, keinen Stress und trotzdem Spaß zu haben. Mal ganz ehrlich: Wie viele Kerle von dieser Sorte gibt es eigentlich noch in unserer modernen Welt?

    • @mowgli:

      Warum kann diese Organisation das nicht leisten? Weil sie halt sich darauf konzentriert, die Rechte der Frauen zu vertreten, und dazu gehört nicht, Männer zu "erziehen". Das ist doch ganz einfach zu verstehen. Und außerdem ist diese Organisation sicher vor allem von Ehrenamtlichen getragen, das Engagement hat eben auch arbeitsmäßig Grenzen. Sie scheinen von allen 100% Perfektion zu verlangen. Ob Sie das auch selbst leisten, oder schreiben Sie nur abwertende Kommentare über engagierte Frauen? P.S. Hier schreibt ein Mann

    • @mowgli:

      "Gentleman (sic!) [es muss Gentlemen heißen] waren zunächst erst einmal Ausbeuter und Snobs, dann erst irgendwelchen "Tugenden" verpflichtet.

    • @mowgli:

      'Ich denke, es hat (auch) damit zu tun, dass unsere Gesellschaft insgesamt immer weiter nach rechts abdriftet'

       

      Politisch motivierte sexuelle Gewalt?

       

      'Gentleman waren Briten, die es sich finanziell und gesellschaftlich leisten konnten, keinen Stress und trotzdem Spaß zu haben'

       

      Sie meinen aber nicht Jimmy Saville und seine Gentleman Kumpels oder?

  • Alkohol wird zwar im Foto zum Artikel gezeigt, kommt aber ansonsten nicht im Text vor. Wurden denn mal Großveranstaltungen mit und ohne Alkoholkonsum verglichen?

    Ich würde vermuten, dass Alkohol eine entscheidende Rollte spielt und viel wichtiger ist als die Anzahl der Besucher einer Veranstaltung. Alkoholkonsum und dessen Folgen scheint auch so ein Tabuthema zu sein, welches viel zu wenig gesellschaftlich thematisiert wird.

  • Nun ja, wenn man während des und nach dem Oktoberfest genau so offensiv wie jetzt zu Anzeigen aufrufen würde, wäre wie jetzt auch ein großer Teil des Dunkelfelds im Rampenlicht.

    Die Zögerlichkeit anzuzeigen rührt ja gerade daher, dass solche Anzeigen eher nicht mit Applaus belohnt werden sondern mit insistierenden Fragen.

    Den in Köln Betroffenen wird ja schon im Vorweg signalisiert, dass ihre Anzeigen ausdrücklich erwünscht sind.

  • Ich hatte einen Alptraum: 1000 Rainer-Brüderles auf der Domtreppe zu Köln singen "Olé, wir fahrn in´Puff nach Barcelona" und skandieren "Reclaim Sexism", "Grabschen auch für Bio-deutsche" etc. , das ganz unter starkem Weißweineinfluss. Ekelhaft! Ich erwachte schweissgebadet.

     

    Tatsächlich empört mich die absurde, rassistische Skandalisierung jener ein ganz klein wenig aus dem Ruder gelaufenen Weihnachtsfeier bei der Kölner-Antanz:GmbH. Nix war das, im Vergleich zum Oktoberfest, diesem Zwangsbordell eines christlich fundamentalistischen Gottesstaates Bayern. Keine Frau geht da freiwill(D)ig rein. (Keine, die ich kenne, jedenfalls.)

  • Mir fällt auf, dass diese Dunkelzifferargumentation nur beim Oktoberfest angewendet wird um die Dunkelziffer dann mit der Anzahl der Anzeigen zu der Kölner Silversternacht zu vergleichen. In Köln scheint es wohl keine Dunkelziffer zu geben....

    • @Capt. Cool:

      Wie JOWALL schrieb, hat sich die "Dunkelziffer" von Köln aufgrund der medialen Beachtung und sicher auch, weil es keine Urdeutschen Täter waren, doch noch gemeldet. Vorher waren diese Belästigten die "Dunkelziffer".

       

      Ich gehe davon aus, dass auch wenn "Aylbewerber" Täter werden, die Dunkelziffer hoch ist. Vielleicht etwas geringer, weil wie gesagt eben keine "Deutschen" und damit der Schuld- und Schamfaktor geringer ausfällt, aber mit Sicherheit sind Dunkelziffern keine Trickserei gegenüber "deutschen" bzw. weißen Euro-Grapschern.

       

      Im übrigen begehen auch Nichtdeutsche gegen Nichtdeutsche Sexualdelikte und ebenso oder gerne auch Deutsche gegen nichtdeutsche, meist weibliche Opfer. Wer dann wen anzeigt oder es aus den verschiedensten Gründen nicht tut oder kann, das ist sicher ein komplexes Themenfeld, was es weiter zu erforschen gilt.

    • @Capt. Cool:

      In Köln gab es doch direkt kaum Anzeigen. Die kamen erst als es die mediale Beachtung gab. Vermutlich wäre die Dunkelziffer beim Oktoberfest weniger groß, wenn es dort eine vergleichbare Reaktion in den Medien gäbe. Würde mich nicht wunderen, wenn es beim nächsten Oktoberfest anders ist.

      • @JoWall:

        Dass Frauen nach sexueller Gewalt nicht sofort zur Polizei gehen, sondern erst nach Tagen oder Wochen ist nicht ungewöhnlich. Es liegt also nicht zwangsläufig an der medialen Aufmerksamkeit, dass die Anzeigen erst mit Verzögerung eintrudelten. Aber diese Diskussion um Dunkelziffern ist müßig. Da die Dunkelziffer nicht falsifizierbar ist, kann man damit alles "beweisen".

        • @Capt. Cool:

          P.S. Aber wenn man schon mit der Dunkelziffer argumentiert sollte man seiner eigenen Argumentation auch treu bleiben.

           

          Man kann doch nicht sagen, bei sexueller Gewalt gibt es eine Dunkelziffer von Faktor 10-20 , aber wenn die Täter Aslybewerber sind, dann gilt das plötzlich nicht mehr.

          • @Capt. Cool:

            Teil 3: Eine Einfache Gesetzesänderung könnte das ganze viel vereinfachen.

            Mehr Kameras an öffentlichen Orten, eine Anzeige mit Augenzeugen für einen Arschgrapscher = 60€ Bußgeld , Aufnahme der Personalien, Verwarnung, Einzeige bei Wiederholung. Wird der vorfall von Personal (Kellner, Koch, Wachmann etz) oder Beobachtet so kommt noch ein augenblickliches Hausverboot / Platzverweis bzw Meldepflicht (Bei Personal) bei schwerwiegendem Verstoß einzeige wegen unterlassener.

             

            Dazu noch eindeutige Anzeigetafeln bei Volksfesten, Fußballspielen etz. die alle über diese Regelung informiert!

          • @Capt. Cool:

            Doch, das kann man hier sagen.

            Das sieht man an den geänderten Anzeigen, die zuerst nur auf Raub oder Diebstahl lauteten und erst später um die sexuellen Delikte erweitert wurden.

            Auch der sprunghafte Anstieg nach der Berichterstattung weist darauf hin, bleibt jedoch ein schwammigerer "Beweis".

            Es ist auch hier davon auszugehen, dass nicht alle Opfer Anzeige erstattet haben. Der prompte Anstieg (von 30 auf fast 300 in einer Woche?) lässt jedoch davon ausgehen, dass deutlich weniger Fälle als sonst "nach Wochen" (Zitat Sie) oder gar nicht angezeigt werden.

            Man kann aber eben auch hier nicht die angezeigten Fälle auf 100% setzen und direkt gegen die sonstige Dunkelziffer halten - klar.

            • @MontNimba:

              Es wurden keine Anzeigen geändert oder erweitert, sondern die Anzeigen wegen Diebstahls kamen nur zuerst bzw. schneller rein als die wegen der Sexualdelikte.