Offener Brief an Angela Merkel: „Wir sind gute Menschen“

Die Verfasser des offenen Briefes äußern sich zu den Übergriffen in Köln und anderen Städten. Die Flüchtlinge sammeln Unterschriften.

vor dem Kölner Dom liegen Blumen und Stopp-Schilder

Die Verfasser des Briefes verurteilen die sexuellen Übergriffe und Diebstähle in Köln. Foto: reuters

BERLIN taz | „Wir sind gute Menschen. Es war nur ein kleiner Teil der Flüchtlinge, nicht alle.“ Zwei der Verfasser des offenen Briefes äußerten sich gegenüber der taz zu den Ereignissen in Köln. Mit einem offenen Brief zu den Silvesterübergriffen haben sich vier Flüchtlinge aus Duisburg und Mülheim/Ruhr an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gewandt.

In dem am Sonntag in Duisburg veröffentlichten Schreiben bekunden drei Syrer und ein Pakistani Entsetzen angesichts der Vorfälle in Köln, Hamburg und Stuttgart, an denen vermutlich Migranten und Flüchtlinge beteiligt waren. „Wir verabscheuen die sexuellen Übergriffe und Diebstahldelikte auf das Schärfste.“ Weiter schreiben die Männer: „Für uns ist es selbstverständlich, die Gesetze des Aufnahmelandes zu achten.“

Einer der Verfasser ist Amir al-Halabi*, 38 Jahre, der seit viereinhalb Monaten in Deutschland ist. Er war in Pakistan Mitarbeiter einer Nichtregierungsorganisation, die sich für Bildung einsetzt. „Ich bin dankbar für die Hilfe, die wir als Flüchtlinge in Deutschland erfahren haben.“ Die Ereignisse in Köln seien schrecklich und würden viel in seiner Unterkunft diskutiert.

Der offene Brief wurde auf Deutsch, Arabisch und Englisch verfasst. In dem Schreiben heißt es, „auch für uns ist die Würde des Menschen unantastbar, ob Mann oder Frau“. Viele Flüchtlinge seien gläubige Muslime oder Christen und teilten die Werte ihrer Glaubensbrüder und –schwestern in Deutschland, betonen die Autoren in ihrem Brief. Darüber hinaus erklären sie ihre Bereitschaft, im Rahmen ihrer Möglichkeiten „mitzuhelfen, dass sich Verbrechen wie die in Köln nicht wiederholen“.

„Zeigen, was wir darüber denken“

Um ihrem Anliegen mehr Gewicht zu verleihen, sammeln sie Unterschriften. „Ich gehe in Flüchtlingsheime und sammle Unterschriften, die dann alle zusammen nach Berlin geschickt werden“ erklärt der 36-jährige Faris Hamad*, der seit 14 Monaten in Deutschland ist. In Syrien war er Apothekenhelfer, in Deutschland hat er mit Hilfe von YouTube Videos Deutsch gelernt, weil ihm kein Sprachkurs bezahlt worden ist. Seit Sonntag hat er 100 Unterschriften gesammelt und bisher von den Flüchtlingen, mit denen er über die Vorfälle gesprochen hat, ausschließlich Unterstützung erfahren. Von den Geschehnisse in Köln hat er zuerst auf Facebook erfahren. „Es ist schlimm, was dort passiert ist.“ Hamad war es wichtig an dem Offenen Brief der Flüchtlinge mitzuarbeiten, um zu zeigen „was wir darüber denken.“

Die Zeitung Die Welt veröffentlichte den kompletten offenen Brief inklusive der Handynummern der vier Flüchtlinge am Sonntag auf ihrer Homepage. Am Montagvormittag wurden sie entfernt. Auf Nachfrage der taz sagte Marcus Heithecker, Politik-Ressortleiter: „Es handelt es sich um ein bedauerliches Versehen, für das sich die WeltN24-Redaktion bereits bei den Betroffenen entschuldigt hat.“

Eine Unterstützerin des Flüchtlingsrates Duisburg, die nicht namentlicht genannt werden möchte, berichtet, dass die Verfasser nach Veröffentlichung des Briefes Drohanrufe und Beleidigungen wie „Schwein, hau ab!“ erhalten haben.

Der offene Brief und die Unterschriftenlisten werden unter anderem über eine Facebook-Gruppe, viele ehrenamtliche HelferInnen, den Flüchtlingsrat Duisburg und die Initiative „Willkommen in Mühlheim“ verbreitet.

*Die Namen wurden von der Redaktion geändert.

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