Übergriffe in Köln: Silvesterschock am Hauptbahnhof
Bürgermeisterin Reker ruft nach „ungeheuerlichen“ Gewaltvorfällen ein Krisentreffen zusammen. Die Polizei hat Sorge wegen des Karnevals.
In der Silvesternacht waren mehr als tausend Männer, etliche „arabischer und nordafrikanischer Herkunft“, teils schwer alkoholisiert auf dem Bahnhofsvorplatz zusammengekommen. Sie brannten Feuerwerk ab, bewarfen Polizisten mit Böllern, als diese eintrafen. Aus der Menge hätten sich Gruppen von mehreren Männern gebildet, die Frauen umzingelt, bedrängt und ausgeraubt hätten, so Polizeipräsident Albers. Er sprach von Sexualdelikten in sehr massiver Form und einer Vergewaltigung.
Es habe „Straftaten einer völlig neuen Dimension“ gegeben, sagte Albers. Wie es zu solch einem Exzess kommen konnte, dazu konnte die Polizei nichts sagen. Erst Samstagnacht nahm sie fünf Verdächtige fest, diese sollen Frauen bedrängt und Reisende bestohlen haben. Ob sie auch in der Silvesternacht tätig waren, ist noch nicht erwiesen.
Zwei der Verdächtigen sind nach Vernehmungen in Untersuchungshaft – der Tatvorwurf lautet aber: Taschendiebstahl. Die Kölner Polizei sagte, die festgenommenen Männer stammten aus Asylunterkünften außerhalb Kölns und hätten sich erst seit Kurzem in Deutschland befunden.
60 Anzeigen
Eine eigens eingerichtete Ermittlungsgruppe arbeitet auf Hochtouren an der Aufklärung der Ereignisse. 60 Anzeigen gingen bislang bei der Polizei ein, ein Viertel davon beziehen sich auf sexuelle Übergriffe. Etwa 80 Geschädigte haben sich gemeldet, der weit überwiegende Teil sind Auswärtige, die zu Besuch in der Domstadt oder auf Durchreise waren. Die Polizei geht von weiteren Anzeigen in den nächsten Tagen aus. Sie ruft Zeugen auf, sich zu melden.
Am Dienstag wird sich die Kölner Polizei mit der Oberbürgermeisterin Henriette Reker zusammensetzen und beraten, wie mit Blick auf zukünftige Großereignisse Übergriffe dieser Art verhindert werden können. Reker nannte die Vorfälle „ungeheuerlich“.
Kopfschmerzen bereitet der Polizei der Straßenkarneval Anfang Februar. Die Zahl der Einsatzkräfte müsse überprüft werden, sagte Präsident Albers. Er forderte zudem, die Videoüberwachung bei Großereignissen auf den Bahnhofsvorplatz und die Domtreppe auszuweiten. Auch sollten künftig Polizeiwagen mit Videokameras ausgestattet werden.
Albers betonte aber auch: „Es gibt keinen rechtsfreien Raum am Bahnhof.“ 143 Polizeibeamte waren in der Neujahrsnacht im Einsatz, zunächst im gesamten Stadtzentrum, dann fast ausschließlich am Bahnhof. Ihnen zur Seite standen rund siebzig Einsatzkräfte der Bundespolizei.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
+++ Ampelkoalition zerbricht +++
Lindner findet sich spitze
Auflösung der Ampel-Regierung
Holpriger Versuch endgültig gescheitert
Auflösung der Ampel-Regierung
Drängel-Merz
Wirtschaftspolitik der FDP
Falsch und verlogen
Trumps Sieg bei US-Präsidentschaftswahl
Harris, Biden, die Elite? Wer hat Schuld?
Kampf gegen Judenfeindlichkeit
Bundestag beschließt Antisemitismus-Resolution