Wahl in Polen: Die Linke hat die Jugend verloren

Weder traditionelle noch neue Linksparteien haben es in Polen ins Parlament geschafft. Der neue linke Star wurde zu spät entdeckt.

Adrian Zandberg spricht auf einer Parteiveranstaltung in ein Mikro.

Charismatischer Linker von der Partei Razem: Adrian Zandberg. Foto: dpa

WARSCHAU taz | Solidarnośćwar einmal. Für Polens Jugend ist die einst berühmte Gewerkschafts- und Friedensbewegung, die 1989 ganz ohne Blutvergießen die Kommunisten von der Macht ablöste, nur noch eine langweilige Geschichtsstunde in der Schule.

Viele fühlen sich heute von dem rechtsradikalen Rocksänger Pawel Kukiz besser verstanden, der „gegen das System“ an sich ist, oder vom ebenfalls rechtsradikalen Janusz Korwin-Mikke, der die Kriegsflüchtlinge als „menschlichen Dreck“ bezeichnet, der „Europa überflute“.

Schon vor der Parlamentswahl am Sonntag hatten sich 33 Prozent der jungen Polen zwischen 18 und 24 Jahren als „rechts“ bezeichnet, 12 Prozent gar als „rechtsradikal“. Umgekehrt schätzten sich gerade mal neun Prozent der jungen Polen als „linksorientiert“ ein.

Die Linke Polens, die mit der Partei Razem (Gemeinsam) und den Parteienbündnis „Vereinigte Linke“ ZL an den Start ging, scheiterte nun an der Fünf- bzw. Achtprozenthürde für Parteienbündnisse. Sie wird überhaupt nicht im polnischen Parlament vertreten sein, ebenso wie die linksalternative ProtestbBewegung Palikot, die sich im antiklerikalen Kampf verzettelte, statt sich für die Minderheiten im Land, auch die sexuellen, einzusetzen.

Völlig unbedarfte Kandidatin

Die postkommunistische Linksallianz (SLD), die seit 25 Jahren unter verschiedenen Namen im polnischen Parlament vertreten war, wiederum verspielte am Ende noch den Rest ihres Rufes bei ihren Wählern. Nachdem der SLD-Vorsitzende Leszek Miller bei den Präsidentschaftswahlen im Mai dieses Jahres mit Magdalena Ogórek eine hübsche, aber völlig unbedarfte Kandidatin ins Rennen schickte, die der Partei ein desaströses Ergebnis einbrachte, wandten sich die meisten ehemaligen SLD-Wähler ab.

Und die vor ein paar Monaten neu entstandene linke Partei Razem startete zwar mit einem interessanten Programm, überforderte aber mit ihrem neunköpfigen Parteivorstand Medien wie Wähler. Erst kurz vor dem eigentlichen Wahltag trat Adrian Zandberg als Sprecher der Partei vor die Kameras. Trotz eines kurzen Achtungserfolgs für den jungen Politiker war es da schon zu spät.

Zandberg konnte zwar noch in der Fernseh-Elefantenrunde aller acht Premierminister-Kandidaten punkten, doch der spät entdeckte Star unter den linken Politikern vermochte das Steuer nicht mehr herumzureißen.

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