Auskunftsrechte bei Behörden: Informationen ohne Freiheit

Am 28. September ist der „Right to know day“. Bei behördlicher Transparenz rangiert Deutschland sehr weit hinten.

Eine Glasfassade

Transparent? geht so. Foto: ffwd!/photocase.de

BERLIN taz | Für Auskunftsrechte bei staatlichen Behörden haben sich – Politiker der Linken und Nerds von Netzpolitik.org mal ausgenommen – bisher nur Wenige interessiert. Erst als im April ein gewiefter Schüler auf die Idee kam, die Abituraufgaben vorab vom Schulministerium einzufordern, horchte die Bundesrepublik auf: Ein Bürgerrecht, das Beamten zwingt, die begehrten Informationen rauszurücken?

Dabei sind die ältesten deutschen Informationsfreiheitsgesetze (IfG) aus Berlin und Brandenburg schon beinahe 20 Jahre alt. Bis heute haben 11 der 16 Bundesländer Auskunftsrechte eingeführt. Sie erlauben prinzipiell jedermann, bei Landesbehörden und unterstellten Körperschaften, Anstalten und Stiftungen Akten einzusehen. Also auch bei Universitäten und Rundfunkanstalten. Und das ohne Begründung. Nur Bayern, Sachsen, Baden-Württemberg, Hessen und Niedersachsen halten offenbar nichts von Ämtertransparenz.

Im internationalen Vergleich kommt Deutschland deshalb nicht gut weg. Von weltweit 89 Ländern mit Auskunftsrechten belegt Deutschland den viertletzten Platz. Das zeigt eine Studie der Bürgerrechtsorganisationen „Centre for Law and Democracy“ und „Access Info Europe“.

Am internationalen „Right To Know Day“ hat Deutschland also wenig Grund zum Feiern. Dennoch wird der Datenschutzbeauftragte von Rheinland-Pfalz, Edgar Wagner, heute im Mainzer Landtag ein paar lobende Worte finden – für Rheinland-Pfalz.

Hamburg, Bremen und Rheinland-Pfalz Vorreiter

Dort hat Ministerpräsidentin Malu Dreyer ein neues Transparenzgesetz vorgestellt, das einen „Kulturwandel in der Verwaltung“ herbeiführen soll. Tritt es wie geplant dieses Jahr in Kraft, müssen Behörden aktiv für die Öffentlichkeit relevante Dokumente ins Netz stellen. In Hamburg und Bremen gibt es dafür bereits eigene Transparenzportale. Verträge, Ausschreibungen, selbst Sitzungsprotokolle kann man dort nachlesen. Das Hamburger Transparenzportal hat mehr als eine Million Seitenaufrufe jeden Monat.

Mit dieser auferlegten Öffnung fällt ein großer Kritikpunkt an den bisherigen Informationsfreiheitsgesetzen weg. Bei schriftlichen Anfragen können Gebühren bis zu 500 Euro fällig werden, in Sachsen-Anhalt sogar 2000 Euro. Ministerien, Uni-Verwaltungen und das Auswärtige Amt, so beschweren sich Bürgerrechtler, würden aus Abschreckungsgründen pauschal die maximale Gebühr verlangen.

Verteidigungsministerium legt Kosten offen

Auskunftsrechte sind Ländersache. Und deshalb sind die Regelungen so unterschiedlich aus wie die jeweiligen Schulsysteme. Die Hälfte der Länder nimmt beispielsweise Forschung und Lehre pauschal vom Informationsfreiheitsgesetz aus. Und selbst wenn Behörden die Anfrage nicht abwimmeln können, weichen sie gerne aus, wie eine Recherche des NDR zeigt.

Dass der Bedarf an Auskünften groß ist, zeigt das Portal „Frag den Staat“, das Bürgerinnen und Bürger bei den Anträgen unterstützt. Beinahe 12.000 Anträge waren es in vier Jahren.

Wie hoch sind die Kosten für die Bewachung von ausländischen militärischen Einrichtungen? Das Verteidigungsministerium nennt sie. Wie viele Straf- und Bußgeldverfahren hat die Stadt Oldenburg gegenüber Straßenmusikern eröffnet. Das Ordnungsamt legt die Zahl offen.

Wie lauten die Abiturprüfungen für Nordrhein-Westfalen? Das Schulministerium bleibt hart: „Ihrem Antrag kann frühestens am ersten Werktag nach Abschluss des gesamten Abiturverfahrens 2015 stattgegeben werden“, heißt es in der Antwort.

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