Til Schweiger und sein Flüchtlingsheim: Guter Til, schlechter Til
Til Schweiger kann einfach nichts richtigmachen. Er positioniert sich deutlich und leistet aktiv Hilfe – und trotzdem prügeln alle auf ihn ein.
Es gibt Dinge, die begreift man nicht, wenn man nicht aus Deutschland kommt. Etwa, dass dieses große, reiche, geeinte Land in sich so zerrissen ist. Ost gegen West. Alle gegen die Schwaben. Man wundert sich, beobachtet und hält sich als Österreicherin raus. Aber wie hier mit Til Schweiger umgegangen wird, darüber kann man nur den Kopf schütteln.
Als der Schauspieler am Dienstagabend zum Talk bei Sandra Maischberger zum Thema „Die Flüchtlingskrise: Politiker ratlos, Gesellschaft gespalten“ zugeschaltet wird, platzt ihm bald der Kragen. „Sie gehen mir auf den Sack“, sagt er zu CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer und spricht damit aus, was sich einige Zuschauer wohl auch schon gedacht haben. Scheuer fragt ihn nach seiner privaten Initiative, ein Flüchtlingsheim in Osterode eröffnen zu wollen. Wann man denn nun damit rechnen könne, fragt er, als wäre das tatsächlich Aufgabe des Schauspielers.
Der sagt dann, dass noch verhandelt werde und er vorhabe, mit seiner Stiftung erst nach Osnabrück zu gehen. Er spricht von Sprachunterricht, einer Fahrrad- und einer Holzwerkstatt für Flüchtlinge. Ihm geht das Thema sichtlich an die Nieren. Der Journalist Roland Tichy ist auch zu Gast und schlägt einen Ton an, der offenlegt, dass es Schweiger ist, der ihm auf den Sack geht. Später wird er auf Twitter fragen, ob der Schauspieler betrunken gewesen sei.
Nach der Ausstrahlung nimmt alles den gewohnten Lauf. Via Twitter wird auf Schweiger eingeprügelt. Als zu emotional, zu cholerisch, mediengeil und Egotrip wird sein Bemühen eingeordnet. Es gibt auch Applaudierende, aber die wollen stets betont wissen, dass sie ihn eigentlich nicht mögen.
Wieso fällt es so schwer, ihn zu loben? Schweiger ist einer der wenigen deutschen Prominenten, die sich mit klaren Worten zum Thema positionieren und aktiv Hilfe leisten wollen. Die restliche Prominenz und auch die linken Medien geben sich derweil passiv. Woher dieser Hass? Die paar Filme können doch nicht der Grund sein. Andere machen auch schlechte Filme. Ganz bestimmt ist er auch nicht der erste Mensch, der sich betrunken danebenbenommen hat. Er steht in der Öffentlichkeit, deshalb wiegen seine Fehler schwerer. Aber dieses Prinzip kann nicht nur in eine Richtung gehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen