Kommentar Funkzellenabfrage: Die digitale Razzia
Mit der Funkzellenabfrage kontrolliert die Polizei die Mobiltelefone unschuldiger Bürger. Doch wer kontrolliert eigentlich die Polizei?
F ernab von öffentlicher Kontrolle ist die nicht individualisierte Funkzellenabfrage zu einem Standard-Ermittlungsinstrument deutscher Polizeibehörden geworden. Wer hat mit wem telefoniert oder SMS geschrieben? Wo befanden sich die Personen? Waren sie schon einmal in Tatortnähe? Eine digitale Razzia.
Natürlich kennen auch Konzerne wie Facebook oder Apple unsere Kommunikationsdaten, doch die Nutzer liefern sie – mehr oder weniger – freiwillig aus. Nicht so beim Zugriff durch den Staat, der jeden Bürger durchschnittlich zehn Mal im Jahr einer Straftat verdächtigt. So viel lässt sich sagen, auch wenn die Datenlage einem Puzzle mit nur sehr wenigen Teilen gleicht.
Jede Funkzellenabfrage ist ein schwerer Eingriff in die grundrechtlich geschützte Privatsphäre unschuldiger Bürger. Notwendig ist eine umfassende Transparenz und Evaluierung der Datensammelwut. Doch beides fehlt. Nur auf parlamentarische Anfrage hin rücken Behörden mit Daten heraus – meist mit vielen Monaten Verspätung und ohne Nennung von Details. Der Berliner Bericht für 2014 lieferte nur ein Bruchteil der vom Parlament abgefragten Daten. Wieder einmal soll ein Überwachungsinstrument im Verborgenen bleiben.
Vor diesem Hintergrund ist es geradezu dreist, dass Berlins Justizsenator Thomas Heilmann die Maßnahme noch häufiger einsetzen will. Nicht nur bei schweren Straftaten, auch bei Delikten wie Autodiebstählen möchte er zur Massenüberwachung greifen.
Hinzu kommt: Statistiken darüber, ob Funkzellenabfragen tatsächlich effektiv auf die Spur von Kriminellen führen, fehlen. Indizien deuten eher darauf hin, dass sie meist ins Leere laufen. Verwunderlich wäre das nicht: Denn wer geht schon davon aus, dass die Täter in Fällen schwerer und organisierter Kriminalität stets ein auf ihren Namen registriertes Handy bei sich tragen? Ach ja, Innenpolitiker und Polizei natürlich.
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