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Eon und Gaz de FranceMilliardenstrafe für die "Ausbeuter"

Illegale Absprachen kommen den deutschen Gasversorger Eon und Gas de France teuer zu stehen. Die EU-Kommission verhängt eine Strafe von 1,1 Milliarden Euro.

Muss zahlen: Eon – und Geschäftspartner Gaz de France. Bild: ap

BRÜSSEL taz | Die EU-Kommission hat erstmals eine Milliardenbuße gegen zwei Energiekonzerne verhängt. Die deutsche Eon AG und die französische GdF Suez SA müssen jeweils 553 Millionen Euro bezahlen, weil sie nach Überzeugung der Brüsseler Behörde den Wettbewerb auf dem deutschen Gasmarkt von 1998 bis 2005 und auf dem französischen Gasmarkt von 2000 bis 2005 verhindert haben.

Das von der Kommission beanstandete Kartell geht auf das Jahr 1975 zurück. Damals vereinbarten die Ruhrgas AG (die 2003 von Eon übernommen wurde) und der französische Staatskonzern GdF (der 2008 mit Suez fusionierte) den Bau der "Megal"-Pipeline, über die russisches Gas nach Westeuropa importiert wird. In einem "geheimen Briefwechsel" sei vereinbart worden, dass dieses Gas nicht auf dem Heimatmarkt des jeweils anderen Anbieters verkauft werde, sagte Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes gestern in Brüssel.

An die Vereinbarung hätten sich die beiden Energiekonzerne auch nach der Öffnung der nationalen Energiemärkte gehalten. Dadurch verteidigten sie nach Ansicht der Kommissarin ihre starke Stellung auf dem jeweiligen Heimatmarkt auch nach der Liberalisierung. Die Gaskunden in den beiden Ländern seien deswegen nicht in den Genuss einer größeren Anbietervielfalt und niedrigerer Preise gekommen. Kroes sprach von der "Ausbeutung der Verbraucher".

Kunden der beiden Unternehmen können auf der Grundlage der Kommissionsentscheidung Schadenersatz vor den nationalen Gerichten geltend machen. Die Kommission hatte 2006 die Geschäftsräume von Eon, GdF und anderen Energiekonzernen durchsucht. Dabei wurden umfangreiche Unterlagen sichergestellt, mit denen die Wettbewerbsverstöße nach Ansicht der Kommission bewiesen werden können. "Die Aufteilung von Märkten zählt zu den schwerwiegendsten Kartellverstößen", sagte die Kommissarin.

Beide Unternehmen seien an dem Kartell gleichberechtigt beteiligt gewesen, obwohl die Voraussetzungen in Deutschland und Frankreich unterschiedlich waren. In Deutschland wurde der Gebietsschutz der Energieversorger 1998 aufgehoben, aber auch davor hätte GdF Gas in Deutschland anbieten können. In Frankreich verfügte GdF dagegen bis 2000 über ein Monopol, sodass Ruhrgas erst danach auf den französischen Markt hätte vordringen können. Die Vereinbarung war 1975 aber schon im Hinblick auf eine mögliche Liberalisierung der Energiemärkte getroffen worden.

Eon will die Entscheidung der Kommission vor dem Europäischen Gericht in Luxemburg anfechten. Die von Brüssel beanstandeten Absprachen hätten "nie stattgefunden", teilte das Unternehmen am Mittwoch mit, "auch nicht zwischen 2003 und 2005". Die Entscheidung selbst und das hohe Bußgeld seien "nicht nachvollziehbar".

GdF Suez hat der Kommission für die Zukunft angeboten, anderen Anbietern mehr Zugriff auf seine Infrastruktur zu ermöglichen. Der ehemalige Staatsmonopolist, der noch 80 Prozent des französischen Gasmarktes kontrolliert, will damit Bedenken der Kommission ausräumen, er behindere seine Wettbewerber. Die Kommission will den Vorschlag prüfen: Kunden und Wettbewerber von GdF können sich in den nächsten zwei Monaten dazu äußern, ob sie das Angebot des Konzerns für ausreichend halten. Gegen die Milliardenstrafe aber will sich auch GdF vor Gericht wehren.

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2 Kommentare

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  • A
    Amos

    Die lachen doch über solche Strafen, diese nimmersatten Brüder. Einsperren ist die richtige

    Antwort auf diese Ausbeutermethoden. Strafen müssen

    fruchten und nicht dazu dienen einigen Leuten das

    Gewissen zu beruhigen, weil sie mit diesen lächerlichen "Strafen" glauben etwas getan zu haben.

  • JS
    Jo Seitz

    550 Millionen Euro Strafe für jahrzehntelanges "Ausbeuten des Verbrauchers", bei einem jährlichen Gewinn von über 5 Milliarden Euro in 2008, ermuntert diese Konzerne bestimmt zum einwandfreien moralischen Handelns in Zukunft.

    Möglicherweise müssen nun aber noch mehr als die geplanten 9000 Stellen abgebaut werden, um diese Kosten zu kompensieren, falls das mit den längeren Laufzeiten für AKWs doch nichts werden sollte.

     

    Wo sind da mal wieder die persönlichen Strafen für die Manager und Entscheidungsträger?

     

    Man hört ja immer wieder den Satz "Ich bin Geschäftsmann, und muss so handeln", offensichtlich ist das eine Lizenz für allerlei Dinge am Rande ehrenwertem Tuns.

    Man neigt dazu, diesen "Geschäftsmännern" mit Zurhilfename eines Holzhammer einzuimpfen, dass sie in erster Linie MENSCH sind, und dann von mir aus Geschäftsmann.

    Oder gibt es etwa in diesen hochprofitablen Unternehmen gar keine Menschen mehr, die am Ende noch Verantwortung für ihre oft rücksichtslosen Entscheidungen tragen müssten??