piwik no script img

Pyrotechnik in NeuköllnRazzia beim "Reichsbürger"

Seit Dienstag wird das Gelände eines Neuköllner Pyrotechnikers unter Polizeischutz geräumt. Der 33-Jährige hatte dort explosive Stoffe angelagert.

Die selbsternannten "Reichsbürger" haben ihre eigenen Papiere. Bild: dpa

Das Gelände, auf dem der ehemalige Kriegsbunker steht, ist von einer Mauer umgeben. Oben verläuft eine Bahn Stacheldraht. Vom Eingang aus sind zahlreiche Metall- und Plastikfässer sichtbar, die auf dem Innenhof stehen. Neben der Tür, die auf das Gelände führt, hängt ein Schild: „Republik Freies Deutschland Hoheitsgebiet“. Hier wohnt und arbeitet Daniel S., der auf dem Gelände an der Neuköllnischen Allee mit Technik für Feuerwerk, Chemie und Sprengungen handelt.

Am Dienstag rückten zehn Polizisten mit einem Durchsuchungsbefehl an, unter ihnen Beamte des Landeskriminalamts. Der Vorwurf: unerlaubter Umgang mit Abfällen. Eine Spezialfirma ist nun damit beschäftigt, die Chemikalien zu entsorgen – unter Polizeischutz. „Ich glaube nicht, dass die Aktion noch heute abgeschlossen wird“, sagte Polizeisprecher Klaus Schubert am Freitag der taz. Zu groß und gefährlich sei die Menge an Stoffen, die sich teilweise auch für den Bau von Sprengsätzen nutzen ließen. Daniel S. darf seit dem Beginn der Aktion am Dienstag das Gelände nicht mehr betreten. Die Staatsanwaltschaft Berlin bestätigte am Freitag, dass gegen den 33-Jährigen ein Verfahren wegen Umweltdelikten laufe. Ursprünglich hatte S. eine Genehmigung für den Umgang mit Chemikalien, die ihm mittlerweile entzogen wurde.

Eher zufällig waren die Ermittler Ende April auf das große Chemikalienlager gestoßen, dass S. auf dem Innenhof des Bunkergeländes betrieb. Damals hatte die Steuerfahndung die Polizei um Amtshilfe gebeten, um den Technikhandel zu durchsuchen. Seit 15 Jahren zahlt S., der sich als „Reichsbürger“ bezeichnet, keine Steuern. Bei diesen „Reichsbürgern“ handelt es sich um Leute, die die Bundesrepublik Deutschland nicht als rechtmäßigen Staat anerkennen. „Sie wollen damit die verfassungsmäßige Ordnung der BRD und den Staat an sich delegitimieren“, heißt es in einem Artikel zu der Gruppierung auf den Seiten des Verfassungsschutzes Brandenburg. Amtliche Bescheide würden deswegen angezweifelt, Bußgeldzahlungen verweigert, zudem nutzten die „Reichsbürger“ Fantasiepapiere in Form von „Reichsausweisen“. Daniel S. betrachte das Neuköllner Gelände als „Hoheitsgebiet“. Er werde Vollstreckungshandlungen „mit allen verfügbaren Mitteln verhindern“, hatte Daniel S. dem Finanzamt in Briefen gedroht. Die Beteiligten sollten „dauerhaft aus dem Verkehr gezogen“ werden.

Zunächst muss nun aber die Entsorgung der Chemikalien zu Ende geführt werden. Darunter wurden Substanzen sichergestellt, die das Trinkwasser gefährden. Eventuell müssten deswegen auch Teile des Erdreichs abgetragen werden, so Schubert. Die Federführung für die Entsorgung liegt beim Umweltamt des Bezirks Neukölln, das am Freitag, für eine telefonische Stellungnahme nicht zu erreichen war.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • TS
    Thomas Sch.

    So Panne der Typ mit seinen umweltgefährdenden Müllsammlungen ist, so interessant ist jedoch die Rechtslage, auf die er sich vermutlich bezieht. Das BVerfG hat mehrfach festgestellt, das das Deutsche Reich noch exisitiert. Nein, das ist jetzt kein rechtes Geschwurbel oder so und ich bin natürlich auch kein Nazi. Aber diese Feststellung des BVerfG kann man auch leicht nachlesen und prüfen. Das ist kein (!) Märchen. Hinzugefügt hat das Gericht, daß dieses DR aber mangels poltischer (u.a.) Instanzen momentan nicht handlungsfähig ist. Juristisch interessant wird dieser Fakt in manchen heute noch wirksamen Auswirkungen. Einer der eher bekannten sollte sein, daß die Bundesrepublik nicht auf die ehemligen Ostgebiete verzichten durfte (!), weil sie (die BRD) nicht zuständig war ! Auch, daß die Eisenbahn der DDR immer "Reichsbahn" heißen mußte, fällt in diesen Themenbereich. Nur, das alles wird der verrückte Müllheini nicht wissen. Wie die Meisten.

  • K
    Karl

    @ maoam,

     

    hättst ruhig noch die Kapitalflucht-Konferenz im Roten Haus in Straßburg auzählen können!

     

    Glück auf!

     

    Karl

  • M
    maoam

    Na, da wird doch deutlich, wie sehr diese stolzen Deutschen ihre Heimat lieben. Chemieabfälle einfach in die Kanalisation laufen lassen.....hätte mir die angebliche Liebe zur Heimat eigentlich anders vorgestellt.

     

    Was sagt denn der Thüringer Heimatschutz zur Zerstörung der Heimat?

     

    Ihr Rechten seid echt lustige Burschen. Jeder vierjährige kann eure Wahrheiten widerlegen.

     

    1. Es gibt keine weiße Rasse.

     

    2. Wieso verheizt jemand das Volk, dass er angeblich so dermaßen liebt, in sinnlosen Kriegen, und verbietet bei absoluter Aussichtslosigkeit die Kapitulation.

     

    Ich weiß, denken ist nicht gerade eure Stärke; aber versucht's doch wenigstens mal.

  • DB
    Die bösen Migranten

    Ihr Doischen hattet schon immer nen Knall.

  • K
    Karl

    Wo, oder besser wann, lebt Ihr eigentlich selbst?

     

    @ Redaktion: Seit wann gibt es keinen "Durchsuchungsbefehl" mehr?

     

    Glück auf!

     

    Karl